Drahtlose Telegrafie mit gedämpften Wellen (IV)
von Hans-Joachim Ellissen

Dieser Artikel ist im "Archiv für deutsche Postgeschichte" Heft  2/1993 erschienen.
Abdruck auf der Homepage "Seefunk & Seeschiffahrt" mit freundl. Genehmigung der
Witwe des Verfassers und der
Deutschen Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte e.V.
Zentrale Geschäftsstelle, Schaumainkai 53, 60596 Frankfurt am Main
Teil 4
Die drahtlose Telegrafie mit gedämpften Wellen bekommt Konkurrenz
Lichtbogen- und Maschinensender für ungedämpfte Wellen
Die Nachteile der aus einzelnen und in der Amplitude abklingenden Wellenzügen bestehenden gedämpften Wellen wurden frühzeitig erkannt: Schlechte Leistungsbilanz wegen der langen Pausen zwischen den Wellenzügen und vor allem ist es nicht möglich, sie mit Sprache zu modulieren. Dem Dänen V. Poulsen gelang es bereits 1902/03 im Labor mit einem sog. Lichtbogensender ungedämpfte HF-Schwingungen zu erzeugen, deren Amplitude nicht von Periode zu Periode abnahm, sondern ständig gleich blieb. Er nutzte dabei die »fallende Kennlinie« (den negativen Widerstand) eines Lichtbogens zwischen einer Kupfer- und einer Kohleelektrode zur Schwingungserzeugung aus.
Prinzipschaltbild eines Lorenz-Lichtbogensenders für Telefonie und
Telegrafie von 1908 und die technische Ausführung des Senders

Bedingungen für das einwandfreie Arbeiten als Sender sind eine sehr gute Kühlung und Entionisierung des Raumes zwischen den Elektroden. Diese Voraussetzungen, wie Einbetten des Bogens z.B. in eine Wasserstoffatmosphäre, Einsatz starker Magnetfelder um Ionen »wegzublasen«, Wasserkühlung der Elektroden und der Flammenkammer u.ä. führten bei den zwischen 1906 und 1925 vorwiegend in England (Elwell), Dänemark (Poulsen), USA (Federal Co.) und Deutschland (Lorenz) gebauten Lichtbogensendern bis zu einigen hundert Kilowatt zu mechanisch sehr aufwendigen und schwerwiegenden Konstruktionen.
Um eine ausreichende Frequenzkonstanz zu erreichen, waren Antennen möglichst hoher Kapazität erforderlich. Diese Gründe beschränkten den Einsatz auf Lang- und Längstwellen, Verwendungsgebiete waren bei HF-Leistungen von 30 Watt bis etwa 5 Kilowatt die Marine (Schiffe und Küstenfunkstationen), bei höheren Leistungen Landfunkstellen des Punkt-zu-Punkt-Verkehrs.
Die Telegrafietastung bewirkte man meistens durch Verstimmen des Schwingkreises (0,5 ... 5 % der Sendefrequenz), durch Belasten des Bogens mit einem Widerstand sowie ab etwa 1920 mit sog. Tastdrosseln (Pungs). Bei Telefoniebetrieb wurden Mikrofone in die Antennen- oder Erdleitung geschaltet. Sie mussten den HF-Antennenstrom von 0,8 ... 3 ... 10 A verkraften (Parallelschaltung, Flüssigkeitsmikrofone). Wegen der Schwierigkeit, Starkstrommikrofone für noch höhere Ströme zu bauen, konnte Telefonie praktisch nur bei Senderleistungen bis zu etwa 5 kW durchgeführt werden. Auch war ein Fernbesprechen nicht möglich.
