Erfolgreiche Eisfahrt
Die Entdeckung der Nordostpassage  -  Quelle: "Sonntags Kurier" Bremen 18jul99

Mehrere europäische Länder wie England und die Niederlande bemühten sich im 16. Jahrhundert um die Suche nach neuen Seewegen, auf denen sie ungehindert an die asiatischen Handelsplätze gelangen konnten. Sie entsandten zahlreiche Nordpolarexpeditionen, die unter unsäglichen Strapazen und Gefahren nach und nach einen arktischen Schiffahrtweg in Richtung Asien erschlossen. Am 18. Juli, vor 120 Jahren, meisterte der schwedische Polarforscher Adolf Erik Nordenskiöld unter widrigsten Bedingungen die nordöstliche Durchfahrt. Auch unter der Bezeichnung Nordostpassage oder Nördlicher Seeweg ist sie zu einem festen geographischen Begriff geworden.
Die Schiffahrtsroute verläuft aus dem europäischen Nordmeer und der Barentssee durch die Randmeere des Arktischen Ozeans und dann durch die Beringstraße in den Pazifik. Die Distanz zwischen Murmansk und Wladiwostok als den beiden Endpunkten der Nordostpassage beträgt etwa 12 000 Kilometer, während sie sich bei einer Fahrt durch den Suezkanal auf rund 25 000 Kilometer erhöht.
Zwischen 1595 und 1597 versuchte der Holländer Willem Bartens auf drei Expeditionen eine Durchfahrt durch das Eis der Arktis in Richtung Asien zu finden. Doch immer scheiterte er vor der Doppelinsel Nowaja Semlja. Auf der dritten Expedition wurde sein Schiff vor Nowaja Semlja von den Eismassen zermalmt. Als er nach einer harten Überwinterung mit den übrigen Besatzungsmitgliedern die Fahrt nach Süden antrat, erlag er dem Skorbut.
Seinen Expeditionsbericht, kurz vor dem Tod auf dem Krankenlager von Nowaja Semlja beendet, fand der norwegische Walfänger Elling Carlsen 274 Jahre später im Rauchfang der noch unversehrten Winterhütte. Es war ein erstes aufschlußreiches Reisedokument über Regionen von Nowaja Semlja und die Kara-See.
Als sich im 17. Jahrhundert für England und die Niederlande der Weg nach Süd- und Südostasien um das Kap der Guten Hoffnung auftat, war für sie eine weitere Suche nach einer nördlichen Schiffahrtsverbindung nicht mehr von Interesse.
Schließlich gelang es den beiden russischen Händlern Sidorow und Sibirjakow den jungen schwedischen Polarforscher Nordenskiöld für das Projekt der nordöstlichen Durchfahrt zu interessieren. Der studierte eingehend die Eisverhältnisse in der Kara-See, die er für einen der schwierigsten Abschnitte im artischen Ozean hielt.  Mit dem 300-Tonnen-Dampfschiff "Vega" lief Nordenskiöld im Juli 1878 aus dem nordnorwegischen Hafen Tromsö aus. Bereits am 19. August umfuhr er Kap Tscheljuskin. Äußerst günstige Treibeisbedingungen hatten es ihm ermöglicht, jenen Punkt an der Nordostspitze der Taimyr-Halbinsel zu erreichen, bis zu dem noch keine europäischen Schiff vorgedrungen war.
Bei den Bäreninseln nahmen die Eismassen jedoch zu. Etwa 120 Seemeilen vor erreichen der Beringstraße mußten Nordenskiöld und seine Gefährten in der Koljutschinbai auf der Tschukschen-Halbinsel überwintern, da die Packeisfelder die Weiterfahrt unmöglich machten.
Erst am 18. Juli 1879 konnte die "Vega" ihre Fahrt fortsetzen. 2 Tage darauf erreichte sie das Ostkap. Zu Ehren jenes Mannes der mehr als 250 Jahre zuvor als erster das Wagnis auf sich genommen hatte, es zu umfahren, erhielt es von Nordenskiöld den Namen "Kap Deshnew". Die Weiterfahrt durch das Beringmeer in den Pazifik verlief ohne erneute Verzögerungen. Über Yokohama, Suez und Neapel kehrten die glücklichen Bezwinger der Nordostpassage in die Heimat zurück und wurden in Stockholm begeistert empfangen.
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Version 11-oct-99 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu