Funk-Ausbildung 1923
Leserbrief in der "Hansa", Deutsche nautische Zeitschrift, Ausgabe März 1923, Seite 315
Abschrift: Heinrich Busch, Berne

Der Dampfer "Herbert Sauber" ist am 3. November 1922 auf der Dogger Bank gekentert und gesunken. Es haben bei dem Unfall 25 Mann der Besatzung den Tod gefunden; nur ein Mann, der Koch, wurde von einem englischen Fischdampfer gerettet. 
Das Schiff war mit drahtloser Telegrafie ausgerüstet, jedoch konnte die Station nicht benutzt werden, da der einzige Mann, der II. Offizier, der den Apparat zu bedienen verstand, in Hamburg wegen Erkrankung zurückbleiben musste. Vielleicht hätten alle Menschenleben gerettet werden können wenn das Schiff rechtzeitig F.T.-Signale hätte geben können. 
Die beste F.T.-Anlage an Bord ist zwecklos, wenn keine Bedienung dafür vorhanden ist. Lange nicht alle Nautiker würden sich zu Funkoffizieren eignen; es gehört eine gewisse Veranlagung dazu, F.T.-Signale schnell zu geben und aufzunehmen. Jeder Nautiker kann aber die Handhabung der gebräuchlichen Bord-Funkstationen der Handelsschiffe und das geben des F.T.-Notsignals sowie des Positionssignals erlernen. Dass der einzige Funkoffizier an Bord erkrankt, oder dass bei einem Schiffsunfall auf See die Funkoffiziere aus irgendeinem Grund ausfallen, kann leicht der Fall sein; dann ist es im Interesse der Menschen und des Schiffes von hohem Wert, wenn jemand an Bord in der Lage ist, die notwendigen F.T.-Signale zu geben. 
Der Nachwuchs der Nautiker sollte in Zukunft auf den Seefahrtsschulen in der Handhabung von Handelsschiff- F.T.-Stationen und im geben der wichtigsten F.T.-Signale ausgebildet werden, desgleichen hätten die jungen Nautiker die Bedienung von Radiopeilapparaten zu erlernen.
J.M. (Bremerhaven)
Nachwort:  Noch Anfang der 70er Jahre bin ich mit Kapitänen zur See gefahren, die die oben vorgeschlagene Ausbildung durchlaufen hatten. Das war nicht unbedingt ein Nachteil: Es zwang zu Funkdisziplin - weil möglicherweise der "Alte" in der Kammer vor seinem Radio sass und mithörte - und hat auch manche Überstunde erspart, weil der "Alte" den Wetterbericht am Funkpeiler auf der Brücke mitgeschrieben hat. Ich habe von diesen Herren viel gelernt und z.B. erstmals von einem Empfänger E-266 oder von einem Peiler E-326 gehört. Es war solch ein Kapitän, der mir die Wirkungsweise des Goniometers so erklärt hat, dass sogar ich es verstanden habe.
H. Busch
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Version: 13-Jul-00 / Rev.: 11-Jun-11 / HBu