Kochsmaat Ruhle auf DS  "Kiautschou"
Quellen: Festbroschüre "150 Jahre Hapag-Lloyd", Weserkurier, N3-Fernsehen, private Unterlagen

An- und Abmusterungsvermerke im Seefahrtsbuch
An- und Abmusterungsvermerke im Seefahrtsbuch
Ob Friedrich Ruhle das Weihnachtsfest zu Hause in Treuenbrietzen bei Berlin verbrachte oder ob er in Hamburg blieb ist nicht belegt. Der Bäcker, dessen 1896 ausgestellter Gesellenbrief erhalten ist, mustert schon 8 Tage später am 28. Dezember 1901 für 30 Mark im Monat auf dem Reichspostdampfer "Kiautschou" der Hapag an.
Seit Oktober 1899 richteten Hapag und Norddeutscher Lloyd gemeinsam den Betrieb der Deutschen Reichs-Post-Linien aus. Dieser Dienst sah vor, daß die Reichspostdampfer abwechselnd 14tägig von Bremen und Hamburg ausgingen. Die Leitung des Dienstes lag beim Lloyd, die Hapag stellte lediglich Schiffe. Beim Stettiner Vulcan hatte sie 2 etwa 10000 BRT große kombinierte Passagier- und Frachtdampfer bestellt, die "Kiautschou" und die "Hamburg". Sie wurden 1900 ausgeliefert. Der Fahrplan schloß auch Rotterdam und Penang ein. In Ostasien wurden die Häfen Shanghai, Tsingtau und Tientsin angelaufen. Tsingtau war 1898 von China für 99 Jahre an das Deutsche Reich verpachtet worden. 1917 eroberte Japan die Stadt. Tsingtau liegt im Nordosten Chinas in der Bucht von Kiautschou, der Namensgeberin für Friedrich Ruhles Schiff.
Im Juni 1900 war in China der "Boxer-Aufstand" der sich hauptsächlich gegen Ausländer und das Christentum richtete, ausgebrochen und erst im September 1901 durch einen Friedensvertrag (Boxer-Protokoll) beendet. Um die neuen Möglichkeiten in Ostasien zu erkunden ging zusammen mit Friedrich Ruhle sein Generaldirektor an Bord der "Kiautschou": Albert Ballin trat die Reise zunächst auf dem Reichs-Post-Dampfer an. Es wird berichtet, es sei für die Besatzung eine aufreibende Zeit gewesen
Ob die Wandschränke klemmten, das Brot falsch gelagert wurde oder die Bedienung einen "verwilderten Eindruck" machte - Ballin entging Nichts und er behielt seinen Ärger auch nicht für sich. Trafen sich Friedrich Ruhle und Albert Ballin?  Es wäre möglich! Daß am Brot herumgemäkelt wurde ist wohl überliefert und dafür könnte der gelernte Bäcker Friedrich Ruhle zuständig gewesen sein.
Aber Ballin war nicht unterwegs um sich minderwertiger Äpfel oder unmoderner Speisekarten anzunehmen. Es ging um Grundsätzliches. Er rechnete seinem Direktorium vor, daß die 2 großen Postdampfer "Hamburg" und "Kiautschou" für diese Route ein Fehlgriff seien. Es ergebe sich ein krasses Mißverhältnis zwischen den erhöhten Leistungen der Reederei mit den Schiffen und der dafür gewährten Erhöhung des jährlichen Reichszuschusses auf annähernd 375000 Mark. 1903 zog sich die Hapag aus dem Gemeinschaftsdienst mit dem Lloyd zurück. Beide Reedereien schlossen ein Übereinkommen, wonach der Lloyd den Reichspostdampferdienst und die Hapag den Frachtdienst wieder für sich allein betrieben. Die Hapag übergab die "Kiautschou" an den Lloyd und erhielt dafür fünf Frachter mit zusammen 20700 BRT. Die "Kiautschou" wurde in "Princess Alice" umbenannt, im April 1917 in Manila von den USA beschlagnahmt, hieß bis 1922 "Princess Matoika", bis 1924 "President Arthur", dann "City of Honolulu". Im Mai 1930 wurde sie nach einem Brand aufgelegt und im August 1933 zum Abbruch nach Osaka geschleppt.
Oben Links: Die Kapelle der Berliner Missionsgesellschaft in Kiautschou (Photo von etwa 1901) Als weitere Folge von Ballins Reise wurde Hong Kong zur Zentrale für die Ostasien-Aktivitäten der Hapag. In Shanghai wurden Kais und Lagerhäuser erworben, der Ostasiendienst bis Wladiwostok ausgeweitet. 1905 entstand dann der erste Liniendienst der Hapag von der Westküste Nordamerikas zum Fernen Osten. Über die Hafenstadt Tsingtau urteilte Ballin: "Zuviel Wilhelmshaven, zuwenig Hongkong!"
Oben rechts:  Die Promeniermeile von Tsingtau: Das Kaiser-Wilhelm-Ufer (um 1902) In dem Gebäude links befand sich das "Photografen-Geschäft" Schwarzkopf & Co. 
Nach 4 Monaten und 5 Tagen ging Friedrich Ruhle am 1. Mai 1902 von Bord der "Kiautschou"
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