Der Fernmeldeturm in Cuxhaven sollte an Gerke erinnern
Hans Lehmann machte Namensvorschlag für 230 Meter hohen Antennenträger
Zeitungsnotiz aus der Cuxhavener Zeitung vom 9.2.1988
Abgeschrieben zum Gedenken an Hans Lehmann und Friedrich Clemens Gerke von Rolf  Marschner DL9CM

cew. - Für den Bau des 230 Meter hohen Fernmeldeturms werden zur Zeit die Voraussetzungen in Cuxhaven geschaffen. Die Deutsche Bundespost plant, ihn im Bereich Querkamp zu errichten. Schon im ersten Quartal 1991 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen werden. Die fernmeldetechnische Inbetriebnahme wird dann für Ende 1991 angepeilt. Wenn der Turm nach derzeitigen Planungen auch öffentlich nicht zugänglich sein wird, entsteht doch ein bemerkenswertes Bauwerk, das einen Namen erhalten sollte, meint Hans Lehmann aus Altenwalde, der seit 1936 bei „Elbe-Weser-Radio“ beschäftigt war, 1941 die Betriebsleitung übernahm, vorübergehend auch an der Spitze von „Norddeich Radio“ wirkte und 1972 aus dem Dienst des Abteilungsleiters beim Funkamt Hamburg in den wohlverdienten Ruhestand ging.
Der Hamburger Fernmeldeturm ist bekanntlich nach Heinrich Hertz benannt. Hans Lehmann schlägt nun vor, mit dem zukünftigen Cuxhavener Antennenträger das Wirken von Friedrich Clemens Gerke zu würdigen. Lehmann, der sich in den zurückliegenden Jahren mit dem Seefunkdienst aus postgeschichtlicher und heimatkundlicher Sicht befaßte, durch verschiedene Veröffentlichungen bekannt wurde und zur Zeit an der Geschichte des Fernmeldewesens im Raum Cuxhaven arbeitet, sieht gute Gründe dazu:
Vor 150 Jahren, am 18. März 1838, wurde die optische Telegraphenverbindung von Hamburg nach Cuxhaven in Betrieb genommen. 1841 traten Schwierigkeiten auf, die fast zur Betriebseinstellung geführt hätten. Nach Presseveröffentlichungen über dieses Problem kam Friedrich Clemens Gerke, geboren 1801 in Osnabrück, in Kontakt mit dem Unternehmer des optischen Telegraphen J.L. Schmidt und wurde von ihm eingestellt, um den Betrieb zu reformieren. Dieses gelang in hervorragender Weise, so daß 1842 der optische Telegraph bei der großen Brandkatastrophe in Hamburg für Organisation und Hilfeleistung sowie Steuerung des Schiffsverkehrs auf der Elbe eine bedeutende Rolle spielte.

Links:  Planskizze des 230 m hohe Antennenträgers in Cuxhaven

Rechts:  Der fertige Friedrich-Clemens-Gerke-Turm
1847 erwuchs dieser Technik allerdings eine tödliche Konkurrenz mit der Gründung der Elektro-Magnetischen Telegraphen-Compagnie, die am 15. Juli 1848 eine Verbindung von Hamburg nach Cuxhaven in Betrieb nahm. Gerke wurde 1847 Inspektor dieses Unternehmens, das zum ersten Male in Europa das Morsesystem übernahm. Aufbau und Betrieb dieser Gesellschaft und ihrer Einrichtungen erforderten umfangreiche Pionierarbeiten. Man befand sich damals völlig auf Neuland. Die Morseapparate wurden von Gerke entscheidend verbessert.
Er machte sie zu Farbschreibern, die sich später weltweit durchsetzten. Das von Morse entwickelte Telegraphenalphabet war schwierig zu handhaben, weil es aus drei verschiedenen Zeichenelementen bestand. Gerke entwarf ein verbessertes Morsealphabet, in dem nur noch Punkte und Striche von einheitlicher Länge als Elemente verwendet wurden. Dieses Telegraphenalphabet in der Gerkeschen Fassung wurde später in Preußen und Österreich eingeführt und in die späteren internationalen Fernmeldeverträge übernommen. Es ist heute noch im Seefunkdienst und bei den Funkamateuren aktuell. 
1868 wurde das Telegraphenamt in Hamburg gegründet, in dessen Dienst Gerke als höherer Beamter des Norddeutschen Bundes im Alter von fast 67 Jahren übernommen wurde. 1869 wurde ihm die Vorsteherstelle übertragen. Er war später noch im Dienst der Deutschen Reichspost tätig und wurde am 1. November 1876 in den Ruhestand versetzt. 1888 starb Friedrich Clemens Gerke in Hamburg. 