Trotz der konstruktiven und bedienungstechnischen Schwierigkeiten wurden Lichtbogensender u.a. 1907 bei der US Navy (28 Schiffe, Reichweiten bis zu 60 km) eingebaut und 1908 auch bei der französischen Marine eingesetzt (Reichweiten 120 bis 160 km). In Deutschland baute Lorenz ab 1908 1-,1,5- und 4 kW-Lichtbogenstationen für die Marine und das Heer (1909 für 90 Kriegsschiffe, dazu 8 bespannte 4 kW-Heeresstationen) für Telegrafiebetrieb. 1911 rüstete die Marine Telefoniezusätze nach.
Beim Einsatz ungedämpfter Wellen für Telegrafie musste anstelle des Detektors ein sog. Tikker (mechanisch oder elektromechanisch betriebener Unterbrecher) oder ein Schleifer (umlaufende Metallscheibe, auf der z. B. ein Golddraht schleift) zwischen Empfangsschwingkreis und Fernhörer geschaltet werden. Die im Rhythmus der Morsezeichen eintreffenden ungedämpften Wellen lieferten dann ein Geräusch, nach Einschalten eines Detektors einen (kratzigen) Ton.
Auf deutschen Küstenfunkstellen wurde nur in Norddeich 1911 ein 4 kW-Langwellen-Lichtbogensender für Telegrafie aufgebaut, ab 1912 gab es auch Telefonieversuche. Auf deutschen Handels- und Passagierschiffen sind Lichtbogensender nicht eingesetzt worden.

Außer mit der Lichtbogentechnik lassen sich Wechselspannungen im HF-Bereich auch mit rotierenden Generatoren erzeugen, wenn Rotor und Stator sehr fein unterteilt sind und die Umfangsgeschwindigkeit des Rotors sehr hoch ist. Die ab 1904 beginnenden Versuche, mit Maschinensendern bei ausreichender Leistung ungedämpfte Wellen zu erzeugen, zeigten bald, dass sie praktisch nur für den Einsatz im Längstwellenbereich in Frage kamen. Fessenden (USA) und Alexanderson (Schweden) bauten um 1908 z.B. Maschinensender hoher Umdrehungszahl mit 50 kW Leistung bei 50 kHz (6 000 m), 75 kW bei 25 kHz und 200 kW bei 12 kHz.
Links:  Maschinensender nach Alexanderson
Rechts der Gleichstrommotor, links der Hochfrequenzgenerator, dazwischen ein Getriebe.
Durch Frequenzvervielfachung innerhalb der Maschinen mit Serienschwingkreisen in Rotor und Stator konnte 1908 Goldschmidt (Deutschland) bei Drehzahlen von nur 3 000 U/min 100 kW bei 20 kHz erreichen. Die Goldschmidt-Patente wurden von der Marconi Co. erworben.
Noch günstiger erwies sich die Frequenzvervielfachung außerhalb der Maschinen mit vormagnetisierten Transformatoren. 1912 wurden 2 kW erzeugt, dann nach schrittweiser Steigerung 1915 375 kW im Bereich von 17-50 kHz (Nauen). Die letzte große Maschinensenderstation errichtete Telefunken noch 1928 mit 600 kW in Nagoya (Japan).
Um Längstwellen mit brauchbarem Antennenwirkungsgrad abzustrahlen, sind außerordentlich große Mehrdrahtantennen und sehr gute, mehrfach eingespeiste Erdnetze erforderlich (Masthöhen über 200 m, Flächen in der Größenordnung von einem Quadratkilometer). Der Einsatz von Längstwellen-Telegrafie blieb daher wie bei den Lichtbogensendern großer Leistung auf den Überseeverkehr beschränkt.

Die Lichtbogen- und Maschinensender der Weitverkehrsstationen verloren jedoch rasch an Bedeutung, als ab Mitte der Zwanziger Jahre Kurzwellen-Röhrensender mit erheblich geringerem Antennenaufwand und Leistungsbedarf ihre Aufgaben übernahmen. Heute werden Längstwellen noch für Navigationsverfahren, für Zeitzeichensender und militärisch (getauchte U-Boote) eingesetzt, Langwellen außer für Rundfunk für Navigationssysteme (Loran, Decca), Funkfeuer (z. Peilen), Wetterfunk, Presseagenturen und Botschaftsfunk.
