Auch der Pater bestellt Morse-CD
Historisch: Sylvester Föcking veröffentlicht Seefunk-Signale aus aller Welt
Quelle: „Landskrone“ Rhein Main Presse 26.April 2000

Oppenheim –
Das 220. Exemplar bestellte Bruder Lambert Sixt aus dem oberbayerischen Ettal, ist doch der Pater des dortigen Benediktinerklosters ein aktiver Anhänger der Telegrafie, managt den Klosterfunk. Und so verpackte Sylvester Föcking in seiner Arbeitsklause in der Wormserstraße zum wiederholten und gewiß nicht letzten Male seine Doppel-CD „Seefunk-Telegrafie-Nachrichten aus aller Welt“. In akribischer Recherche hat der frühere Funkoffizier der Handelsschiffahrt Telegrafieaussendungen der letzten Jahrzehnte von Küstenfunkstellen aus aller Welt zusammengetragen – teils aus Sammlungen der Seefahrtschule Bremen, teils aus privaten Archiven.

Was dem Laien wie eine eintönige Abfolge von langen und kurzen Tönen in den Ohren piept, bedeutet für gestandene Fahrensleute unwiederbringliche Erinnerungen – stirbt doch der Seefunkverkehr immer mehr aus, denn heutzutage sind die Schiffe mit an Satelliten ausgerichteten Kommunikationssystemen ausgestattet. Noch vor 30 Jahren aber war das Morse-Alphabet die einzige Möglichkeit, sich über weite Strecken zu verständigen. Gab es 1984 noch mehr als 500 Küstenfunkstellen, so sind heute fast alle stillgelegt.

Wenig mehr als 100 Jahre ist es her, daß der Italiener Guglielmo Marconi am 2. Juni 1896 seine Erfindung, mit Hilfe elektromagnetischer Wellen Nachrichten zu übertragen, zum Patent anmeldete. Aber erst nach der „Titanic“-Katastrophe am 14. April 1912 wurde es für alle Schiffe mit mehr als 50 Passagieren Pflicht, eine Funkanlage zu installieren.
Da kommt bei so manchem weitgereisten Seefunker Wehmut auf, hört er beispielsweise den berühmten „Wecker“ von „Norddeich Radio“. Not- Dringlichkeits- und Sicherheitsverkehr, Eiswarnungen, Wetterberichte und Pressemeldungen lassen die Hörer noch einmal den Telegrafie-Alltag auf See nachempfinden und erahnen, mit welch feinem Gehör der Funker die Morsezeichen aus der Flut von Tönen herauszufiltern hatte. Zu den Höhepunkten der Doppel-CD gehören zweifellos die Abschiedsmeldungen (Farewells) namhafter Küstenfunkstellen, die sich mit einem letzten „CQ“ verabschiedeten.
„Leider viel zu spät“ habe er sich zusammen mit Funker-Kollegen daran gemacht, alles über den Seefunk zu archivieren, meint Föcking, der sich auf den akustischen Teil spezialisiert hat. 1963 machte der gelernte Elektriker aus Kleve am Niederrhein sein Funkpatent in Bremen, befuhr dann bis 1972 die Weltmeere: „Nur die Äquatortaufe habe ich nie gemacht“. Gerade mal drei Tage vor der Schließung des Suezkanals während des Sechs-Tage-Krieges 1967 zwischen Israel und Ägypten verließ der die Schiffahrtstraße, und Colombo kennt er wie seine Westentasche. – lag er doch dort 1965 einst 123 Tage auf Reede: „Irgendwer hat immer gestreikt.“
Alles andere als ruhig ist heute der Ruhestand des Oppenheimers, der zuletzt als technischer Administrator in der AZ für reibungslose Kommunikationswege sorgte. Die CD entsteht zum Selbstkostenpreis, und von den 15 Mark, die frühere Kameraden und andere Interessierte gern hinblättern, gehen noch sieben Mark Spende als Spende an die Seefunkkameradschaft Bremen. Diese unterstützt damit auch die Wiederbelebung eines historischen Telegramms am 15.05.00 nach 100 Jahren.
„Viele Ehemalige haben sich durch die CD an die schönste Zeit ihres Lebens erinnert und sich wieder für den Seefunk und die Kollegen interessiert“, weiß Sylvester Föcking. Zum ersten Mal stellte er seine CD bei der alljährlichen Generalversammlung der Seefunkkameradschaft im September in Bremen vor, bei der stets viele Erinnerungen, genannt „Funkergesafte“, ausgetauscht werden. Und wer sich auf den neuesten Funkerstand bringen will, loggt sich einfach in Föckings Homepage http://www.seefunker.de ein.
(Inhaltsverzeichnis der beiden CDs)


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