Die Geschichte des Seefunkdienstes im Gebiet von Stockholm geht zurück bis in das Jahr 1902, in dem die Königlich Schwedische Marine eine Versuchs-Küstenfunkstelle auf der Waxholm-Festung an der Ostsee-Einfahrt von Stockholm einrichtete. Diese erste Funkstelle wurde 1914 für den öffentlichen Seefunkdienst geöffnet und es war ein Risiko, daß von der Marine und der schwedischen Telekommunikations- behörde getragen wurde. Die Station wurde mit einem 8 kW-Telefunken-Löschfunkensender (tönende Telegrafie) ausgerüstet. In den 20er Jahren wurde diese Küstenfunkstelle mit einem weiteren Telegrafie- und Telefoniesender ausgerüstet und die Marine zog sich zurück, als es einen Streit über die Finanzierung und Leitung gab. Bis 1937 blieb die Station auf dieser Festung, dann wurde eine neue Funkstation für Mittelwellen-Funktelegrafie und -Telefonie auf dem kleinen Archipel-Ort Stavsnäs, ungefähr 40 km östlich der Stadt Stockholm gebaut. Eine neuer Platz für eine getrennte Sendestelle wurde an der Küste gefunden und die Empfangsfunkstelle in der oberen gemieteten Etage einer Villa im Herzen des Ortes eingerichtet. Die Arbeit in dieser beengten und unkomfortablen Unterkunft wurde über die Kriegsjahre mit zeitweise hohem Arbeitsaufkommen in Bezug auf die kriegszeitlich bedingten Gefahren für die Schiffahrt und die Flüchtlingsströme auf der Ostsee weitergeführt. 1947 wurde ein neues Gebäude für die Betriebs- und Empfangsfunkstelle in einem ansehnlichen Gebiet am Rande der Ortschaft gebaut mit einer atemberaubenden Sicht über das Archipel. Im gleichen Jahre wurde die Rolle der zivilen Küstenfunkstellen im schwedischen Such- und Rettungssystem neu formuliert und „Stockholm Radio“/SDJ zum maritimen Rescue Coordinations Center (MRCC) für den schwedischen Teil der Ostsee ernannt. Wir wurden Zeugen der Jahre des großen Umbruchs, in der die Mittelwelle ihre führende Rolle verlor und von der Ultrakurzwelle mit enormen Verkehr ersetzt wurde. 1973 wurde eine große Reorganisation des Netzwerks durchgeführt, bei der die kleinen Mittelwellenstationen geschlossen und der UKW- und Mittelwellendienst auf die drei übriggebliebenen Funkstellen, den MRCC’s „Göteborg Radio“/SAG im Westen, „Stockholm Radio“ im Osten und „Harnösand Radio“/SAH im Norden konzentriert wurde. Aufgrund der organisierten Strukturänderung wurde „Stockholm Radio“ 1979 von seinem landschaftlichen Platz mit der herrlichen Ruhe in die oberste Etage des Gebäudes der regionalen Telekombehörde in das städtische Industriegebiet im Süden von Stockholm verlegt. Dieser Umzug war auch ein Teil der Vereinigung mit der Kurzwellen-Boden/Luft- und Punkt zu Punkt-Station „Enköping Radio“/SAZ. 1980 waren der Umzug und die Vereinigung abgeschlossen und der UKW-Funkverkehr mit der Handelsschiffahrt und den Wochenendseglern im Gebiet des Archipels wurde, zusammen mit der Rolle als MRCC, das Hauptgeschäft dieser Küstenfunkstelle. Die 80er Jahre waren ebenfalls ein Jahrzehnt der Veränderungen und der einstmals profitable UKW-Verkehr reduzierte sich hinsichtlich des Massenmarktes mit den Mobil-Telefonen zu einem Bruchteil am Ende des Jahrzehnts. Im Gegensatz dazu stiegen die MCRR- und Boden-Luft-Aktivitäten an. Die ersten 90er Jahre brachten in Umfang und Verhältnis komplette und unerwartete Änderungen. Es begann alles 1992 mit dem Druck einer Studie der Seefahrtsbehörde, in der die MRCC-Struktur untersucht und behauptet wurde, daß in der neuen Struktur aller