Funknavigation: LORAN

Das Loran-Verfahren
Eine wetterunabhängige und ständig verfügbare Funk-Navigation ist für die Schiffahrt von grosser Bedeutung, denn nur durch ständige Kontrolle des Standortes können Abweichungen vom vorgesehenen Reisekurs und damit verbundene Verzögerungen vermieden werden. Die Empfangsanlagen müssen jederzeit Standortbestimmungen ohne großen Bedienungsaufwand mit hoher Genauigkeit zulassen. Eine Anzahl von Funk-Navigationsverfahren wurden in der 100jährigen Geschichte des Seefunks entwickelt, vom Funkpeiler bis zur Satellitennavigation. LORAN ist eines dieser Systeme, es zählt zu den Hyperbelnavigationsverfahren. LORAN ist die Abkürzung für LONG RANGE NAVIGATION-SYSTEM.
LORAN-A
Das erste funktionsfähige LORAN-System wurde von den USA während des 2. Weltkrieges entwickelt und erhielt den Namen LORAN A. Es ermöglichte die Allwetter-Navigation von Schiffen und Flugzeugen im Nordatlantik und Pazifik. Das System wurde nach dem Kriege auch für zivile Benutzer freigegeben und von einer großen Anzahl von Passagierflugzeugen, Handelsschiffen sowie in der Hochseefischerei angewendet.  Die nutzbare Reichweite von LORAN-A betrug 600-700 Seemeilen und unter günstigen Bedingungen konnte man Standortgenauigkeiten von einer Seemeile und besser erzielen.
Die LORAN-A-Sender arbeiteten im Grenzwellenbereich auf etwa 2 000 kHz (Wellenlänge150 m) mit einer Sendeleistung von einigen hundert Kilowatt. Wegen der verhältnismäßig geringen Reichweite musste eine große Anzahl von LORAN-A-Stationen (70 gegen Ende des 2. Weltkrieges, 83 im Jahre 1971) errichtet werden, um die erwünschte Bedeckung großer Ozeangebiete zu erzielen.  Eine LORAN-A-Senderkette bestand aus einem Hauptsender und 2 - 3 Nebensendern ("MASTER" und "SLAVE").  Im LORAN-A-Empfänger wurden die Laufzeitdifferenzen der Signale zweier Senderpaare (Hauptsender - Nebensender) in µSekunden gemessen.  Jede Laufzeitdifferenz ergab eine Hyperbel-Standlinie, der Schnittpunkt der beiden Standlinien bestimmte den Schiffsort.
Bis 1981 wurden die von der US-Marine betriebenen LORAN-A-Stationen stillgelegt, Mitte der 80er folgten die japanischen Sationen.
Empfänger für LORAN-A
LORAN-C
In den fünfziger Jahren unternahm die US-Marine erfolgreiche Versuche im Langwellenbereich, um die Eigenschaften des LORAN-Systems (in erster Linie Reichweite und Genauigkeit der Standortbestimmung) zu verbessern. Das neue Hyperbel-Navigationssystem erhielt 1957 den Namen LORAN-C und arbeitet auf der Frequenz 100 kHz (Wellenlänge 3000 m), die sich durch eine stabilere Ausbreitung auszeichnet als die von LORAN-A benutzte Frequenz von 2 MHz.  Dadurch war es möglich, größere Abstände zwischen Haupt- und Nebensendern zu wählen, woraus sich eine größere Reichweite bzw. Flächenbedeckung ergab.
Eine LORAN-C-Senderkette besteht ebenfalls aus einem Hauptsender (MASTER) und 2-4 Nebensendern (SLAVE).  Die Signale der Nebensender werden durch die Signale des Hauptsenders synchronisiert. Ein Hauptsender bildet mit jedem Nebensender ein Senderpaar.  Jede der Senderketten ist durch eine besondere Impulsgruppen-Modulation gekennzeichnet, denn es muss dafür gesorgt werden, dass die Signale der verschiedenen Ketten, die ja alle auf der gleichen Trägerfrequenz 100 kHz arbeiten, im Empfänger unterschieden werden können.
Das LORAN-C-Signal eines Hauptsenders besteht aus 9, das eines Nebensenders aus 8 Impulsen, deren Abstand je 1000 µs beträgt. Der 9. Impuls des Hauptsenders hat einen etwas größeren oder kleineren Abstand als 1000 µs vom 8. Impuls, damit die Impulsgruppe des Hauptsenders im LORAN-C-Empfänger eindeutig identifiziert werden kann. Dieses Senderverfahren ergibt durch eine 8fache Vergrößerung der mittleren Empfangsleistung eine höhere Reichweite als beim LORAN-A-System, dessen Sender nur  Einzelimpulse ausstrahlen.
Die Unterscheidung der verschiedenen LORAN-C-Nebensender-Signale einer Kette, die nacheinander im Empfänger eintreffen, kann visuell, halbautomatisch oder vollautomatisch erfolgen. Bei der 1. Generation der LORAN-C-Empfänger wurde eine Braunsche Röhre zur Identifizierung der Signale verwendet. Später wurden jedoch fast ausschließlich automatische Geräte ohne Bildöhre eingesetzt.
Die Genauigkeit des LORAN-C-Verfahrens ist wesentlich besser als beim LORAN-A, da außer der Laufzeitdifferenz-Messung (Vergleich der Impuls-Hüllkurven) zusätzlich eine Phasendifferenz-Messung (Vergleich der Perioden der 100-kHz-Trägerwelle) durchgeführt wird. Dadurch lässt sich eine Auflösung von 0,1 µs, entsprechend einer Entfernungsdifferenz von 30 m erzielen.  (Dies ergibt sich daraus, dass eine elektromagnetische Welle bzw. ein Hochfrequenz-Signal in 1 Sekunde eine Entfernung von 300 000 km zurücklegt).
Die Bedienung eines automatischen LORAN-C-Empfängers ist sehr einfach, da die umständliche visuelle Identifizierung der Signale entfällt und keine manuellen Justierungen zur Messung der Laufzeit bzw.  Phasendifferenz erforderlich sind.
Nach der Einstellung der gewünschten LORAN-C-Senderkette und der gewünschten Nebensender wird die Standlinien-Nummer je nach Signalstärke nach wenigen Sekunden oder Minuten automatisch und fortlaufend angezeigt.
Die Meldung von Empfangsstörungen erfolgt ebenfalls automatisch durch optische Warnanzeigen, so dass die Güte der Standortanzeige jederzeit kontrolliert werden kann.
Zur Auswertung der Standlinien-Anzeigen benötigt man, wie auch beim LORAN-A, spezielle LORAN-Navigationskarten oder LORAN-Tabellen, um den Standort des Fahrzeuges in geographischen Koordinaten (Breite/ Länge) zu bestimmen.  Diese Hilfsmittel entfallen, wenn der LORAN-C-Empfänger mit einem zusätzlichen Rechner ausgerüstet wird, der den Standort direkt in Breiten- und Längengraden anzeigt.
links:
Loran-C-RX DL 91 Hersteller: Decca Navigator Company (1975)

