Ein Schiff mit voller GMDSS Ausrüstung für das Seegebiet A3
Bericht  © 2010: Joachim Paul, DJ7WL

Die Ablösung des Seefunks durch das GMDSS (Global Maritime Distress Safety System)  erfolgte 1999. Es gab noch einige Übergangsfristen, endgültig im vollen Betrieb war das System dann zum 1.2.2005. 
Unter dem Begriff „MRCC Klaipeda“ habe ich die Planung, Inbetriebnahme und Erprobung einer GMDSS Küstenfunkstelle bereits beschrieben. Dort sind auch die GMDSS Gebiete A, A2, A3 und A4 erwähnt.
Hier möchte ich nun die Gegenseite, ein Schiff mit voller GMDSS Ausrüstung, beschreiben.
Es handelt sich um die „Husky Runner“. Sie wurde 1997 bei der Schiffswerft Sietas in Hamburg Neuenfelde gebaut, ich habe die Inbetriebnahme auf dem Schiff durchgeführt und an der Probefahrt teilgenommen. Während der Probefahrt wurden die Schiffsoffiziere in die Benutzung des GMDSS Systems eingewiesen.

Foto links:  Das Achterschiff der "Husky Runner" / VSRJ3

Sehr schön zu sehen  ist das Freifall-Rettungsboot. Auf der Probefahrt habe ich an der Erprobung und Demonstration dieses Freifall-Rettungsboot teilgenommen um anschließend nach dem Fall die Funktion des Debeg 5900 SART (Search and Rescue Transponder) vorzuführen. Zwei dieser Geräte sind auf dem Schiff installiert. Ein Gerät im Rettungsboot sowie ein zweites Gerät neben dem steuerbordseitigen Ausgang der Brücke. Dieser Transponder ermöglicht die leichtere Auffindung des Rettungsbootes durch Rettungsschiffe. Wenn ein 9GHz Radarsignal vom Debeg 5900 empfangen wird sendet es umgehend einen 9 GHz codierten Puls aus, der vom Suchschiff als eine Reihe von Strichen, ausgehend von der Position des Rettungsbootes, auf dem Radarbildschirm

dargestellt wird. Zusätzlich sendet der Transponder beim Empfang von 9 GHz Radarsignalen akustische Signale aus. Dieses signalisiert den Rettungsbootinsassen, dass Hilfe auf dem Wege ist. 
Ansonsten möchte ich feststellen, dass das Freifallen mit einem derartigem Rettungsboot nicht mein Hobby geworden ist. Man sitzt fest angeschnallt mit dem Rücken in Fallrichtung und ist froh wenn man heil aufgekommen ist.
Freifall Rettungsboot Innenansicht
Debeg 5900 SART
Die Brücke der "Husky Runner" / VSRJ3
Debeg 6348 mit DSC Controller Debeg 3817
Es wurden 3 UKW Seefunkgeräte installiert zwei davon mit DSC „ Digital Selectiv Call“
Die beiden DSC Geräte erhalten permanent die aktuelle Position vom GPS System geliefert.
Im Falle eines Notrufes ist somit diese aktuelle Positionsangabe mit eingebunden.
Die beiden DSC Geräte wurden links und rechts vom Steuerstand installiert und das dritte Gerät in der Funkkonsole.
UKW 1 Debeg 6348 mit DSC Controler Debeg 3817R
UKW 2 Debeg 6348 mit DSC Controler Debeg 3817
UKW 3 Debeg 6348
Debeg 6348 UKW 
Debeg 3817 DSC
Der Steuerstand des Schiffes
Es wurden drei GMDSS UKW Handfunkgeräte Typ Debeg 6701 installiert.
Debeg 6701
Debeg 6701 Nahansicht
EPIRB Debeg 3540 WH
Diese Rettungsboje wird typisch auf dem Peildeck im dazugehörigen Container installiert.
Wenn das Schiff sinkt wird der Container bei einer Wassertiefe von ca. 4 Meter automatisch geöffnet und die EPIRB wird ausgestoßen. Diese EPIRB arbeitet mit dem Cospas/Sartsat Satellitensystem zusammen. Die Notrufaussendung beginnt automatisch nach dem Kontakt mit dem Wasser. Der Notruf wird auf 406 MHz ausgestrahlt. Die Peilfrequenz für Suchflugzeuge auf 121,5 MHz wird aktiviert. Die Aussendung auf 406 und 121,5 MHz finden permanent im Wechsel statt. Zusätzlich wird ein Blitzlicht an der Boje eingeschaltet.
Der Notruf wird vom nächsten, relativ niedrig fliegendem Cospas/Sartsat  Satelliten aufgefangen, abgespeichert und bei der nächsten Bodenstation abgeliefert. Enthalten in der Notmeldung ist eine Positionsangabe, die nach dem Dopplerverfahren ermittelt wurde. Die Positionsgenauigkeit liegt typisch in einem Radius von 5 KM.                                                          Rechts:  Debeg 3540 WH
Zwischen der Aussendung und der Ankunft der Notmeldung am MRCC kann je nach Breite der Position eine Zeit von einer Stunde vergehen. Der Nachteil des Cospas/Sartsat Systems ist diese Zeitspanne. Der Vorteil ist, dass es auch in arktischen- und antarktischen Gewässern funktioniert. Dagegen arbeiten L-Band EPIRBs über das Inmarsat System. Eine Notmeldung landet unmittelbar beim zuständigen MRCC. Die L-Band EPIRBs werden permanent mit einer aktuellen GPS Position versorgt und arbeiten mit einer Positionsgenauigkeit von einigen Metern.
Wachempfänger Debeg 2110 (Foto links)

