Marconi - Antennenheizer - Sparks . . .
Bericht: © ex Funkoffizier Günter Klepke  -  Fotos (2): H. Busch, Berne

Ein Realschüler mit Abschluss als ‘Fernsehklempner’, ein abgebrochener Gymnasiast, einer vom Bund, der morsen konnte oder ein Elektriker. Manche kamen auch aus einem ganz anderen Beruf, oder hatten gar keinen. Eine illustre Gesellschaft. So einige hundert Schiffe hatte das Land. Funker waren Mangelware! Die Ausbildung war recht solide: hohe fehlerfreie Abgabe und Aufnahme von Morsezeichen. Ausbildung und Prüfung am Streifenschreiber ohne Mithörton. Praktische Fertigkeiten hatten da zu sein, hier wurde nichts mehr vermittelt. Die Kenntnisse der englischen Sprache trafen wohl das Anforderungsprofil, sie stellten eine gute Basis dar. 
Der Krieg, der Vater aller Dinge, hatte der Menschheit Radar beschert. Einige Grundlagen hierzu, mehr kam nicht. Die anderen Länder verhielten sich ähnlich abwartend: So etwas wie die Titanic, das musste vermieden werden. Also konnte man nicht auf den Funker verzichten. Vorsichtige Orientierungsversuche aus dem Funker einen Bord-Elektroniker zu machen, verliefen sich: hatte doch ein großer Teil gar keine Berufsausbildung in diesem Fach. 
Trotz allem, das System funktionierte. Für manch jungen Menschen eine tolle Chance, die Welt zu sehen. Alternativen wie den Ferntourismus gab es noch nicht. Man hatte Liegezeiten und die Arbeit wurde gut bezahlt. Immerhin, hier fand mancher einen Ausweg und konnte viel Geld sparen. Keine Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung. So etwas will heute erst einmal gefunden werden! Legte man strengere Maßstäbe an, so sah manches anders aus: Voraussetzungen für ein Hochschulstudium der Elektrotechnik und ein technisches Können, was selten an Bord abgefordert wurde, ließen viele nur eine kurze Zeit auf See bleiben. Berufliche Weiterbildung wurde erst zögerlich als notwendig gesehen. Technologisch gab es einen Nachlauf der Kriegsentwicklungen und Neues kam nur sehr langsam in die Seefahrt. Da gab es die “Brotkiste”, den Funkempfänger E381H. 1932 von Telefunken auf den Markt gebracht. 1934 kam die verbesserte Ausführung der E381S. Von 14,6 kHz bis 20 MHz in 10 Bereichen. Ein Zweikreiser, ein Geradeaus-Empfänger: Wer kennt so etwas noch? Schon vor dem Kriege sehr bewährt.

Fiel die Versorgungsspannung aus, so konnte das Gerät für die 500 kHz als Detektor-Empfänger betrieben werden. In unseren Zeppelinen wie der LZ129 - der Hindenburg - zweimal vorhanden und auch auf unseren U-Booten benutzt. In der Seefahrtschule in Lübeck 1960 noch gesehen. Oder aber der Sender S356S - unter einer Lupe konnte man die Frequenz genau einstellen. Der Antrieb mit einer Fahrradkette. 1967 “in der Fahrt” noch gesehen! Kuriositäten einer Entwicklung! Phantastisch die Variometer in dem Sender. Lübeck - Gotland und mit Kalksteinen zurück zum Hochofenwerk nach Lübeck. Ein alter Funker praktizierte hier den gleitenden Übergang in die Rente. Den NF-Ausgang des Automatischen Alarmgerätes Lo572 hatte er mit einem RC-Glied abgeschlossen: die dicken braunen Kondensatoren gingen am besten. “Die Grenzfrequenz? - das sei nicht wichtig, braun müsse der Kondensator sein!” Jetzt sei ein Fehlalarm als Folge atmosphärischer Störungen viel seltener. Listig schwatzte er mir einen dieser Wima-Kondensatoren auf. Hiermit würde ich in der großen Fahrt viel ruhiger schlafen - nun ja! 