Wahrscheinlichkeit nach, für „Harnösand Radio“/SAH als nördlichster Funkstelle kein Platz mehr sein würde. Die Verwaltung reagierte sofort, versetzte die Mitarbeiter von „Harnösand Radio“ an andere Arbeitsplätze und setzte ein Rettungsprogramm in Gang, indem sie rechnergesteuerte Geräte in eine neue und mehr flexible Einrichtung steckten. Nur wenige Monate nach diesem Projekt erklärte die für die MRCC-Gelder zuständige Seebehörde, daß sie sich entschieden hätte, das MRCC Göteborg in eigener Regie zu betreiben und daß jede Einbindung in den kommerziellen Küstenfunkdienst weder gewollt noch notwendig sei. |
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Wieder
reagierte die Verwaltung mit Verspätung und erklärte daß
der übriggebliebene handbetriebene Mittelwellen, Kurzwellen und UKW-Dienst
von „Göteborg Radio“ sofort einzustellen sei und nach „Stockholm Radio“
verlegt werden solle, sobald die neue Fernbedienung geliefert und eingebaut
sei. Diese wurde im Herbst 1994 beendet und wenige Wochen später war
der Dienst der Küstenfunkstelle „Göteborg Radio“ Geschichte.
Als Teil dieses Projektes wurde die Betriebsstelle von „Stockholm Radio“
wieder verlegt, dieses Mal in ein brandneues Haus ungefähr 10 km östlich
des Stadtzentrums wo sie das obere Stockwerk in Besitz nahm, mit einem
Überblick auf die Einfahrt des Stockholmer Hafens.
Ausblick
auf die Einfahrt des Stockholmer
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Zur Zeit dieser Niederschrift ist „Stockholm Radio“ die einzige kommerzielle Küstenfunkstelle Schwedens mit Ausnahme der Marinefunkstellen, „Tingstäde Radio“/SAE und „Karlskrona Radio“/SAA, die beide noch einen Telegrafiedienst auf Mittel- und Kurzwelle, und Grenzwellentelefonie betreiben. Sie bilden auch bis heute noch Funker aus, eine Einrichtung, die ein Überbleibsel der Situation vor den 20er Jahren ist. Damals war die Verantwortlichkeit für die Küstenfunkstellen zwischen der Marine und der Telekommunikationsverwaltung aufgeteilt. „Tingstade Radio“ ist auch unter einem anderen Aspekt interessant: Sie ist möglicherweise die einzige durch die Marine betriebene Küstenfunkstelle die noch in Betrieb ist, aber vom Heer und der Luftwaffe bezahlt wird. |
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![]() Karlskrona Radio/SAE |
![]() Tingstäde Radio/SAE |
Man
kann mit Sicherheit sagen, daß viele Leute innerhalb und außerhalb
des Küstenfunkdienstes in Schweden vom Ergebnis der Turbulenzen in
der Zeit zwischen 1992 und 1994 überrascht waren. Noch 1990 war es
relativ sicher, daß „Göteborg Radio“ die letzte überlebende
Küstenfunkstelle in Schweden sein würde. Schon allein wegen seiner
Größe und wegen der massiven Investitionen die in den 70er und
80er Jahren getätigt wurden. Es stellte sich aber heraus, daß
die Größe wegen der hohen Betriebskosten ein Nachteil war und
daß die Investitionen für eine Verkehrskapazität gemacht
wurden, die nicht mehr benötigt wurde. Bezeichnend für das Schicksal
von „Göteborg Radio“ ist, wenn man es als ein beeindruckendes Beispiel
dafür nimmt, wie gefährlich es ist, sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
Dienste:
Sicherheitsdienste:
Kommerzielle
Dienstleistungen
Die
Versorgungsgebiete für die kommerziellen Dienste sind die gesamten
schwedischen Küstengewässer, zusätzlich Kurzwellendienste
für den Atlantik, den Indischen Ozean und das Mittelmeer. Andere Dienste
sind die Verkehrskontrolle in den Häfen und die Lotsenüberwachung.
