Die Longitudo zur See
Die ungelösten wissenschaftlichen Probleme der Zeit
- Von Jürgen Abeler - Wuppertaler Uhrenmuseum -
Abschrift mit freundlicher Genehmigung des Verfassers - Quellenangaben: Siehe unten
Siehe auch gleichnamigen Aufsatz von Sylvester Föcking im Mitteilungsblatt 3/98 der SFK Bremen.

Schon immer, so heißt es in einer spätmittelalterlichen Schrift, hätten die Menschen mit großem Verlangen, intensivem Einsatz und viel Zeit, Fleiß und Unkosten nach der Lösung folgender Probleme "eiferich getrachtet":
Gold zu machen
Den Lapis philosophorum (den Stein der Weisen) zu finden
Das Liquor Alcahest (ein Universallösungsmittel für alle Stoffe) herzustellen
Eine Linie Hyperbole in einen Brennspiegel zu machen (d. h. einem Brennglas die exakte Form eines Hyperboloides zu geben, damit sich die reflektierten Lichtstrahlen in einem Punkt schneiden und dort extrem hohe Temperaturen erzeugen)
Ein ewiges Licht zu machen
Die Quadratur des Kreises zu errechnen
Die Longitudo zur See zu ermitteln
Das Perpetuum mobile zu konstruieren
Das waren die Fragen, mit denen sich die Menschen bis ins 18., ja teilweise bis in unser Jahrhundert hinein beschäftigten.

Die Longitudo zur See, auch das Longitudinal-Problem genannt, d. h. die Ermittlung der geographischen Länge auf hoher See außer Sicht von Land, hatte sich in der Tat seit dem Zeitalter der großen Entdeckungen und der Ermittlung der besten Seerouten als die dringendste Zeitfrage schlechthin erwiesen, obwohl sich die Menschheit natürlich seit dem Altertum mit diesem Problem beschäftigt hat. Unermeßlich war der Schaden, den die Schiffahrt dadurch erlitt, daß Kapitäne zum Beispiel nach einem Sturm weder wußten noch ermitteln konnten, wo sie sich eigentlich befanden, mit ihren Schiffen dann auf Riffe aufliefen und sanken. So ist es in der Geschichte der Seefahrt zu zahllosen Katastrophen gekommen. Der Untergang von vier Kriegsschiffen in der von der Belagerung Toulons zurückkehrenden britischen Flotte unter Kapitän Showel am 22.10.1707 auf den vorgelagerten Klippen der Scilly-Inseln war auf die fehlerhafte Einschätzung des Schiffsortes zurückzuführen. Rund 2.000 Menschen kamen bei jenem Unglück ums Leben. Dieses Geschehen beschleunigte die intensiven Bemühungen, endlich zu einer Lösung des Longitudinal-Problems zu kommen.
Ein geschichtlicher Rückblick ist deshalb von Interesse. Er an den nautisch- astronomischen Geräten des Wuppertaler Uhrenmuseums dargestellt werden.

Die frühe Orientierung zur See

Vom Altertum bis weit in das 15. Jahrhundert hinein spielte sich die Seefahrt wegen der Unzulänglichkeit der Instrumente vorwiegend in Küstennähe ab. Die Seeleute jener Zeit waren stets bemüht, permanent eine beruhigende Landmarke in Sicht zu behalten, denn auch einen Kompaß gab es damals noch nicht. Primitive Berechnungen mit dem Astrolabium mögen Hilfestellung geleistet haben. Schon dem erwähnten Astronomen Ptolemäus (87-150 n. Chr.) war dieses Instrument bekannt. (Abb. 1)
Magellan hatte auf seiner ersten Weltumseglung sieben solcher Instrumente an Bord und noch Seni, der Astrologe Wallensteins, prophezeite mit Hilfe eines Astrolabiums Zukunft und Schlachtenglück. Da kann man sich vorstellen, wie es um den praktischen Nutzen dieser Instrumente bestellt war.
Links:  Abb. 1