Viele Entwicklungen, die später bedeutungslos wurden: mechanische Zerhacker. Man erinnere sich, in jenen Tagen hatten viele Autos eine 6 Volt - Batterie. Aus dieser Gleichspannung sollte dann die Betriebsspannung für ein Autoradio ‘gemacht’ werden: Waren die Ströme nicht zu groß, so war ein mechanischer Zerhacker das Richtige. So wurde auch der E566 betrieben

Häufig hatten die Schiffe ja als Bordspannung 220 V Gleichspannung. Diese “Gleichstrom-Schiffe” hatten es in sich. Die Controler für die Winschen wurden ja beim Laden oder Löschen mit eigenem Geschirr von einer Land-Gang gefahren. Wenn nun diese Controler zu zögerlich bedient wurden, so bildete sich ein Lichtbogen und die Kohle, die den Kontakt zu der Kupferschiene bilden sollte, schmolz in diesem Lichtbogen regelrecht ab. - “Hatch Number Three, Stop-Time!” Manchmal habe ich dem Blitz geholfen, die Deck-Elektrik zu reparieren. 

Viele Seeleute hatten als Rundfunkgerät die "Philetta" in Gebrauch: das beliebte Konfirmationsgeschenk in den 50er Jahren. Quecksilberdampf-Gleichrichterröhren, Allstromempfänger, U-Röhren und vieles, was später wieder verschwand. Man erinnere sich an den Starfighter F104-G, er hatte einen analogen Waffenrechner. Die Elektronik, in den 60er Jahren benutzt, wurde natürlich in den 50ern konzipiert. Damals hatte man auch Subminiaturröhren, eine Entwicklung, die später völlig beendet wurde. Trickreich die Modulation des Mittelwellensenders. Ein 500 Hz-Umformer lieferte die hohe Modulationsleistung bei Anoden-Schirmgitter-Modulation: jetzt konnte “Telegrafie tönend” gesendet werden. “Sie haben 220 V Wechselspannung und unser Passagier hat einen Rasierer für Wechselspannung: also bitte!”  So mein Kapitän. Wie man aus Gleich- Wechselspannung macht, das wusste er also - dass der Braun-Rasierer einen Schwing-Ankermotor besaß, der bei höherer Frequenz der Wechselspannung immer “besser” rasierte, das wusste er nicht so ganz. Die gebrochenen Federn im Rasierer überzeugten später dann beide. Mit diesem Notstrom-Umformer, im Leerlauf betrieben, entlud ich dann die 24 V Notstromquelle bis zu einer definierten Entladespannung. Dann konnte man mit einem kleinen Strom und einer langen Ladezeit die Batterien pfleglich wieder aufladen. Mit solchen Argumenten begegnete ich dem Alten, der mir im Hafen einen freien Tag geben wollte. 

Diese Umformer, sie waren eigentlich überall eingebaut: im Schreibtisch der Seefunkstelle, im Maschinenraum an unmöglichen Stellen, im Schornstein und nur einmal, sehr komfortabel, in einem eigenen Umformerraum. Eine beliebte Prüfungsfrage: “Wie pflegen Sie die Umformer?” - “Ich pflege ihnen aus dem Wege zu gehen!” 

Und Leinen los – längst war die Brücke mit Wetterberichten versorgt: für den Kanal den Wetterbericht von Norddeich auf der 2614 kHz – zusätzlich den Wetterbericht von BBC, Radio 2, The Light Programme – damals noch auf 200 kHz, Droitwich – einmal um die Britischen Inseln. Vor dem Auslaufen noch die Nautischen Warnnachrichten. Dann die Traffic List von Norddeich. Waren ausländische Passagiere an Bord, so lohnte es auch noch, andere Küstenfunkstellen zu hören. Der Bedienteil des VHF Lorenz SEM7 konnte wahlweise in der Seefunkstelle oder auf der Brücke neben dem Radar angeschlossen werden. Längst hatte er seinen Platz auf der Revierfahrt neben dem Radargerät. Dem Kapitän war die SeeFuSt. klar gemeldet worden: Das Automatische Alarmgerät war geprüft worden. Das tragbare Funkgerät für Rettungsboote war in Ordnung. Die Antennen waren betriebsklar aufgebracht. Prüfeinrichtungen, Reserveteile und Werkzeuge waren vollzählig. Die Notstromquelle hatte unter Last 24 V und die Säuredichte war 1,28 g/cm³. Man tat gut daran, lose Gegenstände in der Seefunkstelle und in der Kammer festzusetzen: Schließlich‚ hauste man ganz oben und die Auslenkung des Schiffes beim Rollen war hier am größten. 