Dieser Empfänger scannt permanent die folgenden 6 Sicherheits und Seenot-Frequenzen: 
2,187.5 -  8,414.5 -  4,207.5 -  6,312 - 12,577 - und  16,804.5 KHz.
Beim Empfang einer Sicherheits- oder Notrufmeldung wird Alarm ausgelöst.

Grenz- und Kurzwellen Sende/Empfänger Debeg 3100
Das Debeg 3100 Gerät besteht aus drei Komponenten: Der eigentlichen Sende/Empfangseinheit Debeg 3142, die im inneren Kommunikationsgestell untergebracht wurde, der Bedieneinheit Debeg 3100, installiert an der Frontseite des Kommunikationsgestells und dem Antennenkoppler Debeg 3140, installiert am Fußpunkt der Antenne.

Die Bedieneinheit Debeg 3100
Die Verbindung zwischen der S/E Einheit und dem Koppler wird über ein 50 Ohm Koaxkabel durchgeführt. In dieses System wurden noch die folgenden Geräte integriert. Ein DSC Controller Debeg 3818, ein Telex Modem Debeg 2157 und ein Message Prozessor Debeg 3657E. Der Anschluss an das bordseitige GPS System war vorhanden. Dazu waren die Displays sowie die Tastaturen integriert. 