Schon vor Ptolemäus hatten sich viele Gelehrte der Antike bemüht, Ordnung in das noch unbekannte Weltbild zu bringen. Dem Gelehrten Anaximander (611 bis 544 v. Chr.) wird die erste Landkarte zugeschrieben. Er stellte sich die Welt als eine Art Zylinder vor, deren obere ebene Fläche die bewohnbare Erde darstellte. Anaximines (585-523 v. Chr.) lehrte dagegen, daß die Erde eine scheibenartige Form habe und von einem Wassergürtel umgeben sei. Der Historiker und Weltreisende Herodot (495-425 v. Chr.) hat die damals verwendeten primitiven Landkarten dadurch entscheidend verbessert, daß er markante Punkte durch Linien verbinden ließ: Die Vorläufer des Gradnetzes der Erde. Der Mathematiker Pythagoras aus Samos (582-507 v. Chr.) entwickelte nicht nur den nach ihm benannten Lehrsatz; er war auch der erste, der behauptete, daß die Erde rund sei und glaubte, daß Sonne, Mond und Planeten eine Eigenbewegung besäßen. 

Zur Zeit des Aristoteles (384-322 v. Chr.) versuchte man erstmals, die geographischen Lagen verschiedener Orte durch Messungen von Schattenlängen und Sonnenhöhen miteinander zu vergleichen. Schließlich war es der Mathematiker Eratosthenos aus Cyrene (276-195 v. Chr.), der Kugel und Erdball in 360 Teile einteilte und als erster den Erdumfang auf etwas mehr als 36.000 km berechnete. Damit wich er nur um etwa 3.500 km von dem heute gültigen Wert von etwa 40.076 km ab. Zu diesem Zweck hatte er die Strecke Alexandria/Assuan ausmessen lassen. Eine erstaunliche Leistung!
Der Astronom Claudius Ptolemäus (87-150 n. Chr.) stellte schließlich Beweise für die Kugelgestalt der Erde auf. Auf ihn gehen unter anderem die genaue Einteilung der Erde in Längenkreise, die senkrecht durch den Äquator gehen und sich in den Polen treffen, sowie die Einteilung der Breitengrade zurück, die den Nord- bzw. Südpol als gemeinsamen Mittelpunkt haben. Außer der reinen Messung berechnete er die Position von verschiedenen Städten durch die Beobachtung von Mondfinsternissen, die an diesen Orten natürlich je nach Entfernung zu unterschiedlichen Zeiten erfolgten. Dadurch war es nunmehr möglich geworden, die Lage von Ländern und Städten auf Karten genauer als bis dahin anzugeben. Allerdings war er der Auffassung, daß die Erde Mittelpunkt der Welt sei und von sieben Planeten, zu denen er auch die Sonne und den Mond zählte, umkreist werde. Ptolemäus übte einen einzigartigen Einfluß weit über ein Jahrtausend hinweg auf die gesamte geistige Welt aus. Bis zu Galilei, Kopernikus und Kepler wurde er als höchste Autorität in allen geographischen und astronomischen Fragen angesehen. Um das von ihm errichtete Weltbild, mit dem sich die kath. Kirche damals identifizierte, zu korrigieren und unser heutiges an seine Stelle zu setzen, haben sich zahllose Gelehrte, Mathematiker und Astronomen mit seinen Behauptungen auseinandersetzen müssen.
Wenig bekannt dürfte sein, daß sich schon vor den Genannten ein anderer mit den Ptolemäischen Überlieferungen beschäftigt hatte, nämlich Heinrich der Seefahrer. 1394 als dritter Sohn König Johanns 1. von Portugal in Porto geboren, beteiligte er sich 1415 an der Eroberung von Ceuta. Dann nahm der intelligente Prinz Abschied von den Geschäften des Hofes und begann ein Forscherleben, dessen Auswirkung von größter Bedeutung werden sollte. 1416 baute er sich eine Villa auf dem Felsen von Sagres, am westlichen Ende der Algarve-Küste in der Nähe von Kap St. Vincent und errichtete daneben die erste Schiffahrtsschule der Welt, in der Meeresforschung betrieben und Kapitäne ausgebildet wurden. Die ersten Forschungsreisen nahmen von hier ihren Ausgang. Die Konstruktion der Caravelle und die Einführung eines neuen Steuers waren Ergebnisse seiner Arbeiten. Hier entstanden auch die ersten Ephemeridentafeln, Vorausberechnungen von täglichen Standorten der wichtigsten Gestirne, zu Anfang allerdings nur der Sonne, von denen Alexander von Humboldt glaubte, daß Regiomontanus sie entworfen habe. Es ist sogar so, daß Regiomontanus Instrumente gebrauchte, die in Portugal entwickelt worden waren. Auch Martin Beheim machte seine Erfahrungen im Schiffahrtswesen in Portugal. Die großen Entdecker des 15. und 16. Jahrhunderts, Bartholomäo Diaz, Amerigo Vespucci, Christoph Kolumbus, Vasco da Gama und Fernäo de Magellan gingen aus der Schule von Sagres hervor.

