1927: Das Ende eines Pioniers
Von George E. Baxter
Quelle, Text und alle Fotos: RadioMagazine, April 1927     Übersetzung: R. Marschner DL9CM

Der Abbruch von KFS, der Küstenfunkstelle von San Francisco, kennzeichnet das Ende eines Pioniers im 17. Jahr des modernen Funkzeitalters. Die mächtigen Türme, die wie Wächter des Pazifiks nahe des „Golden Gate“ standen, wurden Ende Januar dieses Jahres abgebaut und damit ist jede Erinnerung an diese Funkstelle aus diesem Gebiet verschwunden. Der Fortschritt und die Erweiterung von Wohngebieten verlangten auf diese Weise ihren Tribut. Die Küstenfunkstelle war die erste auf Meereshöhe gebaute Station an der Pazifik-Küste.Die Funkingenieure hatten vorher behauptet, daß ein wirkungsvoller Funkbetrieb mehr von der Höhe des Sendeortes als von seiner
Links: Die alte Rautenantenne von KFS, jetzt ein Teil der Vergangenheit.
Rechts: Die Russian Hill „PH“ Funkstelle der United Wireless Co.
Nähe zum Wasser abhänge. Die erste Station in Kalifornien wurde auf der Spitze des Mt. Tamalpais errichtet. Die nächste 1907 auf dem „Russian Hill“ im Herzen des Nordstrandbezirkes von San Francisco. Als aber die Anwohner massiven Protest gegen den Stakatolärm der offenen Funkenstrecke erhoben, wurde sie auf die Spitze des „Chronicle-Gebäudes“ verlegt, wo sie in Betrieb blieb, bis die „Hillcrest“-Station 1910 fertiggestellt war. 
Inzwischen hatte die „Massie Wireless Company eine 7.5 kW-Funkstelle in Richmond errichtet. Die Geräte waren damals auf dem neuesten Stand der Technik, wie im Bild beschrieben, aber heute würden sie außerhalb eines Museums nur flüchtiges Interesse auf sich ziehen.
Der 7.5 kW-Sender und die Empfangsausrüstung der Massie Wireless Station 1907 - 1909
Im Juli 1910 entschieden die Ingenieure der Federal Telegraph Company, daß die Höhe einer Funkstelle über See nicht so wichtig sei, wie eine gute Bodenableitung. Sie überlegten, daß die Antenne und die Erdverbindung die Wirkung eines Kondensators hätten, und deshalb die Entfernung zwischen diesen beiden Punkten der bestimmende Faktor für die Abstrahlung des Senders sei. Das war eine echte Revolution in den Theorien und markierte einen neuen Schritt in der Verbreitung dieser Technik. Es wurde ein Gebiet am Strand ausgewählt und angesichts vieler Widerstände mit dem Bau begonnen. Alle Augen waren auf den neuen Versuch gerichtet um zu sehen, ob die neue Theorie stichhaltig sei. Und so kam es, daß damals die neue Küstenfunkstelle auf der hügeligen Einöde von Sanddünen und Salzgras errichtet wurde, in welcher nun der Bau eines neuen Wohnviertels begonnen wird.
Abgesehen von der ursprünglichen Änderung des Antennen- und Erdsystems, waren die Ingenieure interessiert an einer neuen Sendertechnik, bekannt als Poulsen-Lichtbogen-Sender für die Ausbreitung kontinuierlicher Wellen (CW) und dem ersten im Betrieb leisen Funksender. Nach der Fertigstellung im September 1910, war es das erste Mal daß ein Poulsen-System in den Vereinigten Staaten in den Versuchsbetrieb ging. Obwohl die Original-Funkenstrecke noch sehr primitiv war, war die Station von Beginn an erfolgreich, und es dauerte nur eine kurze Zeit, bis Verbesserungen gemacht wurden, die den Gebrauch viel größerer Leistungen erlaubten, als vorher für möglich gehalten. Vom Originalsender mit 10 kW – ein starker Sender zu seiner Zeit – entwickelten die Ingenieure einen Lichtbogen mit einer Leistung von 30 Kilowatt.
Der original Lichtbogensender
 Dann wurden in schneller Reihenfolge Lichtbogen von 50, 100 und 250 kW entwickelt die erfolgreich arbeiteten, bis zu Beginn des Weltkrieges die Ingenieure mit der Entwicklung eines 500 kW-Lichtbogensenders für das Marine-Ministerium der Vereinigten Staaten in Annapolis (Md) beschäftigt waren. Der erfolgreiche Betrieb dieser Einrichtung bewies entscheidend, daß der Gebrauch hoher Leistung in Funksendern nicht nur möglich, sondern höchst praktikabel war und große Distanzen mühelos mit der neuen Ausrüstung überbrückt werden konnten. Als letzten Test baute die Palo Alto Factory einen 1000 kW-Sender und verschiffte ihn, gleich nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg, nach Bordeaux in Frankreich.