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Flugfunkdienste Die Flugfunkdienste sind für den kommerziellen Flugverkehr bestimmt und haben die Aufgabe, den mit Kurzwelle ausgerüsteten Flugzeugen Kontakt mit ihren Firmen sowie gewöhnliche Telefongespräche zu ermöglichen, entweder durch AFTN/SITA-Meldungen oder telefonische Datenübertragung. Dienste dieser Art gibt es in Schweden seit 1967, angefangen hat es mit der Kurzwellenstation „Enköping Radio“/SAZ, seit 1980 wird dieser Dienst von „Stockholm Radio“ durchgeführt. „Stockholm Radio“ hat etwa 300 Flugzeugoperateure als ständige Kunden und der Verkehr nimmt ständig zu. Ein Teil des Auswertungssystem für automatische KW-Datenübertragung ist bei „Stockholm Radio“ seit 1992 in Betrieb. Eine Konsole für den Flugfunkdienst |
Architektur
des Systems
Der Kern des Systems ist das Schaltzentrum, das aus zwei GAREX 220-Sprachübertragungsanlagen und Kontrollschalter (VCCS) besteht. GAREX 220 ist ein computergesteuertes Schaltsystem, das von Navia Aviation in Norwegen hergestellt wurde und eigentlich für die Kontrolle des Flugverkehrs gedacht ist. Andere GAREX-Installationen für diesen Küstenfunk findet man in China, Estland, Island, Singapore, der Türkei und auf Taiwan. Alle Schalt- und Kontrollfunktionen werden im VCCS gemacht. Es gibt zwei Arten von Konsolen, eine auf der Basis der X-Terminal-Graphischen Benutzeroberfläche (GUI), und eine, die herkömmliche beleuchtete Funktionsknöpfe verwendet. Die auf GUI-Basis arbeitenden Konsolen sind mit zwei UNIX-Servern per VCCS über eine Ethernet-Lan verbunden, und die auf Funktionsknopf-Basis arbeitenden Konsolen, die entweder direkt oder auch per Fernsteuerung bedient werden können, sind direkt an das VCCS angeschlossen. Funktion
als Küstenfunkstelle
Das
Netz der Küstenfunkstellen
Bjuroklubb
Die
allgemein verwendeten Grenzwellen-Telefoniesender sind transistorisierte
Standard Radio SST490 0.8 kW SSB/ISB-Typen die in vertikale, resonante
Antennen eingespeist werden bzw. zusätzliche Rockwell/Collins HF-80
und S.P. Radio 1.2 kW Modelle an Plätzen, an denen der Antennenwirkungsgrad
kritisch ist. Die ferngesteuerten Empfänger sind Standard Radio CR300
und CR90 Typen. ICOM IC-R71‘s und Drake RR-1‘s werden im allgemeinen für
die Wachkanäle verwendet.
Infrastruktur
der Funkdienste
MRSC-Aufgaben
Aufgaben
im Flugfunkdienst
3494
kHz 22-05 UTC
Die
Arbeitsplätze waren ursprünglich für das Relais-gesteuerte
KW-Verkehrssystem am früheren Standort der Station gedacht. Als das
Projekt der Verlegung der Station voranschritt, merkte man, daß sie
zu wertvoll waren um aufgelöst zu werden. Es wurde entschieden, daß
eine Eingliederung in das VCCS-System durch normale mit Funktionsknöpfen
ausgerüstete Arbeitskonsolen erfolgt.
Kurzwellen-Flugfunknetz
Zukunft
der Funkdienste von „Stockholm Radio“
Über
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