Moderner Loran-C-Empfänger mit Navigationsrechner (2001)
(Das Foto wurde gemacht, während sich das Gerät synchronisert. Daher kann 
kein Bezug zur Anzeige im Ziffernfeld hergestellt werden) 
Das hier abgebildete Gerät LRX22P kann 2 Loranketten gleichzeitig empfangen und auswerten. Die Positionsangabe erfolgt wahlweise im Format Länge/Breite oder als Loran-C-Hyperbel. Neben der Positionsbestimmung bietet dieser Navigator die üblichen Hilfen wie Waypoint-Navigation (max. 100 Wegpunkte), Kurs und Geschwindigkeit, Entfernung zum Waypoint, Abweichung von der Kurslinie.

Die damalige Sowjetunion entwickelte ein eigenes LORAN-C-identisches System, welches ebenfalls auf 100 kHz sendet. LORAN-C-Geräte sind sogar damit synchronisierbar. Der hier abgebildete Empfänger LRX22P kann das LORAN-C-Netz "Norwegian Sea" und das weissrussische Netz kombinieren und zuverlässig empfangen.

LORAN-C gehört zur freiwilligen Bordausrüstung von Seeschiffen, außerdem wurde es in der Zeit vor Einführung des GPS zum unentbehrlichen Navigationshilfsmittel auf den Fangplätzen der Hochseefischerei in den Seegebieten um Island, Grönland, Norwegen sowie in den japanischen Fischereigewässern im westlichen Pazifik. Eine erhöhte Bedeutung erhielt es, als es 1978 von den USA vorrübergehend zum "vorrangigen Navigationsverfahren" für die gesamten US-Küstengewässer erklärt wurde. Trotz GPS ist LORAN-C zur Zeit (Juli 2001) noch in Betrieb. In Europa arbeitet die Kette "Norwegian Sea" mit der MASTER-Station (M) Ejde in Daenemark und den SLAVES (X) Bo in Norwegen, (W) Sylt, (Y) Sandur auf Island und (Z) Jan Mayen sowie die Kette "Mediterranean Sea" mit dem MASTER (M) Sellia Marina (Sued-Italien) und den SLAVES (X) Lampedusa in Italien, (Y) Kargabarun in der Tuerkei und (Z) Estattit in Spanien. 


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Version: 02-Jul-01 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu