Die
Fregatte „Rheinland-Pfalz“ hat am 3. März 2009 erstmals für die
Bundesmarine vor der somalischen Küste ein Piratenschiff aufgebracht
und neun Seeräuber festgenommen. Die Festnahme erfolgte im Zusammenhang
mit einem Angriff auf den deutschen ausgeflaggten Frachter „Courier“. Nach
dem Notruf des philippinischen Kapitäns, dass Schiff mit Panzerfäusten
und Schusswaffen angegriffen wird, flogen ein deutscher und ein US-Bordhubschrauber
zu Hilfe. Sie konnten den Angriff der Piraten auf die „Courier“ mit Warnschüssen
abwehren. Die „Rheinland-Pfalz“ setzte ein Speedboot aus und nahm die Piraten
fest. Die „Courier“ der deutschen Reederei Winter fuhr unter der Flagge
von Antigua und Barbuda und war ausschließlich mit philippinischen
Seeleuten besetzt. Die deutsche Fregatte war im Rahmen der europäischen
Anti-Piraten-Mission „Atalanta“ im Golf von Aden eingesetzt. Im Rahmen
dieser Mission stehen die EU-Kriegsschiffe auch Schiffen unter fremden
Flaggen bei. Doch gemäß dem EU-Mandat und vor dem Hintergrund
der begrenzten Anzahl an Kriegsschiffen erfolgt der Schutz der Handelsschiffe
nach folgender Priorität: an erster Stelle stehen Schiffe, die im
Rahmen des „UN World Food Programme“ Hilfsgüter nach Afrika
bringen oder andere Schiffe, deren Ladung humanitären Zwecken dient.
An zweiter Stelle stehen Schiffe, die unter EU-Flagge fahren und an dritter
Stelle stehen Schiffe, die unter sonstigen Flaggen verkehren. Hierunter
können auch Schiffe unter sogenannten „Billigflaggen“ fahren, wie
zum Beispiel die Courier.
Nach
dem internationalen Völkerrecht kann jeder Staat mit Kriegsschiffen
Piraten aufbringen, Seeräuber an Bord der Schiffe festnehmen und die
dort befindlichen Vermögenswerte beschlagnahmen, weil auf hoher See
keine staatliche Hoheit vorhanden ist. Kriegsschiffe nehmen auf See deshalb
die staatlichen Funktionen wahr, die bei der Bekämpfung von gemeiner
Kriminalität an Land üblicherweise der Polizei zustehen.
Anzahl
der Entführungen wurde verringert
Nachdem
die Piraten von den Soldaten der Fregatte festgesetzt worden waren, stellte
sich die Frage, was weiterhin mit ihnen geschehen solle. Denn Piraten können
nur vor ein deutsches Gericht gestellt werden, wenn sie ein deutsches Rechtsgut
verletzt haben. Ein deutsches Rechtsgut ist aber zunächst nicht
verletzt, wenn ein Schiff, das unter billiger Flagge fährt und ausschließlich
mit asiatischen Seeleuten besetzt ist, von Seeräubern angegriffen
wird. Insofern müssen die festgesetzten Piraten eher einem Gericht
in Antigua oder auf den Philippinen überstellt werden. Diese
Frage musste aber noch vertieft werden, nachdem die EU Anfang März
2009 mit Kenia ein Piraten-Übergabe-Abkommen geschlossen hatte, mit
dem Ziel, die von EU-Kriegsschiffen festgesetzten Piraten vor ein kenianisches
Gericht zu bringen. Die Fregatte „Rheinland-Pfalz“ übergab daraufhin
am 10. März 2009 die Seeräuber an die kenianischen Behörden.
Die
Bedingungen für Piraten im Golf von Aden haben sich durch den
Einsatz weiterer Kriegsschiffe verschlechtert. Auch russische, italienische
und amerikanische Kriegsschiffe haben in letzter Zeit Piraten festgesetzt.
Die Aktivitäten der Streitkräfte haben die Anzahl der erfolgten
Entführungen reduziert. Die Anzahl der Angriffe hat aber nicht wesentlich
abgenommen und vor allem ist festzustellen, dass die Piraten neuerdings
versuchen, die Handelsschiffe mit mehreren Booten gleichzeitig anzugreifen.
Die
bisherigen Erfahrungen zeigen, dass in der Regel nachts keine Piratenüberfälle
versucht werden. Ebenso nicht, wenn der Seegang höher als 1,5 Meter
ist und der Freibord eines Schiffes 15 Meter übersteigt.
Ein
Sprecher der russischen Marine berichtete, dass ihre Soldaten an Bord der
Piratenboote Granatwerfer, automatische Gewehre, Landminen und Drogen gefunden
haben.
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In
den nächsten Wochen werden weitere Kriegsschiffe im Golf von Aden
erwartet, mit dem Ziel, zumindest den vereinbarten Korridor noch besser
zu schützen als bisher.
Die
UKMTO (UK Maritime Trade Operations) hat mit Datum vom 1. Februar 2009
den Korridor (original maritime security patrol area) leicht verändert.
Die violette Zone zeigt den alten Korridor und die rot-grüne Zone
zeigt den neuen Korridor, wobei die grüne Spur für den westlichen
Schiffsverkehr vorgesehen ist, die rote für den östlichen Schiffsverkehr. |
Die Piraterie
am Golf von Aden stellt trotz aller Maßnahmen immer noch ein erhebliches
Problem für die internationale Schifffahrt dar. Es gibt inzwischen
zwei Arbeitsgruppen der Vereinten Nationen, die sich mit diesem Problem
befassen. In diesen Arbeitsgruppen wird auch darüber diskutiert, inwieweit
man die neue Regierung in Somalia unterstützen könne, um dem
Piratenunwesen von Land aus entgegen zu wirken.
*Das
Containerschiff MS "Courier" wurde 1994 bei der Kvaerner Warnow Werft GmbH,
Warnemünde gebaut und am 10. Februar 1995 in Dienst gestellt.
Die "Courier" ist mit 20140 tdw vermessen und kann 1452 Containerstellplätze
(TEU). Das Schiff ist 107 Meter lang und 25 Meter breit.
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