Um ein Funkpeilgerät praxisgerecht einzusetzen muss die Fehlweisung des Systems bekannt sein. Die Missweisung des Gerätes wird bei einer Funkbeschickung festgestellt. Hierbei wird die Differenz zwischen der optischen Peilung einer Funkquelle und der Funkpeilung ermittelt. Danach werden die Kompensationsmöglichkeiten des Funkpeilers genutzt um den Fehler zu beseitigen. Ein eventuell verbleibender Restfehler wird in Form einer Tabelle in der unmittelbaren Nähe des Gerätes angebracht. Die dort aufgelisteten Werte müssen in die Auswertung eingefügt werden. Die Funkbeschickung war ein geforderter Bestandteil des Funksicherheitszeugnisses. Die Technik der verschiedenen Funkpeilsysteme ist auf dieser Homepage ausführlich beschrieben, deshalb möchte ich hier die praktischen Aspekte der Funkbeschickung, speziell im Hamburger Bereich, beschreiben. |
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Der
erste Funkpeiler mit dem ich es zu tun bekam, war ein E374N
von Telefunken (Abb.1). Das war im Jahr 1953 ein Überbleibsel aus
dem zweiten Weltkrieg. Die Funktion dieses Drehrahmen-Peilers war allerdings
einwandfrei. Es gab ein scharfes Minimum und die Empfindlichkeit war in
Ordnung. Wenn man im Hamburger Hafen das Funkfeuer Helgoland und das Consolfunkfeuer
Stavanger gut empfangen konnte war die Empfindlichkeit ok. Die bei der
Funkbeschickung ermittelten Abweichungen wurden bei diesem Gerät durch
sogenannte Metallleitkurven angebracht. Danach wurde der Anzeigepfeil je
nach Wert mehr oder minder, mechanisch ausgelenkt.
Der E374N war zu dieser Zeit natürlich schon ein Kuriosum, aber auf Schiffen aus dem Ostblock die den Hamburger Hafen anliefen, war z.T. der Notsender noch ein Löschfunkensender! In den 50er Jahren wurden auf den Werften in Hamburg schon wieder viele Schiffe gebaut, z. B. für die Hapag bei den Hamburger Howaldtswerken. Auch auf diesen Schiffen wurde als Peilempfänger ein Überbleibsel des Krieges eingesetzt: Der T8PL39 zusammen mit einem Goniovorsatz der Fa. Plath. Dazu gehörte dann noch ein verspannter Kreuzrahmen auf dem Peildeck sowie eine vertikal abgespannte Hilfsantenne. Der T8PL39 war so schwer, dass zum Anheben des Gerätes zwei Mann nötig waren. Auch die Konsole, die am Schott befestigt wurde, musste eine hohe Stabilität aufweisen. Mir sind einige Fälle bekannt geworden, wo diese schweren Geräte durch Resonanz abgestürzt sind. In diesen Jahren arbeiteten die verspannten Kreuzrahmen ohne Probleme mit guten Peilergebnissen weil der verschweißte Schiffskörper im Brückenbereich eine gute Erdung für den Kreuzrahmen darstellte. Das änderte sich, als im Bereich des magnetischen Hauptkompass nichtmagnetisches Material eingesetzt wurde. Im Übergangsbereich magnetisches zum nichtmagnetischen Material wurden isolierende Materialien benutzt um Elektrolyse zu verhindern und die Platten wurden genietet. Leider wurde durch den sich verändernden Übergangswiderstand im Brückenbereich die Brauchbarkeit des verspannten Kreuzrahmens stark beeinträchtigt. |
Die
Debeg hat danach nur noch geschlossene Kreuzrahmen eingesetzt.
Bei der Debeg wurden über viele Jahre Peiler von Telefunken aus der Telegon Serie eingesetzt, die später durch Eigenentwicklungen abgelöst wurden. Die Durchführung der nötigen Funkbeschickungen wurde von speziell ausgebildeten Technikern vorgenommen. Die „Bibel“ für diese Arbeit war das Lehrbuch „Grundlagen der Funkortung“. Nachfolgend ein kleiner Auszug aus diesem Werk: |
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Nach
Durchführung einer Funksicherheitsprüfung erfolgte zwangsläufig
auch eine neue Funkbeschickung. Vor dieser Arbeit wurde das Funkpeilsystem
in allen Komponenten geprüft um später keine unliebsamen Überraschungen
zu erleben. Die Funkbeschicker-Crew der Debeg hatte nahezu für alle
Liegeplätze im Hamburger Hafen Peilwerte für verschiedenen Funkfeuer
ermittelt und als Tabelle angelegt. Damit war man am jeweiligen Liegeplatz
in der Lage die grundsätzliche Funktionsbereitschaft des Peilers festzustellen.