Der Gebrauch des Kompasses
In dieser Epoche der großen Entdeckungsreisen stellte die Bestimmung der geographischen Breite kein großes Problem mehr dar. Man maß den Winkel zum Polarstern und später, als die entsprechenden Tafelwerke veröffentlicht waren, die Höhe der Sonne in ihrem Kulminationspunkt, d. h. wenn der Kompaß genau nach Norden zeigte. Auch der Gebrauch des Kompasses war den Kapitänen jener Zeit schon seit rund 200 Jahren vertraut. Zwar wird den Chinesen und vor allem den Seevölkern, die die Inselwelt der unendlichen Weite der Südsee besiedelten (Malayen, Indonesiern usw.), die Kenntnis der Magnetnadel in manchen Veröffentlichungen schon um 100 n. Chr. zugeschrieben, doch ist die Kenntnis dieses wichtigsten Wegweisers der Seeleute in Fernost doch nicht vor dem 1 1. Jahrhundert n. Chr. tatsächlich nachgewiesen. Auch Inder, Griechen, Römer und Byzantiner kannten die Kornpaßnadel nicht. Selbst bei den Arabern, die das antike Wissen gesammelt hatten und über Spanien und Süditalien - man denke nur an die Kontakte des in Palermo residierenden Friedrich

Barbarossa mit den Arabern und an die Berührungspunkte, die sich in Spanien bis zur endgültigen Vertreibung der Mauren ergaben - an die Europäer weiterreichten, findet sich die erste Nachricht über die Magnetnadel erst im Jahre 1242. 
Nachgewiesen dagegen ist die Kenntnis dieses Seeweisers in Skandinavien schon vor 1000 n. Chr. Die umfangreichen Magneteisensteinvorkommen in Skandinavien werden auf irgendeine Weise zur Entdeckung der magnetischen Eigenschaften beigetragen haben. Wahrscheinlich sind jene Stämme der Normannen die Erfinder, die zu Beginn des 11. Jahrhunderts das normannische Reich in Süditalien und Sizilien begründeten. Von hier aus verbreitete sich die Kenntnis von 1250 an rasch über alle seefahrenden Völker, und schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts war die Magnetnadel weithin bekannt.
Auch das Wort Kompaß taucht erstmals um 1300 in italienischen Schriften und Gedichten auf. Natürlich hat auch der Kompaß anschließend eine lange Entwicklungsgeschichte erlebt, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, weil sie nicht das Thema dieser Arbeit ist. Die Fehlweisung wurde entdeckt und manche Verbesserung erfunden. 
Abb.2 zeigt einen Fluid-Kompaß der Firma Ch. Bianchetti & Cie aus Marseille um 1880, der kardanisch aufgehängt ist und dessen Kompaßrose in einer Flüssigkeit schwimmt.
Links:   Abb. 2 
Wesentlich älter ist der chinesische astrologische Kompaß (Abb. 3) mit konzentrisch angebrachten Symbolen und Zeichen, mit denen die Wahrsager die Zukunft deuteten. In den inneren Kreisen ist eine Windrose mit 24 Kompaß-Strichen angeordnet. Dieses Instrument entstand in China um 1800.      rechts:    Abb. 3
 

