Kochsmaat Ruhle auf DS "Assyria", "Prinz Waldemar",
DS "Patricia" und DS "Adria"
Quellen: Festbroschüre "150 Jahre Hapag-Lloyd", Arnold Kludas, private Unterlagen

Von Juni bis November 1902 tut Friedrich Ruhle Dienst als Kochsmaat auf DS "Assyria" der Hapag. Kapitän war W. Schläfke, der 1. Offizier J. Spangenberg. Das Schiff verkehrte  zwischen Hamburg und Philadelphia. Es war 1898 von der Tecklenburg-Werft in Geestemünde für die Hapag gebaut und am 23. August in Dienst gestellt worden, 6581 BRT groß, 128 Meter lang, 16,60 Meter breit  und hatte Einrichtungen für 1180 Kajüt- und Zwischendeckspassagiere. Die Maschinenanlage leistete 2500 PS, die Jungfernreise begann am 3. September 1898 und führe nach Baltimore. 
Die "Assyria" wurde 1905 nach Rußland verkauft, hieß dort zunächst "Sveaborg", ab 1906 "Ekatarinoslav". 1918 wurde sie an England ausgeliefert und 1928 in Kiel abgewrackt.
Im Februar 1903 ist Friedrich Ruhle für 7 Tage als Aufwäscher auf DS "Prinz Waldemar". Der Prinz  war erst 1902 für die Hapag bei Reiherstieg in Hamburg gebaut und am 23. August 1902 in Dienst gestellt worden - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schiff des Norddeutschen Lloyd, das 1903 bei Seebeck in Geestemünde entstand. Unser "Prinz Waldemar" konnte 744 Passagiere befördern, war 4658 BRT gross, 113 Meter lang und 14 Meter breit, die Maschine leistete 2400 PS.
Am 14. Januar 1907 wurde er tragischer Schicksalsgefährte des Hapag-Schiffes "Prinzessin Victoria Luise" (nicht "Victoria Luise" ex "Deutschland"): Er strandete auf einer Untiefe vor Kingston/Jamaica. Die "Prinzessin Victoria Luise" war an gleicher Stelle am 16. Dezember 1906 um 21:14 Uhr nach einem Disput zwischen Kapitän Brunsvig und seinem 1. Offizier aufgelaufen - nur 4 Wochen früher. Kapitän Brunsvig von der "Prinzessin Victoria Luise" ging nach der Strandung in seine Kabine und erschoß sich mit einem Jagdgewehr. Alle Bergungsversuche blieben erfolglos. Durch ein Erdbeben waren im Fahrwasser bei Port Royal vor Kingston Erdverwerfungen aufgetreten.Das schneeweiße "Prinzessin Victoria Luise" war 1900 als "Lust-Yacht" bei Blohm&Voss vom Stapel gelaufen und wurde auf den Namen der Tochter des Kaisers getauft. 
Mit dem dekorativen Clipperbug war sie vom Konzept her das erste Kreuzfahrt- oder sogar Traumschiff der Hapag. Es beförderte weder Fracht noch Post und war nur für die Aufnahme von Reisenden erster Klasse eingerichtet denen es einen Komfort bot, wie er bis dahin nie erreicht wurde. 1901 war der Kaiser an Bord des Schiffes und nahm an der Unterelb-Regatta teil. Während des Festmahls fiel das berühmte Kaiserwort: "Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser!" 
Warum Friedrich Ruhle nur 7 Tage an Bord der "Prinz Waldemar" blieb, kann nicht mehr aufgeklärt werden. Schon 8 Tage später, am 19. Februar 1903 steigt er auf der "Patricia" ein, die von Kapitän Leithäuser geführt wird.
Die "P-Schiffe"  markierten einen Wandel in der Schiffahrtspolitik der Hapag. Weg von den reinen Passagierschiffen, die zwar Prestige brachten aber bedrohlich teuer wurden und hin zu einem Schiffstyp den man später "Kombischiff" nannte. 
Die Schiffe wurden von der Hapag zusammen mit der irischen Werft Harland & Wolff in Belfast entwickelt und konnten fast 2000 Passagiere und 7500 Tonnen Ladung oder nur eines von beiden befördern. Sie waren 13 Knoten "schnell" und verbrauchten nur 60 Tonnen Kohle täglich. 1894 kam die "Prussia" als erstes Schiff dieses Typs in Fahrt. 
1896 war die "Pennsylvania" mit 13333 BRT sogar das größte Schiff der Welt, in jener Zeit allerdings ein sehr kurzlebiger Titel. Die "Patricia" (14466 BRT) wurde 1899 in Dienst gestellt. Nach dem 1. Weltkrieg wurde sie an die USA abgeliefert, ging später unter englische Flagge und wurde 1921 in England abgewrackt.
Schon nach 21 Tagen mustert Friedrich Ruhle am 11. März 1903 in New York ab und ist am nächsten Tag als Bäcker und Kochsmaat auf der "Adria" der Hapag.  Gründe für den Wechsel sind nicht mehr in Erfahrung zu bringen.
Kpt. H. Leithäuser
Via Philadelphia geht es in 1 Monat und 3 Tagen zurück nach Hamburg.
Über die "Adria" ist zu erfahren, daß sie im Mai 1896  bei Palmer, Jarrow in England vom Stapel lief und am 19.8.1896 von Stettin aus die Junfernreise nach New York antrat. Sie war 5472 BRT gross, 122 Meter lang, 15 Meter breit, hatte Platz für 926 Kajüt- und Zwischendecks-Passagiere. Die Maschine leistete 2500 PS, das Unterscheidungs-Signal war RKLV. Im Mai 1905, gut zwei Jahre nach Friedrich Ruhles Dienstzeit an Bord, wurde das Schiff nach Russland verkauft.  Dort lief es zunächst unter dem Namen "Narva", ab 1906 hieß es "Khazan". Im April 1906 strandete die "Khazan" während einer Reise von Odessa nach Wladivostok in der Nähe von Colombo.

Am 14. April 1903 mustert Friedrich Ruhle in Hamburg ab. Damit enden die Eintragungen im Seefahrtsbuch Nr.6653. Friedrich Ruhle ist nach Berlin zurückgekehrt und hat dort zunächst weiter seinen Beruf als Bäcker ausgeübt. Später hat er bei der Reichsbahn gearbeitet und ist 1934 gestorben.
Seinen Enkel  hat es wieder an die Küste gezogen: Er ist als Schiffahrtskaufmann tätig und  im Besitz vieler der zur Erstellung dieser Seiten notwendigen Unterlagen.


Zur Seefunk-Homepage
Version 11-Oct-99 / Rev.: 13-Jul-08 / HBu