Zusätzlich war die mechanische Ausrichtung des Peilrahmens oder Drehpeilers
zu prüfen. Die Schiffsbesatzung hatte für den seeklaren Zustand
des Schiffes zu sorgen, insbesondere was die Ladebäume anging. Während
der Durchführung der Funkbeschickung mussten die Sendeantennen freigeschaltet
werden. Ohne diese Freischaltung war der Funkpeiler auch nicht einschaltbar.
Wenn man Erfahrung hatte und flink war, konnte auf dem Wege vom Hamburger Hafen nach Stadersand eine Vorkompensation durchgeführt werden, die dann vor Ort Zeit einsparte. Für markante Punkte auf der Fahrt, querab der Anleger Teufelsbrück, Blankenese etc. gab es eine Tabelle mit Soll-Peilungen. Unter Nutzung dieser Tabelle war eine Vorkompensation möglich. |
Auslaufend
Hamburg wurde die Funkbeschickung auf der Elbe durchgeführt. Es gab
verschiedene Varianten. Viele Jahre wurde diese Arbeit bei Stadersand durchgeführt.
Dort lag eine speziell mit einem Mittelwellensender sowie einer verspannten
Rahmenantenne ausgerüstete Barkasse für diesen Zweck bereit.
Idealerweise erreichte das ankommende Schiff Stadersand bei Flut. Dann
war es für Kapitän und Lotsen relativ einfach das Schiff mit
langsamer Maschinenfahrt nahezu auf der Stelle zu halten. Die Barkasse
umrundete das Schiff im festgelegtem Abstand mit eingeschaltetem Sender.
Auf den Hauptkompass wurde ein Peildiopter gesetzt, um die optische Peilung
durchzuführen. Unter Deck wurde zur gleichen Zeit die Barkasse vom
Funkpeiler aus verfolgt. Zwischen diesen beiden Positionen wurde eine Wechselsprechanlage
installiert. Alle 10 Grad gab der Funkbeschicker das Kommando „Achtung
Null“. Danach musste der Partner am Peildiopter den gemessenen Wert durchgeben.
Die Differenz war die zu beschickende Abweichung. Nach Durchführung
einer 360 Grad Umrundung wurde gerechnet und per Kompensationseinrichtung
des Peilers versucht die Fehlerkurve auf 0 zu bringen. Danach erfolgte
eine erneute Umrundung zur Kontrolle und ein Restfehler wurde in eine Tabelle
eingetragen, die in der Nähe des Funkpeilers angebracht wurde. Dann
gab es zwei Möglichkeiten das Schiff zu verlassen. Entweder beorderte
man die Barkasse längsseit um an Land zu kommen oder man fuhr weiter
mit um mit dem Elblotsen bei Brunsbüttel auszusteigen.
Rechts:
Funkbeschickungsbarkasse Stadersand
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Weil
das Schiff zollmäßig ausklariert war, darf hier normalerweise
niemand aussteigen. Für Peilkompass-Kompensierer und Funkbeschicker
gab es dafür aber Ausnahmen. Mit einer sogenannten Erlaubniskarte,
ausgestellt vom Hamburger Zoll, war das von Bord gehen auf der Elbe gestattet.
Links: Erlaubniskarte Zollamt Hamburg Bei
ablaufendem Wasser waren Kpt. und Lotse typisch sehr nervös, weil
sich das Schiff nicht gut auf der Position halten ließ. Allzu weit
durften wir aber nicht elbabwärts treiben weil dann der Einfluss des
Aluminiumwerkes spürbar und damit die Peilungen ungenau wurden. Bei
diesen Manövern sind sogar Grundberührungen vorgekommen, aber
im Schlick der Elbe meistens ohne gravierende Folgen.