In der Seeakademie von Sagres war es wohl auch, daß um 1510 ein gewisser Santa Cruz zum ersten Mal vorschlug, geographische Längenunterschiede mit Hilfe von Uhren, die die Zeit des Ausgangshafens anzeigten, durch die Ermittlung der Zeitdifferenz zur Mittagshöhe der Sonne am Beobachtungsort zu bestimmen. Ausführlicher noch beschreibt 1530 der flämische Astronom Rainer van de Steen, bekannter unter dem lateinisierten Namen "Gemma Frisius" aus Löwen (1505-1555) dieses Verfahren in seinem in Antwerpen erschienenen Buch "De Principiis Astronomiae et Cosmographicae". In der Tat war diese Idee die Vorzeichnung des Verfahrens, wie es heute im Prinzip noch geübt wird. Amerigo Vespucci dagegen hatte schon 1499  vorgeschlagen, Mondokkultationen zur geographischen Längenbestimmung zu verwenden,

während Johannes Werner aus Nürnberg (1514)  und Peter Apian (1524) die Mondabstände zu auf und in der Nähe seiner Bahn liegenden Fixsternen, die sog. Monddistanzen, zur Errechnung der Länge nutzen wollten. Auch das zuletzt genannte Verfahren war eine Zeitlang von Bedeutung, wie wir sehen werden, hat sich aber wegen entscheidender Mängel - es kann z. B. Tage vor und nach Vollmond oder bei Neumond nicht angewendet werden - nicht durchsetzen können.
Alle diese Vorschläge zur Lösung des Längenproblems scheiterten vorerst an der Ungenauigkeit der Uhren. So hatte Gemma Frisius doch allen Ernstes vorgeschlagen, zur Korrektur eventueller Fehler an mechanischen Zeitmessern Wasseruhren oder 24-Stunden-Sanduhren zu benutzen. Aber auch die Unzulänglichkeiten der Meßinstrumente haben es in der damaligen Zeit unmöglich gemacht, eine Sonnenhöhe korrekt zu nehmen.
Trotzdem waren damit um 1530 die Weichen gestellt, auf welchen Wegen evtl. die Längenbestimmung möglich sein könnte. Manche zusätzliche Idee kam noch hinzu, aber keine hatte wegen der größeren Kompliziertheit eine Chance, verwirklicht zu werden. Nur die Zeit würde entscheiden können, welches Verfahren sich endgültig durchsetzen würde.
Der Forschung stellten sich mithin zwei Aufgaben:
1. Die Entwicklung immer genauerer nautischer Instrumente zur Winkelmessung und zur Ortsbestimmung und
2. Der Bau von Uhren, die auf schwankenden Schiffen trotz wechselnder Temperaturen und unterschiedlicher   Luftfeuchtigkeit die Zeit exakt anzeigen sollten
Die nautischen Winkelmeßinstrumente
Sehen wir uns zunächst einmal die geschichtliche Entwicklung der nautischen Winkelmessinstrumente an. Das erste Gerät, mit dem man Winkel zwischen Horizont und einem Gestirn, d. h. meistens der Sonne messen konnte, war das Astrolabium. Seit den Zeiten des Ptolemäus bekannt, wurde es zuerst nachweislich viele Jahrhunderte lang auf dem Land benutzt (Abb. 1).
Erst während des späten 15. Jahrhunderts wurden auf See - wie Funde aus untergegangenen Schiffen jener Epochen beweisen – stark vereinfachte See-Astrolabien verwendet (Abb. 4). Sie besaßen eine kardanische Aufhängung und waren sehr schwer konstruiert, um auf den schwankenden Segelschiffen möglichst senkrecht zu hängen. Trotzdem war die Ablesegenauigkeit nicht zufriedenstellend.
Links:  Abb. 4
Genauer und praktischer abzulesen war der Gunter-Quadrant. Das hölzerne Instrument, das Abb. 5 zeigt, befindet sich im Wuppertaler Uhrenmuseum.
Links:   Abb. 5
 