Zwei holländische Piratensender: Radio Veronica, 1560 kHz und Radio Caroline auf 1185 kHz wurden von uns Seeleuten gerne gehört. Sender, auf Schiffen installiert, und vor der Küste, außerhalb der Hoheitsgewässer, betrieben. Später auch noch “Radio Nordsee International” auf 262 Meter. Eines dieser Schiffe geriet einst in Seenot: der Mittelwellensender wurde abgeschaltet und das jetzt nur noch Schiff, rief nach den Regeln der Radio Regulations um Hilfe. Diesen Sendern haftete der Reiz des Verbotenen an, sie machten ein flottes Programm. Daneben aber auch Radio Luxemburg – „The Station of Your Stars“ – auf 1440 und 6090 kHz war auch sehr populär. Europawelle Saar auf 1580 kHz war weit im Atlantik aber auch gut im Mittelmeer zu hören. Der Deutschlandfunk auf Mittelwelle und auch auf 151 kHz rundete das Programm ab. Dann natürlich noch die Deutsche Welle - auf 11785 kHz gut empfangbar - lese ich in alten Aufzeichnungen. Eine Antennenanlage für den Rundfunkempfang war meist nicht vorhanden. War sie doch da und das Schiff nicht gerade ein Neubau, so war sie oft kaputt. Außenantennen durften die Seeleute nicht bauen. Das beeinträchtige den Navigationsfunk, so argumentierte man damals. 

Im Kanal waren die englischen Küstenfunkstellen mit Wetter und nautischen Warnnachrichten präsent. Das taten die französischen Küstenfunkstellen zwar auch, aber meist nur in französischer Sprache. Mein Kapitän schaute mich aus dunklen Augen an als ich sie ihm vorlegte. The White Cliffs of Dover, die Isle of Wight: Niton Radio/GNI und Land’s End Radio/GLD bekamen noch ein TR. Und mit Land’s End verschwand Europa aus dem Blickfeld. Lange noch, fast bis Mitte Atlantik konnte man die beiden irischen Küstenfunkstellen EJM und EJK, Malin Head und Valentia Radio arbeiten. Ihr Verkehrsaufkommen war klein, aber sie machten eine gute Hörbereitschaft. Es schienen sich Zeit und Raum zu vereinen, wenn die europäischen Küstenfunkstellen im Rauschen untergingen. Schließlich aber auch nachts auf der 500 kHz nur noch das große Rauschen. Wie ein kleiner heller Flecken, der auf dem Übersegler eine Spur nach Westen zog. Fühlte man sich zu sehr alleine, so brachte einem das Schalten der Kurzwelle die Welt zurück: 8 MHz ging meist; war die Tagesdämpfung zu groß, so gingen 12 oder 16 MHz immer. Die Frequenzen im 4, 6 oder 22 MHz-Band wurden eher selten in der Nordatlantikfahrt benutzt. 

Meist waren die Schiffe der Linienfahrt „Wetterschiff“, so hatte man mit seinen Wettertelegrammen, den „OBS"en, immer schnell QSO mit DAN. MSG’s und der private Telegrammverkehr wurden angehängt – man brauchte auf Kurzwelle nie lange warten, man war immer QRY 1. Sonntagabends liefen auf einer der V-Schleifen immer die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga, sie gingen in die Messen, wusste die Besatzung doch jetzt, sie hatte einen Funker. Dann schaltete man in der letzten Wache noch die zweite Arbeitsfrequenz der Kurzwelle für die Reedereiperiode. Mit einer Reihe V’s und seinem Rufzeichen stellte man sich vor und drehte dann über das schmale Band der zweiten Arbeitsfrequenzen für Antworten. TR’s und Mannschaftslisten wurden jetzt im Duplexverkehr ausgetauscht. Die Crew sah jetzt, wo welche Kollegen fuhren. Hatte der letzte Funker hier wenig getan, so war die eigene Aufwertung natürlich hoch. Gut erinnerte ich meine erste Reise ohne Kurzwelle in der weltweiten Trampfahrt: Die DAAD-Perioden am Ende der Hörwache auf der 480 kHz wurden oft geschaltet. Die Telegramme zur weiteren Übermittlung quittierte ich meist mit cons deld – consider as delivered. Nur einmal musste ich passen: ein deutscher Kollege auf einem schwedischen Schiff bat um QSP Sweden – zu viele schwedische Sonderzeichen in Morsetelegrafie. 
Hat man die Küste erst einmal verlassen, so wurden die Dinge einfach. Es ist klar, einen Sturm musste man draußen ‚abreiten’. Die Bordroutine bestimmte den Alltag. Die täglichen Wachen, das Aufnehmen der Aussendungen, all dies brachte sorgenfreie Tage. Nur noch im Tagebuch sah man, wie die Zeit verging. Die Annäherung an die Küste, der Landfall und das Einlaufen in einen Hafen verlangen wieder Entscheidungen und besondere Aufmerksamkeit. 