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Hin
und wieder habe ich auch Beschickungen auf Yachten durchgeführt. Im
Yachthafen Wedel gab es zu diesem Zweck einen Pfahl um den die Yacht herum
gezogen wurde. Als Funkfeuer wurde der Sender HAM auf 339 kHz am Hamburger
Flughafen genutzt. Optisch konnte man den Senderort natürlich nicht
sehen aber einen Kirchturm genau in der Richtung dorthin. Dieser Punkt
wurde nun optisch und per Peiler verfolgt und die Beschickung daran durchgeführt.
Ursprünglich wurden die Funkbeschicker von der Debeg ausgebildet und eingesetzt. Von einem bestimmten Zeitpunkt an wurden wir Bevollmächtigte des damaligen DHI des heutigen BSH. Zusätzlich wurden bei den Prüfungen der Peilfunkanlagen nun Marken ähnlich den TÜV Marken am Auto geklebt und verwaltet. In meinem Fall galt diese Regelung auch als Prüfer für Echolot und Doppler Sonar Systeme. Manchmal mussten auch „exotische“ Aufgaben in dieser Richtung erledigt werden. Die Zentrale der Debeg befand sich in den 50er Jahren noch in Berlin. Der dortige Direktor hatte gute Beziehungen zu einem Telefunken Direktor. Dieser wiederum hatte eine Segelyacht auf dem Wannsee liegen. Dort benötigt man natürlich unbedingt einen Funkpeiler! Gesagt getan. Ich hatte alsbald das Vergnügen eine Funkbeschickung auf dem Wannsee durchzuführen. Nach ausgiebigem Kartenstudium habe ich einen Punkt an Land gefunden, der genau in Richtung zu einem Flugfunkfeuer stand. Daran habe ich dann die Funkbeschickung durchgeführt und das neue Spielzeug betriebsklar an den Direktor übergeben. Ganz sicher bin ich nicht, aber der gezeigte Peiler müsste der Debeg E 616 gewesen sein. Der erste Peiler der Debeg mit Transistoren. Die Werte der Funkbeschickung wurden direkt auf der Trommelskala angebracht. |
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Aber
während der Zeit in Berlin habe ich dann doch noch ernsthafte Arbeiten
durchgeführt und bei der Wasserschutzpolizei die ersten
Radargeräte überhaupt in Betrieb genommen sowie die Anwender
im praktischem Betrieb geschult.
Für das American Bureau of Shipping und für Norske Veritas sowie weitere ähnliche Organisatoren habe ich im Auftrag Funksicherheits- prüfungen durchgeführt. Für Schiffe unter deutscher Flagge habe ich das normalerweise nicht gemacht sondern das Funkamt 6 in Hamburg war zuständig. In Ausnahmefällen allerdings habe ich auch Funksicherheitsprüfungen auf Schiffen unter deutschen Flagge durchgeführt z.B. auf Versorgungsschiffen der VTG und Hansa im persischem Golf. Damit verbunden war auch eine Funkbeschickung. Aber wo und wie durchführen? Nach Studium der nautischen Handbücher an Bord habe ich mich entschlossen das Funkfeuer auf Kharg Island für diesen Zweck zu nutzen. In großem Abstand zur Insel haben wir in Kreisfahrt eine perfekte Funkbeschickung hinbekommen. |
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Auf dem Antennendeck bei der Debeg in Hamburg waren diverse Kreuzrahmen installiert um Erprobungen und Reparaturen durchführen zu können. Mein persönlicher Lieblingspeiler war in den älteren Tagen der Lodestone von Marconi und später der Lodestar von Marconi. |
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Bei
beiden Geräten war die Kompensation schnell und einfach durchzuführen.
Beim Lodestar wurde die Kompensationsbox sogar außerhalb des Gerätes
angebracht, wie auf dem Bild links vom Peiler zu sehen ist. Von dem kleinen
Kasten darüber wurde die Antennenfreischaltung angefordert. Wenn erfolgt,
leuchtete die Lampe und der Peiler ließ sich einschalten. Auf
vielen Schiffen blieb der Peiler weit über die vorgeschriebene Zeit
aktiv und wenn es nur zum Radio hören war. Das Bild vom Hapag Lloyd
Passagierschiff "Bremen" datiert aus 2008.
Joachim Paul, April 2010 Bildnachweis: Abb. 1, 2, 3, 4 und 5 Quelle: Debeg in "Grundlagen der Funkortung“ Abb. 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13 Quelle: Verfasser Joachim Paul, DJ7WL |