Heinrich Hertz: Entdecker der elektromagnetischen Wellen (II)
Ein Aufsatz von Dipl.Ing. Joachim Kniestedt, Bonn - Abdruck mit freundl. Genehmigung des Verfassers und der
Redaktion der "Telekom Unterrichtsblätter" - Fotos + Grafiken: Dipl.Ing J. Kniestedt

8. Hohe Anerkennung für den Entdecker der Wellen
Über die Entdeckung der Wellen und die verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen in den Jahren 1887/1888 schrieb Hertz einen ausführlichen Forschungsbericht für die Berliner Akademie der Wissenschaften. Den Bericht mit dem Titel "Über Strahlen elektrischer Kraft" hat Hertz aber nicht selbst der Akademie vorgetragen. Das tat sein Lehrer von Helmholtz am 13. Dezember 1888, dem Hertz auch den Bericht "in tiefster Ehrfurcht und Dankbarkeit" gewidmet hatte. Der Bericht stellte für den erst 31jährigen Hertz die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Arbeit dar. Er führte darin unter anderem aus: "Wir haben die von uns untersuchten Gebilde als Strahlen elektrischer Kraft eingeführt. Nachträglich dürfen wir dieselben vielleicht auch als Lichtwellen von sehr großer Wellenlänge bezeichnen"
Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen und der Beweis, dass sie sich wie Licht verhalten und ausbreiten, brachte für Hertz weltweit große Anerkennung unter den Wissenschaftlern. Er wurde von der Royal Society nach London eingeladen und dort von der Königin empfangen und besonders geehrt. In London traf er mit berühmten englischen Physikern zusammen. Die Gesellschaften und Akademien der Wissenschaften Italiens, Frankreichs und Österreichs verliehen Hertz hohe Auszeichnungen. Die preußische Regierung ehrte ihn mit dem Kronen-Orden.

9. Hertz an der Universität Bonn
Nach dem großen Erfolg von Hertz an der Technischen Hochschule Karlsruhe hätte sein Lehrer Helmholtz ihn persönlich lieber wieder in Berlin gehabt. Aber aus den Angeboten für eine Professur in Berlin, Bonn und Gießen wählte sich Hertz Bonn als künftige Wirkungsstätte aus. Von Helmholtz zeigte Verständnis für diese Wahl und schrieb damals: "Wer noch viel wissenschaftliche Arbeiten vor sich sieht, die er ergreifen möchte, bleibt den Großstädten fern".
An der Universität Bonn übernahm Hertz als ordentlicher Professor die Leitung des Physikalischen Instituts. Für die Vorführung der elektromagnetischen Wellen ließ er die Geräte nach den Mustern von Karlsruhe nachbauen. Er hat dabei mit seiner handwerklichen Geschicklichkeit selbst geholfen. So entstanden zwei Parabol-Reflektoren mit Sende- und Empfangsdipol, zwei ringförmige Resonatoren und ein rechteckiger Polarisator. Die historisch wertvollen Geräte sind noch heute erhalten und können für die Vorführung benutzt werden. Hier sei erwähnt, dass die von Hertz in Karlsruhe benutzten Geräte im Jahre 1913 an das Deutsche Museum nach München abgegeben wurden.
Das Physikalische Institut erlangte unter der Leitung von Hertz in kurzer Zeit Weltruf. Von seinen immer gut besuchten Vorlesungen wird berichtet, dass sie für den Anfänger einfach und klar waren, für Vorgebildete belehrend und anregend. Von der Tätigkeit in Bonn seien hier die Versuche mit Kathodenstrahlröhren und die erste Anwendung einer Art von Koaxialkabel für die Fortleitung elektrischer Ströme und Wellen genannt. Über ein solches 5 m langes Kabel übertrug Hertz Wellen von 6 m Länge.
Aus der Bonner Zeit ist besonders ein Vortrag hervorzuheben, den Hertz im Jahre 1889 vor der Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Heidelberg gehalten hat. Die Vorbereitung zu dem Thema "Über die Beziehungen zwischen Licht und Elektrizität" bereitete ihm viel Mühe. An seine Eltern, mit denen er einen regen Briefwechsel führte, schrieb er darüber. "Was ich herausbringe, ist dennoch meiner aufrichtigen Meinung nach für den Laien unverständlich, für den Fachmann trivial, mir selbst ekelhaft."
Aber seine Befürchtung war unbegründet denn der Vortrag wurde ein großer Erfolg. Man bezeichnete ihn als ein "Immer gültiges Muster einer populären Darstellung einer schwierigen, neuen wissenschaftlichen Erkenntnis". Hertz begann den Vortrag mit der überraschenden Behauptung: "Das Licht ist eine elektrische Erscheinung, das Licht an sich, alles Licht, das Licht der Sonne, das Licht einer Kerze, das Licht eines Glühwurms. Nehmt aus der Welt die Elektrizität und das Licht verschwindet."