Über die beiden Absehen (Abb. 6) wurden Sterne oder die Sonne anvisiert und im Augenblick der Übereinstimmung der Lotfaden an die Skala gedrückt, wo sofort der Winkel ablesbar war.
Rechts:  Abb. 6
Auf den schwankenden und stampfenden Segelschiffen war es besonders bei rauhem Wetter nahezu unmöglich, mit dem Marineastrolab oder dem Quadranten korrekte Winkel zwischen Gestirn, Beobachter und Kimm zu messen. Demgegenüber bot der Jakobsstab beträchtliche Vorteile. Er wurde zuerst von dem jüdischen Gelehrten Levi ben Gerson im 13. Jh. beschrieben und vielleicht auch von ihm erfunden. Aber erst Regiomontan (= Johann Müller aus Königsberg in Franken) machte ihn unter den Astronomen bekannt. Gegen Ende des 15. Jh. kann er als allgemein verbreitet gelten. Der Jakobsstab des Wuppertaler Uhrenmuseums, der nach der genauen Beschreibung 
in der Dissertation von A. Schück: "Der Jakobsstab", München 1894, verfertigt wurde und dem wohl ein Original vom Beginn des 16. Jh. zugrunde lag, besteht aus einem Stab von 75 cm Länge und von 1,6 x 1,6 cm Querschnitt. Darauf gleiten satt mit exakter Passung vier verschieden lange Schieber. Jedem dieser Schieber ist eine der vier Stabseiten mit den entsprechenden Skalen zugeordnet. Mit jedem Schieber kann man einen bestimmten Winkelbereich messen. Abb. 7 (links) zeigt, wie die Messung vorgenommen wurde.

Der Jakobsstab blieb bei den Seeleuten lange in Gebrauch. Doch wurden er und die anderen erwähnten Instrumente zur Messung der Sonnenhöhe von dem Davis-Quadranten (Abb. 8) verdrängt, der von dem englischen Polarforscher John Davis (1527-1605) erfunden und 1594 beschrieben wurde.


        Oben:  Abb. 8
Der Schieber mit der Linse, eine wesentliche Verbesserung der ursprünglichen Version mit Schattenschieber auf dem kleinen Limbus, wurde um 1650 durch den englischen Astronomen John Flamsteed eingeführt. Das aus Mahagoni und Birnbaumholz bestehende 63 cm lange Instrument des Wuppertaler Uhrenmuseums (Abb. 9) entstand um 1730/40. Mit dem Rücken zur Sonne schätzte man grob den Winkel zwischen Kimm - Beobachter - Sonne und stellte diesen um etwa 10 Grad vermindert auf dem großen Limbus ein, der eine Einteilung von 65 bis 90 Grad besaß. Dann peilte man durch Loch und Spalt den Horizont an und hatte jetzt nur noch das Visier mit der Lupe auf dem kleinen Limbus derart zu verschieben, daß die von der Lupe auf einen Punkt konzentrierten Sonnenstrahlen genau auf den Strich neben den Öffnungsschlitz trafen. Die Werte von beiden Skalen wurden dann addiert und ergaben den Höhenwinkel des Gestirns.
Obwohl Davis-Quadranten in beträchtlicher Anzahl hergestellt worden sein müssen, gehören sie heute zu den großen Raritäten.
Abb. 9
Der Davis-Quadrant wurde durch die Reflexionsinstrumente abgelöst, die auf verschiedene Erfinder zurückgehen. Unstreitig stammt der erste Entwurf  von Isaac Newton, der seine Skizzen und Beschreibungen bereits 1700 an den königlichen Astronomen Dr. Edmond Halley in London geschickt hatte, der zu diesem Zeitpunkt Präsident der Royal Society war. Halley unterließ es jedoch aus unbekannten Gründen, diese Erfindung der Royal Society vorzuführen, und Newton hat diese Unterlassung anscheinend nicht reklamiert. Erst im Nachlaß Halleys wurden die Skizzen gefunden und am 28. 10. 1742, 15 Jahre nach dem Tode Newtons, diesem Gremium bekanntgemacht. 
Wenn ein nach dem Entwurf Newtons gebautes Gerät auch zu schwer gewesen wäre, so hat doch er als der erste Erfinder des Winkelmeßgerätes mit zwei Spiegeln zu gelten. 
Völlig unbeeinflußt davon hat auch der Glasermacher Thomas Godfrey in Philadelphia um 1730 ein Doppelspiegel- Winkelmeßinstrument gebaut, das er der Royal Society zur Begutachtung und Anerkennung 1730 einreichte.
Fast gleichzeitig hatte sich Jolin Hadley, seit 1728 Vizepräsident der Royal Society, mit der Entwicklung eines Winkelmeßinstrumentes auf hoher See befaßt. Unabhängig von Godfrey und ohne Kenntnis Isaac Newtons diesbezüglicher Entwürfe erfand er ebenfalls ein Zweispiegel- Winkelmeßinstrument, gelangte jedoch zu einer wesentlich glücklicheren Anordnung, die dann die Basis für alle weiteren Entwicklungen wurde.
Links:  Abb. 10: Der Hadley - Spiegel-Quadrant
Die Royal Society untersuchte die Erfindungen Godfreys und Hadleys und bestätigte, daß es sich um zwei gleichartige, voneinander unabhängige Erfindungen handelte. Während sich der Hadleysche Oktant die Brücken der Schiffe eroberte, ist bisher kein Instrument von Godfrey bekannt geworden.