1957 sank das deutsche Segelschiff PAMIR. In den Küstenregionen hatten viele Menschen Kontakte zu Familien, wo jemand auf diesem Schiff fuhr. Es war aber auch eine Anzahl von englischen Jungen an Bord. Im Rahmen einer Urlaubsvertretung wurde das Schiff von einem Navigationslehrer der Lübecker Seefahrtschule geführt. In St. Jacobi in Lübeck, der Kirche der Seefahrer, ist das Rettungsboot der PAMIR zu sehen. Ohne den großartigen Einsatz der US Navy wären die Leute nicht gerettet worden. Später, die geretteten jungen Kadetten an Bord des US-Schiffes: ergreifende Bilder, die um die Welt gingen. Sehr genau wurde während der Funkausbildung der Funkverkehr der PAMIR behandelt. 

Zwar sollte das Aussenden überflüssiger Zeichen vermieden werden, aber die Funker sollten sich doch ‚unterhalten’. So versuchte ich immer zu einem Überblick zu kommen, wer im Bereich meiner Mittelwelle fuhr. Die Reichweite des Mittelwellensenders entsprach ziemlich gut dem Bereich, wo bei einem Schiffsunglück noch effektive Hilfe geleistet werden konnte. 
In den 60er begann aber auch ein Programm der US Coast Guard, Schiffe auf dem Atlantik zu erfassen und ihre Fahrt zu beobachten: das AMVER. Zunächst war es schwierig auf der östlichen Seite des Atlantiks eine Küstenfunkstelle der USCG zu erreichen, um sein AMVER abzusetzen. In den USA und Kanada gab es eine vorteilhafte Aufgabenteilung: der private Funkverkehr wurde auch von privaten Funkstellen gemacht. Alles andere, was mit der Fahrt des Schiffes zusammenhing, das wurde von den Funkstellen der Coast Guard übermittelt. Später akzeptierte Portisheadradio AMVER-MSG’s „free of charge“. Diese AMVER enthielten alle Informationen über die Fahrt des Schiffes, wie Position, Geschwindigkeit und Kurs, daneben aber Zusätzliches wie etwa die medizinische Ausrüstung Bei einem Schiffsunfall wurde ein SURPIC – ein Surface Picture – erstellt und Hilfe koordiniert. Die Schiffe bekamen Informationsblätter mit sehr nützlichen Informationen für den Funkverkehr. Auf der letzten Seite waren die Besucher genannt, die im AMVER Center der USCG am East River in New York waren. Man fand die Namen von Bekannten wieder. Schiffsunglücke, Hilfeleistungen und ihre Koordination wurden detailliert beschrieben. 

