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San Francisco Radio / KPH, Haupteingang
Das Ende kam gestern. Wir wußten, es mußte kommen. Aber das Ende wurde in den letzten Jahren so viele Male vorhergesagt, während die Morsetelegrafie ununterbrochen weiterbetrieben wurde und gute und zuverlässige Dienste leistete, obwohl sie schon vor Jahrzehnten für tot erklärt worden war. Einige dachten der Tag würde vielleicht nie kommen. Als aber die Globe Wireless Stationen KPH/KFS und WCC/WNU gestern nach 87 Jahren aus dem Äther gingen, war es das Ende der Morsetelegrafie im Seefunk in Nordamerika. Es war ein trauriger Tag, den ich aber trotzdem nicht verpassen durfte. Das letzte Telegramm wurde am 12. Juli 1999 um 19.59 EST gesendet. Tom Horsfall, WA6OPE, und ich waren, wie alle anderen, die noch an der Half Moon Bay- (Kalifornien) Hauptstation von Globe Wireless |
anwesend
waren, längst informiert. In meiner Hand hielt ich zwei Telegramme,
ich hoffte, sie senden zu können. Es waren Telegramme mit Grüßen
und Verabschiedungen von der „Maritime Radio Historical Society“ und des
„San Francisco Maritime Historical Park“, natürlich auf echten historischen
Mackay Radio-Telegrammformularen geschrieben. Im geheimen hoffte ich, die
Erlaubnis zu erhalten, die Telegramme senden zu dürfen. Ich hatte
meine einfachste und mir liebste Taste in ihrem Aufbewahrungskasten mitgebracht
und meine Lizenz für alle Fälle.
Viele Male habe ich während der letzten Jahre KFS besucht. Bei meinem ersten Besuch hatte der Betriebsraum nichts anderes als Telegrafieplätze. Über die Jahre stieg aber die Anzahl der Computer ständig an, während sich die Morseplätze immer mehr zum Ende des Gebäudes zurückzogen. Als ich gestern eintrat standen an beiden Seiten des Betriebsraumes Gestelle mit glatten, schwarzen Computern und Monitoren. Weiter unten am Ende war der einzige noch verbliebene Telegrafiearbeitsplatz. Tom erkannte ihn als erster... Paul Zell, den Telegrafiefunker im Dienst. Wir erkannten ihn anhand seines grünen Augenschirms. Alle wirklichen Morsefunker scheinen grüne Augenschirme zu tragen. Bilder die ich Jahre zuvor bei KFS und KPH gemacht hatte, zeigten Männer mit grünen Augenschirmen an der Taste oder am Kleinschmidt. Bilder die Jahre zuvor an diesen Stationen gemacht worden waren, zeigten die gleichen Dinge. Ich bin überzeugt, daß es da eine geheime Zeremonie dieser grünen Augenschirme gibt, in welcher jüngst, sorgfältig der ausgeprägte Kopfschmuck auf dem Kopf des Funkers willkommen in dieser Vereinigung war. Dies ist natürlich eine Zeremonie bei der wir nicht dabei sein durften, eine Zeremonie die nie wieder sein wird. Ich setzte mich neben Paul Zell als wir die russischen und kubanischen Schiffe hörten, die ihre betreffende Küstenfunkstelle riefen. Ich realisierte dieses aufrichtig nach Lage der Dinge. Morse wird weitergehen in anderen Teilen der Welt sogar nach dem endgültigen Schweigen in Nordamerika. Ich mußte Paul die Frage stellen... „Wie fühlst Du Dich an diesem Tag? Unmöglich diese Frage zu beantworten, aber er beantwortete sie. „CW war mein Leben“, sagte er und wendete sich wieder seinem Empfänger zu. Es trafen jetzt viele Leute ein, eine erstaunliche Anzahl Reporter unter ihnen. Aber die wirklichen Würdenträger waren in meinen Augen die Funkerinnen und Funker, die wußten daß sie hier sein mußten an diesem Tag. Jack Martini, Leiter von KPH während der Schließung, er ließ absichtlich die Empfänger eingeschaltet als er ging. Ray Smith, der Funker der das Abschiedstelegramm sendete bevor KPH in Bolinas/Point Reyes den Betrieb einstellte. John Brundage, Leiter von KFS in der goldenen Zeit der Telegrafie. Denise, die erste weibliche Funkerin einer Küstenfunkstelle an der Westküste. Rex Patterson, Chefingenieur in den glanzvollen Jahren bei Palo Alto und viele mehr. Wir erzählten Geschichten und ich zeigte Ihnen mein Fotoalbum. Wir aßen von den köstlich ausgebreiteten Speisen, beschafft von Peter Kierans von Globe Wireless. Aber unsere Augen gingen flüchtig zur Uhr. Bis zum Ende waren es weniger als zwei Stunden. Auf dem Höhepunkt nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte Tim Gorman, den Betriebsdirektor, ob meine Telegramme gesendet werden könnten, und wenn, ob möglicherweise ich die Erlaubnis bekommen könnte sie zu senden. Tim kannte mich ja nicht und ich könnte ja irgendein ungeschickter Tastenquäler sein. Er war beschäftigt mit der Presse und mit allen Einzelheiten der Zeremonie. „Wir werden sehen“, sagte er. Und das war genug für mich. Nun begann die letzte Aussendung von WCC/WNU. Wir nahmen sie so aus der Luft auf. Im Raum wurde es still. Ich bemerkte einen einzelnen Mann, er war möglicherweise der älteste im Raum aber er hatte ein Auftreten, das wir als „munter“ bezeichnen. Er hatte ein strahlendes Lachen und Zwinkern im Auge. Ich beobachtete ihn jetzt. Er stand nach vorn geneigt, die Augen geschlossen, während die Morsezeichen über ihn rieselten.... in ihn eindrangen. Er war ein Pionierfunker, ein wahres Abbild, ohne Zweifel. Ich wollte ihn kennenlernen, ihn mindestens nach seinem Namen fragen. Aber natürlich konnte ich ihn nicht in seinen Träumen stören. Paul Zell sendete vom gleichen Arbeitsplatz das erste der KFS/KPH-Abschiedstelegramme. An den anderen drei Stationen die ein Teil von Globe Wireless waren, wurden die letzten Telegramme gesendet von: WCC: Walter Kane, WNU: Rory Davis, KFS: Tim Gorman Wieder
waren wir alle still und als er endete ... applaudierten alle in der Runde!
Applaus für einen Telegrafiefunker! Sehr verdienter Applaus, verdient
überall von jedem Funker, Applaus nicht gehört in 80 Jahren.
Paul machte eine kleine verlegene Geste mit seinem Kopf und akzeptierte
die Ehrung, für sich selbst und für alle Funker auf den Schiffen
und Küstenfunkstellen über die Jahre. Dann schrieb er das letzte
kommerzielle Funktelegramm auf, das KFS auf 500 kHz empfangen hatte, empfangen
von dem Liberty-Schiff „Jeremiah O’Brien“/KXCH. Der Funker auf der „O’Brien“
sagte er würde bis 15 Minuten nach warten. Zell antwortete „besser
bis 18 Minuten nach OM“. Der Funker auf der „O’Brien“ verstand und sagte
ja, er würde die Seenotpause beobachten – die natürlich vom Reglement
her nicht mehr verlangt wurde, aber absolut von der Tradition. Dann sagte
Paul, er würde auf der 600-m-Welle warten..... Ein Raunen ging durch
die Menge als sie 600 Meter statt 500 kHz hörte. Eine Spitzfindigkeit,
aber trotzdem bedeutungsvoll.
Schließlich war es Zeit zu gehen. Ich nahm meine Taste, meine Fotos und meine Papiere schüttelte noch einmal die Hände mit all den großen Männern und Frauen die anwesend waren und schließlich waren wir auf der Hauptstraße Nr. 1 Richtung Norden mit dem wundervollen Sonnenuntergang am Pazifik zur linken, und den grünen Hügeln der Küste zur rechten. Das war ein aufregender Tag sagte Tom. „Ja“, erwiderte ich. Hier
die Abschrift der letzten drei Telegramme:
Anmerkung: San Francisco Radio / KPH Palo Alto Radio / KFS Slidell Radio / WNU mit dem Rufzeichen WCC, ehemals zu „Chatham Radio“ gehörend. Die Rufzeichen WCC und KPH sowie die Frequenzen beider Stationen waren am 30. Juni 1997 von Globe Wireless übernommen worden. |