10. Letzte Lebensjahre und früher Tod von Hertz
Bald nach der Übersiedlung nach Bonn klagte Hertz über gesundheitliche Störungen. In dem Tagebuch, das er immer geführt hat, bemerkte er Mitte 1889: "In hohem Grade nervös abgespannt". Zuerst waren es häufig Zahnbeschwerden. Daraus entwickelte sich eine schmerzhafte Nasen- und Ohrenentzündung.

 Eine erste Kieferoperation im Oktober 1892 brachte nur vorübergehend eine Besserung. Das Knochenleiden verschlechterte sich im Herbst 1893 so sehr, dass er seine Arbeit immer häufiger unterbrechen musste. Am 7. Dezember 1893 hielt Hertz seine letzte Vorlesung. Zwei Tage später schrieb er an seine Eltern-, "Wenn mir wirklich etwas geschieht, so sollt ihr nicht trauern sondern ein wenig stolz sein und denken, dass ich dann zu den besonders Auserwählten gehöre, die nur kurz leben aber doch genug leben. Dies Schicksal habe ich mir nicht gewünscht und gewählt, aber wo es mich getroffen, muss ich zufrieden sein, und wenn mir die Wahl gelassen wäre, würde ich es vielleicht selbst gewählt haben." Am 1. Januar 1894 starb Hertz in Bonn nach qualvollen, zuletzt unerträglichen Schmerzen an einer allgemeinen Blutvergiftung wenige Wochen vor seinem 37. Geburtstag. 
Er wurde in seiner Heimatstadt Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt. (Bild 7)

Sein 72jähriger Lehrer und Freund von Helmholtz hielt die Gedenkrede. Deutschland und die Welt hatten allzu früh einen der großen Physiker verloren. Wenn es Hertz vergönnt gewesen wäre, so alt wie von Helmholtz zu werden, dann hätte er noch die ersten Rundfunksendungen im Jahre 1923 und die ersten Fernsehübertragungen im Jahre 1929 über "seine" Wellen erlebt.

11. Hertz gesammelte Werke
Die Erkenntnisse aus den umfangreichen Versuchen und Forschungen von Hertz sind der Nachwelt erhalten geblieben. Es gelang ihm noch, trotz der schweren Krankheit alle seine Berichte in drei Bänden als gesammelte Werke zusammenzufassen. In dem ersten Band ist der Heidelberger Vortrag von Hertz "Über die Beziehungen zwischen Licht und Elektrizität" abgedruckt. Der zweite Band enthält alle Berichte der "Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft". Für den dritten Band hat von Helmholtz nach dem Tode von Hertz ein 16seitiges Vorwort geschrieben und darin die Persönlichkeit und das Werk des großen Wissenschaftlers besonders gewürdigt. Einige Zeilen davon sind in der Einleitung dieses Beitrages angeführt. Mit dem Vorwort hatte von Helmholtz seine letzten Zeilen geschrieben denn einen Tag danach erlitt er eine Gehirnblutung. Er starb am 8. September im selben Jahr wie Hertz, 1894.