Der Oktant des Wuppertaler Uhrenmuseums wurde aus Ebenholz gefertigt, die Alhidade aus Messing und die Skala mit der Gradeinteilung aus Elfenbein. Auch die Nuniuseinteilung (20/18 auf der Alhidade) besteht aus Elfenbein. (Abb. 11). Zum Schutz gegen die Blendung durch die Sonne besitzt der Oktant im Strahlgang drei Schattengläser, die bei Sternbeobachtungen herausgeklappt werden können. Das Instrument wurde um 1790/1800 von der Firma Athen + Krap in Rotterdam hergestellt.  Rechts:  Abb. 11

Die von Hadley entwickelte Grundform ist bis zum heutigen Tage auch noch in jedem Sextanten erkennbar. Während die Alhidade beim Spiegeloktant um 45 Grad, also um 1/8 des Kreises gedreht werden konnte, woher der Name Oktant rührt, wobei sich aber infolge der Reflexion am drehbaren Spiegel ein Meßbereich von 90 Grad ergab, wurde beim Sextanten der Gradbogen auf 1/6 des Kreises (daher der Name Sextant) vergrößert, wodurch sich ein Meßbereich von 120 Grad ergab. Sowohl der Oktant als auch der Sextant haben der Reihe nach verschiedene 

Verbesserungen erfahren. Zur Erhöhung der Ablesegenauigkeit erhielt der Oktant auf der Alhidade eine Noniuseinteilung, die dann auch für den Sextanten übernommen wurde. Eine wesentliche Verbesserung gelang dann noch der Firma C. Plath in Hamburg im Jahre 1908 durch die Entwicklung des Trommelsextanten.
 
Oben links:   Abb. 12  Der Sextant des Wuppertaler Uhrenmuseums wurde von der Firma Carl Plath, Hamburg, unter der Nummer 3946 im Jahre 1903 hergestellt.
Oben rechts:   Abb. 13  Mit dem Fernglas wird die Kimm angepeilt und gleichzeitig durch Verstellen der Alhidade die Sonne auf den Horizont "heruntergeholt". Natürlich muß bei dieser Beobachtung ein Farbglas zwischengeschaltet werden, das bei der Sternbeobachtung wieder ausgeklappt werden kann. Eine Feinstellschraube gibt die Möglichkeit exakter Einstellung, wenn der Sonnenrand gerade den Horizont berührt. Eine Feststellschraube fixiert den gefundenen Wert, der dann mit Hilfe einer Lupe abgelesen werden kann.

Quellenangabe:
Urheber:
1983 Jürgen Abeler
Wuppertal    (All rights reserved)
Zeichnungen:
K.W. Bangert
Wilhelm Ehm
Dieter Messerschmidt   (Mitarbeiter der H. Abeler KG)

Bildnachweis:
Foto-Studio Gerd Hensel
Holzschneiderstr. 22   Wuppertal
Studio Schuster GmbH
Heidestr. 36  Leverkusen
Vok Dams-Gruppe
Gesellschaft für Kommunikation mbH
Herberts Katernberg-Str. 40
Wuppertal

Das Wuppertaler Uhrenmuseum ist eine private Einrichtung der 
Heinrich Abeler KG (Edelsteine, Uhren + Uhrenzubehör) 
Poststr. 11  22103 Wuppertal     Das Museum ist nach Absprache Freitags und Samstags geöffnet.
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Version: 06-Mar-01 / Rev.: 13-Jul-08 / 13-Jun-11 / HBu