Die große Reichweite von Kurzwellen wurde von Funkamateuren entdeckt. Ende 1923 gelangen ihnen nachts mit systematisch geplanten Versuchen bei Sendeleistungen von nur einigen hundert Watt KW-Telegrafieverbindungen USA - Europa im 100 m-Band, 1924 sogar die Verbindung England - Neuseeland, die selbst mit 500 kW Längstwellensendern wegen der sehr starken atmosphärischen Störungen nur nachts gelegentlich erreicht wurde. Im selben Jahr wurden auch die ersten kommerziellen KW-Linien eingerichtet, z.B. über Nauen mit einem 800-W-Sender auf 70 m nach Buenos Aires über 12 000 km. Der Durchbruch der KW-Technik kam dann mit Einsatz immer kürzerer Wellen zwischen 14 und 30 m für Tagesverbindungen, dem Bau von wassergekühlten Senderöhren für 20 KW-Sender und von bündelnden Richtantennen (Dipol-Wänden) für Sender und Empfänger. 1928 waren bereits etwa 300 KW-Weitverkehrsstationen in Betrieb, über die dann im Telefoniebetrieb auch erstmals Fernsprechteilnehmer weltweit miteinander verbunden werden konnten.
Im Seefunkdienst wurden in Deutschland kurze Wellen ab 1926 bei Versuchen auf der 68-m-Welle mit dem in Norddeich aufgebauten 1 kW-KW-Sender und der Cap Polonio eingesetzt, die bereits bei den Langwellen-Weitverkehrsversuchen mit Telefonie 1922-24 mit Wellen um 150 kHz als Gegenstelle diente. Von Januar 1925 an wurden Funkgespräche mit Schiffen für Fernsprechteilnehmer zugelassen. Zuerst auf Langwelle, dann nach entsprechendem Ausbau von Norddeich Radio ab 1929 auch auf Kurzwelle.
Dass Kurzwellensender den Funkverkehr auf große Entfernungen übernahmen, war nicht nur der Erschließung dieses Wellenbereichs zu verdanken, sondern einem Bauelement für Empfänger und Sender, das wie kein anderes die Entwicklung der gesamten Nachrichtentechnik beeinflusst hat: die Verstärkerröhre.

Verstärkerröhren für Empfänger und Sender
Ein großer Nachteil im praktischen Einsatz von Knarr- und Löschfunkensendern war das Fehlen betriebssicherer Verstärker in den Empfängern. Die von der Empfangsantenne aufgenommene sehr geringe Hochfrequenzenergie musste unmittelbar den Fritter zum Ansprechen bringen bzw. nach Gleichrichtung den Kopfhörer betreiben.

Da 1908 Verstärkerröhren noch nicht bekannt waren, versuchten verschiedene Firmen, eine Verstärkung für den Hörempfang mit Mikrofonen zu erreichen, die direkt mit der Membran eines Hörers gekoppelt waren (in Fernsprechverstärkern z. B. Brown, England, und Siemens, Deutschland). Telefunken lieferte für sein System Tönende Funken einen dreistufigen Resonanzverstärker, bei dem die vor den Hörermagneten schwingenden Metallplättchen auf etwa 1 000 Hz abgestimmt waren. Die Plättchen wirkten auf Kohlekörnchen vor Kohleelektroden und bildeten empfindliche Mikrofone. Der Ausgang des 3. Verstärkers ließ sich entweder auf einen Lautsprecher (Telefonhörer mit auf 1 000 Hz abgestimmten Trichter) schalten oder auf einen Morseschreiberzusatz, einen sog. Zellenschreiber mit Detektor zur Gleichrichtung der 1 000-Hz-NF-Schwingungen. Die Verstärkung war beachtlich, doch der Betrieb trotz kardanischer Befestigung problematisch.         Foto rechts:  Lautverstärker von Telefunken (1910)
