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Vom
heutigen Standpunkt aus betrachtet bedeutet die Entwicklung der Maschinensender,
die in Deutschland 1911 begann, aber auch in anderen Ländern als damals
aussichtsreichster Weg erkannt worden war, einen Seitenzweig der Hochfrequenztechnik,
der nach etwa einem Jahrzehnt üppigen Wachstums verdorrte und jetzt
völlig abgestorben ist. Trotzdem lohnt es sich, die technischen Ereignisse
jener Zeit in Erinnerung zu behalten, denn sie lehren, wie schwierig es
ist, eine Entwicklung vorausschauend zu überblicken, da immer damit
gerechnet werden muß, daß neue physikalische Erkenntnisse unerwartet
entgegentreten.
Voraussetzungen
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hohen Masten gespannt war (s. Bild 4). An dem kleinen Mast im Vordergrund wurden die Zuführungsseile über Rollen gespannt. |
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Hochfrequenzmaschinen
E. F. W. Alexanderson war der erste, der sich an das Problem einer großen Hochfrequenzmaschine heranwagte. Er konstruierte eine Maschine, welche die Antenne direkt mit 50 000 Hz speiste (A = 6 km). Die Kühnheit, erstmalig Eisen in der Hochfrequenz verwendet zu haben, die feine Unterteilung von Rotor und Stator, die hohe Drehzahl und der kleine Luftspalt verdienen auch heute noch unsere Bewunderung. R. Goldschmidt hatte den Gedanken, zunächst eine niedrigere Frequenz (10 000 Hz) zu erzeugen und diese in der Maschine selbst durch abgestimmte Kreise zu vervielfachen. Wir bei Telefunken vertraten den Standpunkt, daß auch dieser Weg besonders bei hohen Leistungen wegen der Verluste und der hohen Erwärmung der Maschine unzweckmäßig sei, und suchten andere Wege. Wir fanden einen Hinweis in einer älteren Arbeit von Jolly. Jolly hatte für die Zwecke der Starkstromtechnik eine Verdopplung von 50 Hz mit Hilfe gleichstrom- gesättigter Transformatoren vorgeschlagen, und so versuchten wir es und begannen mit 500 Hz als Grundfrequenz und anschließender Vervielfachung. Es zeigte sich, daß die Resonanzeffekte und der Eisenverbrauch bei höherer Frequenz günstiger wurden. Diese Arbeiten waren, wie so oft in der Technik, durch einen äußeren Zwang beschleunigt worden. Kaiser Wilhelm II. hatte, gegenüber Geheimrat Rathenau, dem damaligen Generaldirektor der AEG, bei einem Treffen im Tiergarten geäußert: Durch die neue Maschine von Goldschmidt habe er sich etwas Schönes entgehen lassen. Rathenaus Antwort war: In ein paar Monaten würde er etwas viel Besseres haben. Dieses Gespräch war das Signal für Graf Arco, das Maschinenproblem mit größter Energie in Angriff zu nehmen. Alles andere wurde zurückgestellt. Die besten Kräfte wurden eingesetzt: W. Dornig, L Kühn und H. Neumann. Ausgehend von einer AEG-Maschine mit verhältnismäßig niedriger Frequenz (6000 bis 10000 Hz), einem robusten, noch einfachen Generator (Bild 1), wurde durch zwei zum Teil Wechselstrom-, zum Teil gleichstromgesättigte, für die Maschinenfrequenz gegengeschaltete Transformatoren der Primärstrom durch die Eisensättigung derart verzerrt, daß man über einen abgestimmten Kreis die zwei-, drei- oder fünffache Frequenz entnehmen konnte. Oft kam eine Verdoppelung zweimal hintereinander zur Anwendung. 1912 führte Graf Arco auf der Londoner Funkkonferenz seine Telefunken-Hochfrequenzmaschine zum erstenmal vor. Die Leistung betrug 2 kW, die Wellenlänge 2 bis 3 km. Die erste Maschine in Nauen arbeitete schon mit einer Leistung von 100 kW. Das Prinzip ist aus Bild 2a und b zu ersehen. |
Nauen
und das Weltfunknetz bis zum Ende des ersten Weltkrieges
In der Empfangstechnik hatte sich nämlich seit 1913 ein grundlegender Wandel vollzogen: Man war zum „Überlagerungsempfang" übergegangen.. |
(April 1913, DRP 291 604) |
Überlagerungsempfang
Während bei tönenden Funken mit einem einfachen Detektor der Ton der Funkenfolge im Kopfhörer deutlich vernehmbar wird, bleibt beim Empfang eines ungedämpften Telegraphiesenders mit einem Detektor alles still. Nur am Anfang und Ende eines jeden Morsezeichens hört man ein leises Knacken. Man half sich zunächst so, daß man den im Detektor beim Empfang eines Senders entstehenden Gleich- strom durch einen Unterbrecher zerhackte und dadurch ein im Telephon hörbares Wechselstrom- geräusch erzeugte. Aber bei atmosphärischen Störungen war es fast unmöglich, die Zeichen herauszuhören. Der Maschinensender war fertig, wir hatten aber kein Empfangsverfahren. In diesen Nöten fanden wir ein vergilbtes, vergessenes Patent von R.A. Fessenden aus dem Jahre 1905. Es sollten Interferenztöne erzeugt werden mit einem Telephon, das aus zwei dicht aneinanderliegenden Flachspulen bestand. Durch die eine ging der Empfangsstrom, durch die andere der Strom aus einem in der Frequenz etwas abweichenden Hilfsgenerator. Die mechanische Wechselwirkung zwischen den auf Membranen befestigten Spulen sollte einen Interferenzton geben. |
Für
uns war es damals eine Erleuchtung, als wir auf den Gedanken kamen, das
Interferenzverfahren dadurch technisch brauchbar zu machen, dass wir die
beiden Schwingungen in einem Stromkreis mischten und sie mit einem Detektor
gleichrichteten. So hatten wir die Interferenztöne in einem normalen
Telephon. Aber unser lokaler Generator bestand in einer großen 10-kW-Maschine
in mehr als 50 m Entfernung vom Empfänger. Die Interferenztöne
waren für uns märchenhaft, besonders bei atmosphärischen
Störungen. Aber sie schwankten mit der Drehzahl der Maschine.
Wir mußten hier eine neue technische Lösung finden. Wir fanden sie: den Überlagerer, die Liebenröhre mit Rückkopplung, den beliebig in der Frequenz einstellbaren kleinen Röhrengenerator. Er wurde jedem Empfänger zugesetzt (Bild 7). Interferenzempfang war jetzt die allgemeine Losung. So wurde damals der Röhrensender in seinem ersten Entstehen der Retter des Maschinensenders. Später wurde der Maschinensender durch den in der Leistung gewachsenen Röhrensender verdrängt. Das einzige, was nach der Einführung des Überlagerungsempfanges noch störte, waren Frequenzschwankungen der Maschine. Sie zu beseitigen, war jetzt die vordringlichste Aufgabe. Frequenzkonstanz
Maschinensender
nach dem ersten Weltkrieg
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