In der Nordatlantikfahrt interessierten eigentlich nur die Wetterberichte von NSS und GKC. Die Analyse mit den Druckgebilden, den Fronten und Isobaren wurde als Zahlencode in Morsetelegrafie gegeben. Meist zeichnete ich auch die Wetterkarte auf einem A3-Vordruck des Wetterdienstes. Ältere Nautiker berichteten, sie hätten Funker erlebt, die die Analyse-Informationen gleich in die Wetterkarte einzeichneten. - Wie die Isobare an der Front „sprang“ – von der Wetterbeobachtung bis zur Auswertung durch die Nautiker lagen doch einige Stunden. Toll aber wie „Wetter-Kapitäne“ mit dem Barometer das Durchfahren der Front sahen. 934 mBar war der tiefste Luftdruck, den ich im Nordatlantik erlebte. Den Nordwest-Quadranten eines Hurrikans habe ich nie erlebt. In Millimeter oder gar Inch Quecksilber konnte ich einfach nicht „denken“. Auch die Windstärke mochte ich nur in der BFT-Skala. Wurde sie anders angegeben, so musste ich im Nautischen Funkdienst, Band 3, das umschlüsseln. Deutschland und Frankreich sendeten eigene Ozeanwetterberichte aus: bei den Nautikern waren sie wenig geschätzt. Wie sollten sie auch, die USCG flog mit ihren Flugzeugen durch das Auge von Hurrikans, die USA und Groß Britannien stellten die ersten Ozean-Wetterschiffe. Die Geschichte des Wetterfunks ist unglaublich interessant. 
Ein weiterer Service für die Brücke, das tägliche Zeitzeichen: in Europa DAN, später "Greenwicht Mean Time“, eine Männerstimme und im Pazifik bei WWVH von einer Frau gesprochen. Stand und Gang des Chronometers wurde festgestellt, wehe dem 3. Offz., der vergaß, den Chronometer aufzuziehen... 
In der Mittagswache wurde für das Funkamt der DBP die Traffic-List von Norddeichradio in das Funktagebuch aufgenommen. Sonst war die Mittagswache recht ruhig. Erst am Nachmittag kam Norddeichradio auf der DAL-Frequenz mit der Schiffspresse. Das „Hamburger Abendblatt“ des Springer-Konzerns lieferte diesen Service für Seeleute seit langer Zeit. Sie lieferte auch das Papier, etwas länger als DIN A4 und oben der Schriftzug des Abendblattes. Ich meine, so fünf Durchschläge schaffte ich, wenn man ordentlich auf die Tasten der Schreibmaschine „haute“. Am Schluss der Aussendung „Zu guter Letzt“, etwas Kurioses oder Humorvolles. Hier musste man aufpassen, dass einem nichts entging. Waren die Empfangsverhältnisse instabil, so hielt ein „guter Funker“ immer etwas zurück und war in der Lage, eine lückenlose Schiffspresse zu liefern. Auf der Großkreisroute nach Kanada gab es schon Magnetfeldstürme. Aber ein Elmsfeuer, was sich auf die Mastspitze setzte und einige Zeit mitfuhr, das habe ich leider nie gesehen. Die Presse dauerte rund eine Stunde, unterbrochen von zwei Seenotpausen – SP’s – und einem „blattwexel ii blattwexel“. Schnell wurden dann die Blätter gedreht. Das Tempo der Morseaufnahme lag irgendwo zwischen 100 und 120 BpM. Schwierig wurde es nur durch die kleine Feldstärke des Empfangssignals in den unterschiedlichen Teilen der Welt und natürlich durch Störungen. In dieser Zeit hatte ich den Temmler an Bord. So ergänzte ich die Schiffspresse mit etwas Deftigem oder Delikatem: „Für die gute Laune der tägliche Witz“. Bis mich eines Tages der Anordnungsbefugte der Seefunkstelle nach der Herkunft dieser Erweiterung befragte. Meine Einlassung, das sei etwas, was von Norddeichradio am Schluss der Presse sehr schnell gegeben wurde, akzeptierte er leider nicht. Wir hätten schließlich Passagiere an Bord, und ich möge das bitte unterlassen, brachte die Besatzung um diese Aufheiterung. 
Die letzte Wache mochte ich besonders gerne. Die Aufnahme der Wetterberichte, das letzte Aufarbeiten des Telegrammverkehrs und es kehrte Ruhe ein. Nach einem letzten Klönschnack mit dem Wachoffizier und einem: „Gute Wache – Gute Ruhe“ ging es in die Koje. In aller Regel konnte man durchschlafen. 

Die Kante, diesseits die sichere Geborgenheit, die Wärme, das Licht - jenseits der Tod: Auszug aus dem Funktagebuch der SFuSt. Hella Groen/DBHG Auf Seite 5659121 befindet sich folgender Eintrag:
 