Abhilfe schaffte schließlich die Röhrentechnik, jedoch erst nach vielen mühseligen Schritten und Parallelentwicklungen in Europa und den USA. Das Bauelement Röhre mit Heizfaden und Anode in einem annähernd luftleer gepumpten Glühlampenkolben setzten ab 1904 unabhängig voneinander A. Wehnelt (Deutschland), J. A. Fleming (England) und L. de Forest (USA) als Gleichrichter ein. Allerdings waren diese ersten Gleichrichterröhren unempfindlicher als Schloemilchzellen und Kristall-Detektoren. Erst der Einbau eines Steuergitters zwischen Faden und Anode durch L. de Forest brachte 1907 in der Audion-Schaltung infolge der etwa 10fachen Verstärkung der Röhre eine höhere Empfindlichkeit als die der Detektoren. Nachteilig bei den damals Stück für Stück handgefertigten Röhren war jedoch das nur geringe und oft verschieden hohe Vakuum mit Restgasen (sog. »weiche Röhren«), die dadurch von Röhre zu Röhre streuende Arbeitspunkt-Einstellung mit Heiz- und Anodenspannung und die ungenügende Lebensdauer der Tantal-Heizfäden (35 ... 100 Stunden). L. de Forests Röhrenbauer stellten z. B. von 1909 bis 1913 mit einigen technischen Verbesserungen steigend etwa 1 bis 3 pro Tag her. 
Frühe Röhrenformen:  ganz links: Flemming-Detektor (1905)
in der Mitte: de Forest Detektor (Audion/1907) rechts: Lieben-Verstärkerröhre (1910)
Der Einsatz des Audions als NF-Fernsprech-Verstärker scheiterte infolge falsch bemessener Bauelemente. Erst nach dem Patent des Österreichers R. v. Lieben 1910 mit einer »weichen« Röhre als NF-Verstärker gelang es 1912, brauchbare Fernsprechverstärker in deutschen Fernleitungen einzusetzen, unabhängig davon H.D. Arnold (USA) 1913 mit Hochvakuumröhren New York - Washington.
Der praktische Betrieb der Liebenröhre mit ihren Ouecksilberdampf-Restgasen war allerdings wegen des temperaturabhängigen Vakuums immer noch problematisch. Erst der Übergang auf sog. »harte Röhren« mit wesentlich besserem Vakuum (Hochvakuum) und Ausbau der theoretischen Grundlagen ab etwa 1911 in verschiedenen Ländern verbesserte die Röhreneigenschaften so, dass sie mehr und mehr praktische Bedeutung in Fernsprechverstärkern und Funkempfängern 
bekamen. Wichtige Entdeckungen waren hierbei die Hochfrequenz-Verstärkung mit Röhren (0. v. Bronk 1911) und die Rückkoppelung (A. Meißner 1913). Letztere ermöglichte, mit Röhren ungedämpfte Wellen zu erzeugen, indem ein Teil der im Ausgangskreis verstärkten HF-Schwingung auf den Eingangskreis der Röhre zurückgekoppelt wurde. Der Einsatz der Rückkopplung zur Entdämpfung des Audion-Schwingkreises bei Empfängern (z.T. über hundertfache Empfindlichkeitssteigerung) gelang in praktisch brauchbarer Form erst ab 1918.
Verschiedene Forschergruppen - besonders in den USA - arbeiteten daran, die Unzulänglichkeiten der »weichen« bzw. der gasgefüllten Röhren zu beheben. 1913 erreichte Langmuir ein ausreichend hohes Vakuum durch bessere Pumpen und Entgasung der Elektroden durch Aufheizen beim Pumpvorgang. Seine amerikanischen Patentanmeldungen regten in Deutschland die Telefunken- und Siemenslaboratorien zu eigenen Entwicklungen an. Im Juli 1914 stellte H. Rukop ersten Hochvakuum-Röhren für Verstärker und Empfänger zur Verfügung. 1916 folgten die ersten Senderöhren mit 15 bis 20 Watt Leistung, die dann systematisch zu immer größeren Ausführungen für hohe Anodenspannungen und Leistungen von 200 Watt bis ca. 2 Kilowatt weiterentwickelt wurden. Nach dem Krieg entstanden für Landstationen luftgekühlte Hartglasröhren von 10 kW Leistung (60 cm hoch) und erste wassergekühlte Röhre mit Kupfer-Außenanoden. 1928 gab es bereits eine wassergekühlte Senderöhre für 20 kW-Telegrafie- bzw. 7-kW-Telefonieleistung, auch im Kurzwellenbereich.
Während des Ersten Weltkrieges wurden Röhrensender für ungedämpfte Wellen größerer Leistung (z.B. 1 kW) nur bei der Marine eingesetzt. Das Heer rüstete die in immer größerer Zahl benötigten Funktrupps praktisch ausschließlich mit Löschfunkenstationen aus (Detektorempfänger, ab 1917 z. T. mit zusätzlichen Röhrenverstärkern, vereinzelt auch Audion-Empfänger). Erst gegen Ende des Krieges wurden noch tragbare Röhrengeräte ausgeliefert: 8- und 15-W-Geräte mit 2-Kreis-Rückkopplungs-Audionempfänger von Telefunken (ca. 400 Stück), 10-W-Geräte von Lorenz (Stückz. unbekannt).

Das Ende der Funkentelegrafie mit gedämpften Wellen
Der zivile Seefunk in Deutschland wurde beim Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 praktisch stillgelegt. Die Küstenfunkstellen an Nord- und Ostsee übernahm die Marine. Im Laufe des Krieges stieg der Bedarf an Funkanlagen immer stärker an. Gab es am Kriegsanfang 8 Heeres-Funkabteilungen, waren es am Ende 1918 247. Telefunken fertigte vor allem Löschfunkensender und Detektorempfänger für tragbare, fahrbare und feste Heeresstationen, für Luftschiffe, Flugzeuge und Kriegsschiffe. Lorenz lieferte Lichtbogensender für die Marine und den Hauptanteil von Löschfunkenstationen für U-Boote (0,6 und 1,4 kW). Das Kriegsende stoppte dann die Fertigung von Funkeinrichtungen bei allen deutschen Funkfirmen. Sämtliche Handelsschiffe über 1 600 BRT und die Hälfte der Schiffe von 1 000-1 600 BRT mussten abgegeben werden, so dass die DEBEG 1918 nur noch 182 Stationen kleinerer Handelsschiffe betreute. Die Post übernahm wieder die während des Krieges von der Marine besetzten Küstenfunkstellen für den öffentlichen Verkehr. 1921 begann der Wiederaufbau der Schiffahrt und die Ausrüstung mit Röhrensendern für ungedämpfte Wellen (1 kW bei Telegrafie, 400 W bei Telefonie) und Audion-Röhrenempfängern. Die noch vorhandenen Löschfunkensender wurden weiter benutzt. Auch die Reichswehr setzte aus finanziellen Gründen bis etwa 1924 bei den bespannten und motorisierten Einheiten noch Löschfunkensender ein, desgl. die Marine bei den wenigen verbliebenen Kriegsschiffen.