500 Watt Lichtbogensender in Pearl Harbor, T.H.
Der Aufbau und erfolgreiche Betrieb an der „Lafayette“-Funkstation zeigte die hohe Entwicklung dieses Senders, der von der Marine, nach deren Übernahme, an die französische Regierung verschenkt wurde. Er arbeitet jetzt im Transatlantik-Dienst. Es zeigte sich, daß die Küstenfunkstelle der Prototyp eines kommerziell konstruierten Funkensenders war, dessen Leistungsfähigkeit die Entwicklung des Telegraphiesenders auf der Welt entscheidend beeinflußt hat. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Küstenfunkstelle als kriegswichtig übernommen und betrieben, viele Verbesserungen wurden für die Bequemlichkeit der Funker und des technischen Personals, das hier untergebracht war, am Bau vorgenommen. 1921 wurde die Leitung wieder an die Federal Telegraph Company zurückgegeben. Im darauffolgenden Jahr spielte die Funkstelle eine wichtige Rolle bei der Rettung der brennenden SS „City of Honolulu“, die nach der verheerenden Verwüstung durch ein Feuer am Ende in der Mitte des Ozeans sank. Aufgrund der außerordentlich großen Distanz, die während des Tages mit dem Lichtbogensender erreicht werden konnte, war die Küstenfunkstelle in der Lage, direkt mit dem Dampfer „West Faralon“ zu verkehren, der, zu der Zeit als die „City of Honolulu“ unterging, ungefähr 1200 Seemeilen westlich von San Francisco stand. Der Kapitän des Dampfers wurde gebeten, unverzüglich zur Unglücksstelle zu fahren, um der Mannschaft und den Passagieren des unglücklichen Schiffes, die in den Rettungsbooten abtrieben, Hilfe zu leisten. Wäre diese Funkverbindung nicht möglich gewesen, wäre die Rettung zum Leidwesen der Insassen, die in den offenen Booten der Gewalt der See ausgesetzt waren, erst Stunden später erfolgt. Seit dieser Zeit hat die Funkstelle an verschiedenen sensationellen Rettungen teilgenommen, viele Details lesen sich eher wie Magazindichtungen als kaltblütige Tatsachen. Viele Seeleute verdanken ihr Leben den Funkern von KFS, die den Schiffen, die ohne Arzt fuhren, durch die schnelle Handhabung von funkärztlichen Telegrammen an das US Marine Hospital in San Francisco, einen unschätzbaren Dienst erwiesen haben. Funkärztliche Dienste sind in solchen Fällen kostenlos.
Die Konsequenz, mit der die Funkstelle ihren Weitverkehr mit Schiffen in allen Teilen des Pazifiks fortgeführt hat, war für die Seefahrt an der Pazifikküste außerordentlich wichtig. Routinemäßig arbeiten die Funker täglich mit Schiffen in den Gewässern von Australien, China, Japan, Alaska, Panama, der Karibik und des Westatlantiks, und es ist nicht mehr lange unmöglich, Funkverbindungen mit Schiffen in vier bis fünf Tausend Meilen Entfernung zu errichten. Schiffe, die majestätisch durch das „Golden Gate“ segeln, sind schnell von den Menschen an Land vergessen, aber nicht von den Funkern von KFS. Ihre Arbeit beginnt, wenn das Schiff den Hafen verlassen hat und endet,
Die Federal Telegraph Empfangsstation in Daly City, San Francisco, 1927
wenn es seinen Bestimmungshafen New York, Sydney, Manila oder einen anderen erreicht hat. Die „Daly City“-Funkstation ist eine der modernsten Stationen die im Lande existiert. Mit modernsten Geräten ausgerüstet befindet sich die Empfangsstelle mit den Funkern in Daly City, während die Sendestelle mit dem technischen Personal im Marschland in der Nähe von Palo Alto liegt.
Diese Trennung macht es möglich, mit zwei Schiffen gleichzeitig zu verkehren. Die neuesten Empfänger wurden installiert, sie arbeiten in Verbindung mit einer Loop- und einer Vorhangantenne, aber auch mit Richtantennen. Über eine Telegraphenleitung ist die Funkstelle mit den Behörden verbunden, während eine städtische Telephonleitung persönlichen Kontakt zwischen dem diensthabenden Funker und den Mitarbeitern verschiedener Reedereien ermöglicht, so daß diese unmittelbar über die Bewegungen ihrer Schiffe informiert werden können, gerade so, als würden sie selbst mit den Schiffen sprechen.
Der neue KFS-Betriebsraum in Daly City

Zur Seefunk-Homepage
Version 11-oct-99 / Rev.: 21-Aug-06 / 11-Jun-11 / HBu