In der Nacht zum Heiligen Abend, 1974, hatte ich Dienst auf der Küstenfunkstelle "Townsville Radio"/VIT. Von Mitternacht bis 0700 Uhr gab es nur einen Funker. Wir beobachteten in diesen Tagen 500 kHz, 2182, 4125 und 6215 kHz (A3J), das war reine Routine. Ich war |
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damit
beschäftigt, die Telegramme für den Verkehr des kommenden Tages
mit den Schiffen in Reichweite zu sortieren, unterbrochen vom Funkverkehr
mit den übrigen Schiffen und dem Empfang von Wetterbeobachtungen der
automatischen Wetterstationen. Zwischendurch hörte ich "Darwin Radio"/VID
und "Thursday Island Radio"/VII die abwechselnd eine TTT-Hurrikan-Warnung
aussendeten. Ich schenkte diesen Aussendungen jedoch keine größere
Beachtung, denn das Gebiet war einige Tausend Kilometer entfernt. Um 0300
Uhr wurde ich aber plötzlich durch ein QSA5-Signal auf der Anruf-
und Notfrequenz 6215 kHz aufgeschreckt:
Mayday Mayday Mayday this is Mutual Enterprise – over! Für einen kurzen Augenblick dachte ich "besser Du wartest bis sich die nächste Küsten- funkstelle meldet", aber dann - nein, das Signal war so stark, wir mußten die nächste Station sein. Ich drückte auf den Sendeknopf und nahm das Mikrofon: |
VIT
- Mutual Enterprise this is Townsville Radio, Roger, what is your Position,
over.
M.E. - My Position is Darwin Harbour there is a cyclone overhead. We need immediate assistance, over. VIT – Confirm Darwin Harbour? M.E. – Affirmative! VIT – Roger standby Darwin
Radio antwortete nicht, aber plötzlich wurde die Telexmaschine lebendig,
es war "Darwin Radio". Ich wußte, daß der Kollege Laz Eliou
auf Wache war. Die Telex-Maschine klapperte ihre grimmige Meldung herunter:
Ich nahm das "rote" Telefon in die Hand, unsere Hauptleitung zum Marine- Operations-Zentrum in Canberra, und erklärte dem Stationsleiter die Situation. Er erwiderte, "Ja, wir haben gehört, daß es da ein wenig Wind gegeben hat!" Wir diskutierten was wir für die Mutual Enterprise tun könnten und kamen überein, daß es da nichts gab, denn kein Rettungsboot konnte in See gehen, solange der Hurrikan über ihnen tobte. VIT
– Mutual Enterprise this is Townsville Radio, I am afraid there is nothing
we can do until the cyclone passes. You will have to ride it out. Over.
Ich glaube er war nicht sehr enttäuscht, daß wir ihm nicht helfen konnten. Drei Jahre später, ich war inzwischen nach "Darwin Radio" versetzt worden, gingen wir Funker an Bord der "Mutual Enterprise", einem Trawler, der im Golf von Carpentaria operierte, aber es gab einen anderen Kapitän. Ich erzählte die Geschichte vom Heiligen Abend und wir gingen von Bord mit Kästen voller Krabben und einigen Kisten Bier. Die Geschichte des schweren Sturms berichtet, daß die Stadt Darwin verwüstet und evakuiert werden mußte. "Darwin Radio" war für fünf Tage außer Betrieb. Das Motorschiff "Nyanda" kam an die Pier, nachdem es auf Reede den Sturm abgewettert hatte. Bob ging hinaus und schaltete seinen Amateurfunksender ein. Zehn Minuten später hatte er Kontakt zu einem Amateur in Perth und bat ihn, das Hauptamt der Übersee-Telekommunikations-Behörde anzurufen um ihnen die Situation zu erklären. Einige Zeit später stellte "Sydney Radio"/VIS einen 40 kW-Sender und eine Rombus Antenne zur Verfügung, die in Darwin aufgestellt wurden. Die Funker von "Darwin Radio" erhielten die Erlaubnis den Funkraum der "Nyanda" zu benutzen, sie verwendeten das Rufzeichen VID2 solange, bis ihre eigene Funkstation wieder in der Luft war. Generalmajor Allan Stretton, der für die Hilfe und Evakuierung zuständig war, errichtete ebenfalls sein Hauptquartier auf der "Nyanda". Für die nächsten fünf Tage wurde der offizielle Verkehr für und von "Darwin Radio" von den VID-Funkern in CW von der "Nyanda" erledigt. |
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![]() "Townsville Radio"/VIT |
Diese Wettermeldungen kamen zu bestimmten Zeiten und hatten Vorrang. Arbeitete man gerade mit einem Schiff, mußte der Funkverkehr unterbrochen werden, um diese AWS-Meldungen aufzunehmen. Man mußte Zeit finden, den Streifen des Wetterbericht an CQ auf dem alten Klapperkasten zu stanzen. Dieser 5-Loch-Streifen wurde dann in den Hell-Geber eingeführt wo er in Morse umgesetzt wurde. Während der Streifen in CW in den Äther ging, hatte man Zeit den Verkehr über Telex zu erledigen, TRESS-Verkehr aufzunehmen, das Funktagebuch zu schreiben, oder sich schnell eine Tasse Kaffee einzuschenken. War der Wetterbericht beendet, gab es viele Schiffe die auf 500 kHz riefen um ihre Telegramme abzuholen. Wir schickten sie alle auf 425 kHz und begannen mit ihnen zu arbeiten. Zwischendurch mußte man den Telexverkehr und die TRESS-Meldungen kontrollieren, auf die Wortzählung achten, und die Rufzeichen der Schiffe eintragen. Outpost Radio Die anderen australischen Funkstationen (außer Sydney Radio) waren bekannt als "outstations". Auf diesen Stationen war man CW- und Sprechfunker, Landfunker, Telefonist, Techniker - ein "Alleskönner". Man hatte Rufzeichen, Namen von Kapitänen, Telefon-Nummern, Agenten und wer weiß was alles im Kopf, mit anderen Worten, man war eine wandelnde Enzyklopädie. |