12. Nutzung und Würdigung der Hertzschen Entdeckung
Hertz war zu sehr Wissenschaftler und konnte sich die Nutzung der elektromagnetischen Wellen zum Beispiel für die Nachrichtenübermittlung nicht vorstellen. Auf eine Anfrage eines Ingenieurs im Jahre 1889 hierzu hat er geantwortet, dass die Schwingungen zu langsam und die Apparate zu klein seien, um eine solche Nutzung auch nur annähernd zu ermöglichen.
Aber nur wenige Jahre nach dem Tod von Hertz gelang es dem Italiener Guglielmo Marconi (1874-1937) und dem Russen Alexander Popow (1858-1906), Entfernungen von einigen hundert Metern mit den elektromagnetischen Wellen zu überbrücken. Die ersten Worte, die Popow 1896 telegraphisch über die Wellen übertrug, lauteten: "Heinrich Hertz".
Ein Jahr später führte Adolf Slaby (1849-1913) mit seinem Assistenten Georg Graf von Arco (1869-1940) die ersten Versuche mit den Wellen in Deutschland durch. Sie sendeten im Beisein von Kaiser Wilhelm 11. vom Glockenturm der Heilandskirche in Sacrow über 1,6 km zur Marinestation an der Glienicker Brücke in Potsdam. Bereits im Jahre 1901 gelang es Marconi, die Wellen über den Atlantik zu senden und in Neufundland zu empfangen.
Von den vielen Würdigungen des Lebens und Werkes von Hertz können hier nur einige aufgeführt werden. Im Herbst 1927 gründete die Deutsche Reichspost zusammen unter anderem mit dem Verband Deutscher Elektrotechniker das, Heinrich-Hertz-Institut für Schwingungsforschung". Drei Jahre später schlug Deutschland in der "International Electrical Commission" (IEC) vor, als physikalische Einheit der Frequenz und damit für die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde die Bezeichnung "Hertz" einzuführen. Im Jahre 1935 wurde der Vorschlag mit der Abkürzung "Hz" angenommen. Auf den Skalen der Rundfunkempfänger Werden seit dem die Frequenzen der Sender in Kilohertz (kHz) und Megahertz (MHz) angegeben. Bis dahin hatte man die Sender mit der Wellenlänge in Meter gekennzeichnet.
Die Technische Hochschule Karlsruhe - seit 1967 ist sie Universität - ließ im Jahre 1925 zum 100. Jahrestag ihrer Gründung im Ehrenhof eine Büste von Hertz aufstellen, deren Entwurf von der Hertz-Tochter Mathilde stammt. Drei Jahre später fand auf der Funkausstellung in Berlin eine Heinrich-Hertz-Gedenkfeier statt, auf der ebenfalls eine Hertz-Büste enthüllt wurde. Ehrengast auf der Feier war die Witwe von Hertz, Elisabeth Hertz.
Als sich der Geburtstag von Heinrich Hertz im Jahre 1957 zum 100. Male jährte, veranstaltete der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zusammen mit der Technischen Hochschule Karlsruhe eine Gedenkfeier. Von der Feier sandte der Bundesminister folgendes Telegramm an die damals in England noch lebenden Töchter von Hertz, Mathilde und Johanna Hertz: "Nach der eindrucksvollen Feier ist es mir ein Herzensbedürfnis, Ihnen mitzuteilen, dass wir Ihres großen Vaters an seinem 100. Geburtstag in Verehrung und Dankbarkeit gedacht haben."
Die Deutsche Bundespost taufte im Jahre 1968 den Fernsehturm in Hamburg auf den Namen "Heinrich-Hertz-Turm" und ehrte damit den bedeutenden Sohn der Hansestadt. An dem Haus von Hertz in Bonn erinnert eine Plakette daran, dass Heinrich Hertz, der die Grundlagen der Funktechnik schuf, dort von 1889 bis 1894 gewohnt hat.
Viele Wissenschaftler haben das Werk von Hertz gewürdigt und wiederholt an seine Bedeutung erinnert. So sagte der Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein (1879-1955) in seiner Festrede zur Eröffnung der Funkausstellung in Berlin im Jahre 1930: "Wenn ihr den Rundfunk hört, so denkt daran, wie die Menschen in den Besitz dieses wunderbaren Werkzeuges der Mitteilungen gekommen sind. Denkt an Maxwell, der die Existenz elektrischer Wellen auf mathematischem Wege aufzeigte, an Hertz, der sie zuerst mit Hilfe des Funkens erzeugte und nachwies."

Dipl.-Ing. Joachim Kniestedt, Bonn
Literaturhinweise
Hertz Heinrich: Gesammelte Werke, Band 1, 11 und 111, Leipzig, 1894.
Hertz, Heinrich: Über die Beziehungen zwischen Licht und Elektrizität, Bonn, 1900.
Hertz, Johanna: Heinrich Hertz, Erinnerungen, Briefe, Tagebücher, Leipzig, 1927, neu aufgelegt von Mathilde Hertz zusammen mit Charles Süsskind, Physik Verlag, Weinheim, 1977, -
Kuczera, J.: Heinrich Hertz, Entdecker der Radiowellen, Leipzig 1975.
Beyrer, Klaus-. Hertz und die Anfänge der Funkentelegrafie, Archiv für Deutsche Postgeschichte, 2/1988, Seite 1 55-168.
Kniestedt, Joachim: Heinrich Hertz - Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen vor 100 Jahren, Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, 1/1989, Seite 41-57.
Kniestedt, Joachim: Leben und Werk von Michael Faraday, telekom praxis 7/1992, Seite 43-47.
Zum Teil 1:
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