Die Funkausbildung an der
Schiffsingenieur- und Seemaschinistenschule Flensburg
Bericht: © Rolf Marschner DL9CM   Alle Abbildungen: Quelle Rolf Marschner

Die Gründung der Schule erfolgte am 01.10.1886. In den „Flensburger Nachrichten“ vom Wochenende, 25./26. September 1886, wurde folgende Meldung veröffentlicht:

Die Königliche Maschinistenschule unter Direction des Herrn F. Ballauf eröffnet mit dem heutigen Tage ihre Wirksamkeit. Wie wir hören, vertheilt sich die Zahl der bis jetzt angemeldeten Schüler auf die drei Klassen in der Weise, dass je ein Schüler in der ersten und zweiten und fünfzig in der dritten Klasse am Unterricht theilnehmen.

Nach einer Beschreibung aus dem Jahre 1910 wurden an der Seemaschinistenschule Flensburg auch Telegraphisten ausgebildet. Der Nachwuchs an Funkern war damals noch begrenzt. 1911 gab es Ausbildungskurse an den Navigationsschulen in Hamburg, Bremen und Elsfleth sowie am staatlichen Technikum in Hamburg. Die Seemaschinistenschule in Flensburg gehörte somit zu den ersten Schulen, an denen in der Funkentelegraphie ausgebildet wurde. Zwischen 1900 und 1903 waren die ersten Funkanlagen auf Seeschiffen errichtet worden, zunächst jedoch nur auf den großen Passagierdampfern, die zwischen Europa und Nordamerika verkehrten. 1905 eröffnete die Kaiserliche Marine ihre erste Funkstation auf Helgoland. Im Jahre 1906 war die Funkstation „Nauen“ errichtet worden, sie hatte bereits eine Reichweite von 2500 km.

Die Schule in Flensburg gehörte zu den drei preußischen Seemaschinistenschulen. Die beiden anderen Schulen waren in Danzig und Stettin. Seine Majestät, Kaiser Wilhelm II. stand der Funkentelegraphie sehr positiv gegenüber. Auf seine Anregung hin wurde die Schule in Flensburg sehr reichhaltig ausgestattet. So standen der Schule zwei vollständige große Marine-Funkstationen des Systems Slaby-Arco zur Verfügung.
links:  Die eine der beiden Funkstationen
(die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1910)
Links an der Wand, im Bild nicht zu sehen, befindet sich der große Funkeninduktor von 35 cm Schlagweite. Von ihm führen die im Bild links oben sichtbaren Drähte nach der Leydener Flaschenbatterie mit aufgesetzter Funkenstrecke; davor steht der Turbinenunterbrecher, rechts davon sein Regulierwiderstand, es folgen einige Schalter, dann die Empfangsspule mit davorstehendem Empfänger und Morseapparat, rechts davon der Taster und hinter diesem die Elemente zum Getriebe des Morseapparates. Geber- und Empfängerkabel führen in der Mitte des Bildes nach oben, von dort ins Freie nach einem 33 m hohen Mast, der auf dem Schulgelände steht.

Im Jahre 1908 hatte die Kaiserliche Marine auf dem Panzerschiff „Kaiser“, das in Mürwik als Wohnschiff benutzt wurde, eine Funkenstation eingebaut. Sie diente nur der Ausbildung. Als die Marineschule 1910 fertiggestellt war, waren dort, auch für Ausbildungszwecke, weitere FT-Stationen errichtet worden. Im gleichen Jahr gab es bereits neun Frachtdampfer mit Seefunk an Bord.

Der Schiffsingenieur- und Seemaschinistenschule in Flensburg stand für jeden Kursus der Flensburger Salon-Dampfer „Feodora“ für zwei maschinentechnische Probefahrten zur Verfügung. Gelegentlich wurde auf diesen Fahrten die zweite Funkstation der Schule auf dem Schiff eingebaut. So wurde mit der in der Schule verbliebenen Funkstation telegraphischer Verkehr aufrechterhalten, jedenfalls so lange, als man sich nicht im toten Winkel befand. Mit ganz kleiner Leistung konnten beide Stationen der Schule miteinander arbeiten. Waren die Schüler etwas besser ausgebildet durfte die Leistung erhöht und die Mastantenne benutzt werden. So konnte mit der drei Kilometer entfernt liegenden Marineschulstation in Mürwik gearbeitet werden.
Für die Ausbildung in der Funkentelegraphie standen den Schülern eine Anzahl von Hilfsapparaten zur Verfügung, siehe auch Bild 2.

links:  Funktelegraphische Apparate
Aufnahme 1910
Links im Vordergrund stehen zwei Morseübungsapparate. Insgesamt waren sechs vorhanden. In der Mitte vorn einer der beiden Seipt’schen Apparate, mit deren Hilfe die elektrischen Wellen 
erzeugt und sichtbar gemacht werden konnten. Dahinter steht ein Funken- induktor, links ein Hohlspiegel. In der 
Mitte hinten sieht man abgestimmte Leydener Flaschen und Stimmgabeln. 
Im Hintergrund an der Wand befinden 
sich Reserveteile.
oben:  Die Schule (Altbau) in Flensburg
um 1961 - rechts im Bild erkennt 
man den Neubau
Zu Bild 3: Links in den beiden oberen Turmfenstern stand 1961 die Funkstation, der Autor dieses Berichtes erwarb dort im Juli 1962 sein Seefunksonderzeugnis. Zu der Zeit fanden an der Schule auch mehrere Sondervorlesungen und Abendlehrgänge statt. Sie waren ständige Einrichtungen. Unter anderem wurde ein Telegraphie-Lehrgang: Hören und Geben mit 15 Übungsabenden (1 Semester) angeboten. Teilnehmen konnten auch die Funkschüler, die Nachholbedarf in diesem Fach hatten, außerdem gab es die Kurse Englisch für Anfänger und Technisches Englisch für Fortgeschrittene.
links:  Die Schulstation im Turmzimmer
„stellen Sie bitte eine Funkverbindung auf MW mit DAN her!“  (Foto: privat)
In den Räumen des Funklabors befanden sich neben einzelnen Funksende- und Empfangsgeräten drei vollständige Bordfunkstellen mit Kurz-, Grenz- und Mittelwellengeräten einschließlich der dazugehörigen Seenotanlagen. Es bestand die Möglichkeit, zwei weitere Mittelwellenstationen in den Klassenräumen aufzustellen. Alle Stationen konnten mit der als KüFuSt arbeitenden Station des Ausbildungsleiters Funkverkehr durchführen. Die Antennen der drei Radaranlagen der Schule gestatteten eine originale Wiedergabe eines Radarschirmbildes der Stadt Flensburg und der Förde. Die Kurzwellen-Amateurfunkstation  erlaubte weltweite Verbindungen.
In den Jahren 1950 bis 1961 erhielten 68 Schüler das Seefunkzeugnis 2. Klasse, 110 Schüler das Seefunksonderzeugnis.
Die drei Seefunkzeugnisse

Quellen, Fotos:  Der Berufsweg der Schiffsingenieure Seemaschinisten und Seefunker
Staatliche Schiffsingenieur- und Seemaschinistenschule Flensburg
1886 – 1961 eine Festschrift
Ein Beitrag der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Schiffsingenieur und 
Seemaschinistenschule Flensburg e.V.
 

links:  Die Festschrift


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Version: 12-Oct-06 / HBu