Rechts:  Friedrich Clemens Gerke
Dem Altenwalder Hans Lehmann wurde jetzt bekannt, daß auch Angehörige des Cuxhavener Fernmeldeamtes die Frage der Namensgebung für den geplanten Turm erörtert haben und dabei auch der Name von Friedrich Clemens Gerke genannt wurde. Lehmann stuft den Vorschlag nicht zuletzt deshalb für gut ein, weil Gerke ein Mann war, der für die Praxis des früheren Telegraphenwesens Außerordentliches geleistet hat und das von ihm verbesserte Morsealphabet noch heute lebendig ist. Darüber hinaus ist sein Name durch den Einsatz im Rahmen der ersten Telegraphenverbindung zwischen Hamburg und Cuxhaven mit der Cuxhavener Stadtgeschichte verknüpft. Grund genug, das Gedenken an ihn lebendig zu halten, meint Hans Lehmann.

Friedrich Clemens Gerke
Anmerkungen von Hans-Joachim Brandt, DJ1ZB, zur oben wiedergegebenen Zeitungsnotiz


Unter dem Aufhänger des Cuxhavener Fernmeldeturms wird vom Wirken Gerkes berichtet, im Rahmen  der Umstellung des Schiffsmeldedienstes von optischem Semaphor auf Morsen. Darin ist auch ein Punkt: "Die Morseapparate wurden von Gerke entscheidend verbessert. Er machte sie zu Farbschreibern, die sich später weltweit durchsetzten".
Dazu habe ich eine andere Quelle. Alfred Müller, DL1FL, machte mich auf das Buch von Johann Augustin: 
Information - das Abenteuer der Nachrichtentechnik
(erschienen 1972 im Verlag Karl Überreuter, Wien) aufmerksam, quasi ein Geschichtsbuch der Telegrafie vom Rauchzeichen bis zum Spring- und Blattschreiber. Darin wird ebenfalls beschrieben, das der amerikanische Kaufmann W. Robinson seine Morseapparate in Europa nur bei den Schiffsmeldediensten an Elbe und Weser loswerden konnte und daß Gerke bei der Inbetriebnahme dieser Linien geholfen und dabei sein Morsealphabet entworfen hat. Bei Telegrafierversuchen zwischen Berlin und Köln zeigte sich dann auch, daß der Morseapparat dem Zeigertelegrafen überlegen war, wenn man in Hannover den Stromkreis mit einem Relais auffrischte. Das soll der entscheidende Punkt für die Einführung des Morsens beim Telegrafenbetrieb gewesen sein. Ich habe es nie deutlich gelesen, aber der Zeigertelegraf in seiner Bauform als Schrittschaltwerk schien recht empfindlich auf Kontaktpreller gewesen zu sein. 
Die Bauart der US-Morseapparate aber gefiel der Preußischen Telegrafenverwaltung nicht. Der erste Betrieb, der für sie Morseapparate baute, war eine Firma Lewert in Berlin, deren Apparat 1851 der Einheitsapparat für den Deutsch-Österreichischen Telegrafenverein wurde. Erst 1861 lieferte Lewert einen Farbschreiber, der nach dem Augustin-Buch auf einen Vorschlag des Österreichers Thomas John von 1956 beruhte. 1853 trat in Berlin noch die Fa. Gurlt auf den Plan, die ebenfalls den Einheits-Morseapparat baute. Gurlt konstruierte erstmals 1856 einen Morseapparat mit auswechselbarem Federgehäuse, ein lang gehegter Wunsch, da man bisher beim Bruch der Feder den ganzen Apparat zerlegen mußte. Bis auf den Einbau eines Elektromotors als Ersatz für das Federwerk waren damit alle Entwicklungsschritte am Morseschreiber, wie wir ihn heute (mit Ausnahme des Undulators) kennen, getan.
Ich frage mich also, wie in diese Geschichte der Morseapparate die Arbeiten Gerkes zu einem Farbschreiber hineinpassen. Den Mangel des Einritz-Schreibers von Morse kannte er zweifellos auch. Ob er von dem Vorschlag Johns wußte und die Industrie in Berlin bedrängte, ihn endlich zu realisieren, oder ob er selber versuchte, etwas zu bauen, was Lewert dann umsetzen konnte? Spielen hier die Geschichtsstudien von Hans Lehmann hinein, die im Zusammenhang mit dem Fernmeldeturm Cuxhaven erwähnt werden?
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Version: 14-Jul-04 / Rev.: 25-May-08 / 11-Jun-11 / HBu