Das Telex-Modem Debeg 2157
Um Platz auf dem Konsolentisch zu sparen waren die Tastaturen für alle Geräte ausziehbar unter dem Tisch angeordnet. Neben dem Sicherheits- oder auch Seenotverkehr sowie dem normalen Betrieb war das Gesamtsystem in das schwedische Maritex System eingebunden. Dieses System erlaubte den vollautomatischen Telex Betrieb von Bord des Schiffes zu jedem Telex Anschluss weltweit. Auch in der umgekehrten Richtung war der vollautomatische Betrieb möglich. Der Operator an Bord musste sich um den Verbindungsauf- oder Abbau nicht kümmern. Auch die passenden Frequenzen vereinbarte das Bordsystem vollautomatisch mit der Küstenfunkstelle.
Es handelte sich um ein komplexes System mit vielen Komponenten und die Ausfallrate war relativ hoch. Viele Reedereien haben das Maritex System später durch Inmarsat Verbindungen ersetzt welche mehr Möglichkeiten boten und unter dem Strich preisgünstiger waren.
Der DSC-Controller Debeg 3818 DSC
Das Maritex System basiert auf dem Sitor System im ARQ-Betrieb, also einer fehlerkorrigierenden Betriebsart. Wir haben viele Sitor Systeme installiert auf deutschen aber auch auf ausländischen Schiffen. Nach der Installation und Inbetriebnahme wurde der Funkoffizier oder ein sonstiger Anwender in den Betrieb eingewiesen. Dafür musste eine geeignete Küstenfunkstelle ausgewählt werden. Es gab z.B. Bern Radio, Scheveningen Radio, Portishead Radio, Norddeich Radio und andere. Außer Norddeich Radio erlaubten alle anderen aufgezählten Station den vollautomatischen Verbindungsaufbau sowie die selbstständige Durchwahl zur gewünschten Telex Station an Land. Bei Norddeich musste man lange Zeit den Wunsch für eine Sitor Verbindung per Telegrafie übermitteln. Norddeich stellte die Verbindung zum Teilnehmer per Hand durch und wenn die Verbindung stand kam das „go“ dann per Taste! Wenn ich also ein Sitor System vorführen musste welche Station habe ich dann wohl ausgewählt?  Mit welcher Küstenfunkstelle  hat der Funkoffizier später seine Verbindungen abgewickelt? Die Funkinspektoren vom Funkamt 6 sowie das Personal und den Leiter von Norddeich habe ich mehrfach darauf angesprochen. Die typische Antwort war „Erst muss der Bedarf da sein dann rüsten wir auf“ Später hat die Debeg Norddeich mit einem vollautomatischem Sitor System ausgerüstet, da waren aber die lukrativen  Zeiten schon vorbei.
Funkkonsole linke Seite
Funkkonsole ganze Länge
Die Stromversorgung des GMDSS Systems
Bei der Notstromversorgung gibt es folgende Möglichkeiten:
Versorgung aus der normalen Bordstromanlage wie z.B. dem Wellengenerator. 
Versorgung aus einem speziellen Notgenerator mit automatischem Start.
Wenn ein Notgenerator vorhanden ist muss die Notbatterie den Betrieb aller GMDSS Geräte für eine Stunde gewährleisten. Bei einer normalen Versorgung muss die Notbatterie 6 Stunden den Betrieb ermöglichen. Für die Aufladung der Batterie muss ein vollautomatisches Ladegerät sorgen. Auch die unterbrechungsfreie Umschaltung zwischen den verschiedenen Betriebszuständen wird durch das Debeg 9216 erledigt.
Ladestation Ansicht 2
Ladestation Ansicht 2
Inmarsat Standard C Gerät Typ Debeg 3220B mit Message Terminal Debeg 3220PE
Die Inmarsat Standard C Anlagen sind ein wichtiger Bestandteil im GMDSS System. Um einen Distress Ruf auszusenden müssen zwei Tasten gleichzeitig für mindesten 5 Sekunden gedrückt werden. Bei meinen Bordbesuchen habe ich häufig festgestellt, dass die Schiffsoffiziere wegen der einfachen übersichtlichen Bedienung, wann immer möglich, die Standard C Anlagen zur Kommunikation genutzt haben und nicht die anderen an Bord vorhandenen Kommunikationsanlagen.
Message Processor 3220P und Inmarsat-C-Transceiver 3220B
Inmarsat Standard C Anlage Debeg 3220 komplett
Inmarsat Standard B Anlage Typ Debeg 3230
Weil die Debeg 3230 an keiner Notstrom Versorgung angeschlossen ist gehört sie nicht zum direkten GMDSS Geräte Umfang an Bord. Von der angeschlossenen Distress Schaltstelle aus wird der Notruf aktiviert und landet kurze Zeit später beim einprogrammierten MRCC. Auf dem Bild „ Ladestation Ansicht 1“ ist die Distress Tafel zu sehen. An anderer Stelle hier auf der Seefunk Homepage habe ich sehr ausführlich über die Kommunikationsmöglichkeiten einer Inmarsat Standard B Anlage berichtet.

Navigationsecke
In der Navigationsecke wurden ein Debeg 2900 Navtex Empfänger sowie ein Loran Gerät LRX22P und ein DGPS Trimble NT 200 installiert. Das DGPS Gerät liefert die Positionsdaten über eine Verteilung an alle GMDSS Geräte und darüber hinaus auch noch an die Radargeräte etc.

Kartentisch
Navtex-Empfänger Debeg 2900
Loran Gerät LRX22P
Radargeräte
Ein 3 cm sowie ein 10 cm Radar System wurde auf dem Schiff installiert und in die Brücken Konsole integriert.

Die Radar-Antennen
Die Schiff 140 Meter lange und 25 Meter breite "Husky Runner" / VSRJ3 ist nach wie vor in Fahrt. Im April 2010 habe ich  es über den AIS Live Dienst Fleetmon vor der Küste von Griechenland geortet.
Joachim Paul, im Juli 2010
Bildnachweis:
Bilder 1, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 14, 15, 17, 18, 19 und 20 Urheber gem. §7 Urh.G.: Joachim Paul, DJ7WL. (Mit freundl. Genehmigung 2010)
Bilder 11 und 12 Quelle: SAM Electronics
Bild 22 Quelle: FLEETMON live AIS
Bilder 6, 7, 13, 21, 23, 24, 25, 26 und 27  Urheber gem. §7 Urh.G.: Heinrich Busch, Berne
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Version: 07-Sep-10 / Rev.: 09-Jun-11 / HBu