MGZ
kHz
an
von
2. (Fr.) Februar 1968 
07:40
500
CQ
DBHG
Alarmzeichen gesendet – XXX de DBHG eb (Posn festgestellt Brücke) 
07.50
500
CQ
DBHG
XXX de DBHG XXX 0740 man overboard in position 15r24 n 58r36 w last seen at 0730Z ships in vicinity please keep sharp lookout de DBHG 020740Z + 
08:00
466
DBHG
NMR
DBHG de NMR om are you searching for man overboard? + k 
08:00
468
NMR
DBHG
NMR de DBHG yes see my XXX 0740Z + 
08:00
466
DBHG
NMR
DBHG de NMR r qsl XXX - 
08:00     Meldung ist von 9YL, JXID u. NMR bestätigt worden. Später noch FFP 
08:00
500
DBHG
WOE
ss hellagroen ?
08:00
500
WOE
DBHG
r qsl
08:05
500
DBHG
5BGF
qsl qth 11r05 n 75r02 W
08:15
500
CQ
DBHG
0740Z XXX man overboard in position 15r24 n 58r36 w last seen at 0730Z ships in vicinity please keep sharp lookout DBHG 020740Z col 15r24 n 58r36 w + 
08:25
500
CQ
NMR
XXX CQ de NMR020817 GMT = vessel hellagroen/dbhg advises man overboard in position 15-24 n 58-36 w . man last seen at 020730Z stop vessels in vicinity keep sharp lookout and advise coast guard all sighting stop signed u.s.coast guard san juan puerto rico . de NMR + 
08:27
500
NMR
DBHG
r qsl tu
08:45/48
500
    SP beob.NIL (Anordnung Kpt. Meldung ist von u.s.coast guard (NMR) wiederholt, daher keine weitere Aussendung in SP)
08:50
500
CQ
NMR
XXX  NMR 020817 GMT = vessel hellagroen/dbhg advises man overboard in posit 15-24 n 58-36 w . 
man last seen at 020730 stop vessels in vicinity keep sharp lookout and advise coast guard all sightings stop signed u.s.coast guard san juan puerto rico de NMR sk
09:03
500
DBHG
8PO
up 480/484 khz
484
DBHG
8PO
 r r rpt sos ?
480
8PO
DBHG
om lsn that was XXX for man overboard - XXX is now repeated by NMR k - pse cfm mine =
(8PO wiederholt XXX 0750Z DBHG) pse give time of filing - 8PO de DBHG r will do ltr + 
09:15/18
500
    SP beob. NIL
09:18
466
DBGH
NMR
fm COMGANTSEC to hellagroen/dbhg = your man overboard = 1. what are your intensions 
2. was man wearing lifejacket 3. what color clothing was man wearing 
nr1 u.s.coast guard san juan ck nc 020915 gmt= hellagroen/dbhg = hw 
09:24
468
NMR
DBGH
r qsl qrx + (an Kapitän) 
09:45/48
500
    SP beob. NIL
10:15/18
500
    SP beob. NIL
10:45/48
500
    SP beob. NIL
11:15/18
500
    SP beob. NIL
11:28
454
NMR
DBHG
hellagroen/dbhg to COMGANTSEC = 021100Z = our man overboard ref your nr1 stop 
1. searching in position the men fell overboard. with course 247 and 67 degrees five miles each direction and kep sharp lookout = 2. no lifejacket = 3. he wears black and white checked trousers = further actions above mentioned distance marked by two lighted life buoys these were seen but searching of man up to now without success + om free of charge ? 
11:28
466
DBGH
NMR
no QSJ + QRX 500
11:45/48
500
    SP beob. NIL
12:15/18
500
CQ
DBHG
XXX 020740Z man overboard in position15r24 n 58r36 w last seen at 020730 
2 life belts marked with hella groen hamburg in position stop we are searching ships in vicinity please keep sharp lookout and report to NMR = master + DBHG 021218Z 
17:30
500
CQ
DBHG
cancel my XXX 020740/021218Z Stop search without success finished = 021725Z + DBHG 
Die letzte Meldung wurde um 2015 MGZ wiederholt. 

Das Schiff durchfuhr die Karibik. Längst wurde das Rauschen der 500 kHz unterbrochen durch den Funkverkehr mit fremden Küstenfunkstellen und exotischen Rufzeichen. Spannend das Treiben auf der Brücke und die Suche nach Land am Horizont: es stimmte tatsächlich, man konnte das Land riechen. Auch sah man gelegentlich kleine Dinge im Wasser treiben. Meinen eigenen Landfall, den in Äther auf der 500 kHz, den hatte ich aber schon Tage vorher erlebt.


Bericht:  Urheber gem. Urh.G.: Günter Klepke
Bildnachweis:  Alle Fotos  (2)  Urheber gem.§7 Urh.G.: Heinrich Busch, Berne
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Version: 14-Aug-12 / HBu