Mit dem weltweit immer umfangreicheren Einsatz von Röhrensendern von ungedämpften Wellen für Telegrafie und Telefonie wurden die breitbandigeren und weniger frequenzkonstanten Sender mit gedämpften Wellen (B-Wellen, Sendeart B) mehr und mehr außer Betrieb genommen. Bei den Küstenfunkstellen der Deutschen Reichspost geschah dies bis 1932. Die Umstellung bei den Schiffen mit vorhandenen Löschfunkenstationen fand langsamer statt. International wurden die einzelnen Schritte für das Auslaufen des B-Wellenbetriebes in den Vollzugsordnungen der Weltfunkverträge von 1912 (London), 1927 (Washington), 1938 (Kairo) und 1959 (Genf) festgelegt:

1912: Sendeeinrichtungen, bei denen die ausgestrahlten Wellen mit einer direkt in die Antenne geschalteten Funkenstrecke erzeugt werden, sind nicht mehr gestattet  (Ausnahmen: Seenot, Stationen mit Sender-Eingangsleistungen unter 50 Watt)
1927: 1. Neue Sender für B-Wellen dürfen künftig (ab 1. 1. 1929?) bei Land- und festen Funkstellen nicht mehr errichtet werden (Landfunkstellen: Küstenfunkstellen, Boden-Flugfunkstellen). Funkstellen der festen Dienste wie z.B. Überseefunk, Inlands- und Europafunk (jedoch ohne Rundfunk), Sonderdienste (Funkfeuer, Peilstellen, Zeitzeichen u. ä.).
1927: 2. Neue Sender für B-Wellen dürfen ab 1. 1. 1930 auf Schiffen und Luftfahrzeugen nicht mehr errichtet werden. Ausnahme: Sender mit weniger als 300 Watt Wechselstromleistung am Eingang des Hochspannungs- Transformators (entsprechend etwa 100 ... 200 Watt Hochfrequenzleistung).
1927: 3. Die Verwendung von B-Wellen unter 375 kHz (Lang- und Längstwellen) ist außer für bestehende Landfunkstellen ab 1. 1. 1930 untersagt.
1927: 4. Bei Landfunkstellen ist die Verwendung von B-Wellen (alle Frequenzen) ab 1. 1. 1935 untersagt.
1927: 5. Bei allen anderen Funkstellen ist die Verwendung von B-Wellen ab 1. 1. 1940 untersagt. Ausnahme: Sender unter 300 Watt Eingangsleistung.
1938: 1. Die Verwendung von B-Wellen ist allen Funkstellen untersagt. Ausnahmen: Seefunkstellen auf den Frequenzen 375 kHz Peilung), 425 kHz (Verkehr), 500 kHz (Seenotwelle).
1938: 2. Ab 1. 1. 1940 dürfen Seefunkstellen diese Frequenzen nur noch mit Sendern unter 300 Watt Eingangsleistung benutzen.
1938: 3. Die Verwaltungen werden sich bemühen, alle B-Wellen - außer 500 kHz - sobald als möglich aufzugeben.
1959: Die Aussendungen der Sendeart B sind ab Mai 1961 allen Funkstellen untersagt.   Jedoch dürfen bestehende Funkstellen (Seefunkstellen unter 300 Watt Eingangsleistung) bis zum 1. 1. 1966 ausschließlich für Notanrufe und Notverkehr  davon Gebrauch machen.

Das bedeutete, dass die in den Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg tatsächlich noch vereinzelt als Notsender vorhandenen Löschfunkensender von Schiffen bis 1961 zum Peilen, zur Verkehrsabwicklung und auf der Seenotwelle 500 kHz (600 m) benutzt werden durften, letzteres sogar bis Ende 1965. Immerhin entspricht dies einer möglichen Einsatzzeit der Telegrafie mit gedämpften Wellen von mehr als 60 Jahren, von 1897 bis in ein Jahrzehnt, in dem die Halbleitertechnik bereits begann, die Elektronenröhre zu verdrängen.


Quellenhinweise
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Trenkle, Fritz: Die ersten 40 Jahre. In: Die deutschen Funknachrichtenanlagen, Heidelberg 1990.
Ulsamer, Gregor: Feuerschiff Borkum Riff (Geschichte des Nachrichtenwesens an der Küste), Berlin/Offenbach 1991.
Walther, Harald: Aufbau einer Löschfunkenstation beim Postmuseum Hamburg, Hamburg 1986/88.
Wien, Max: Über die Intensität der beiden Schwingungen eines gekoppelten Senders. In: Physikalische Zeitschrift, Nr. 23, 1906.
Zenneck, Jonathan: Lehrbuch der drahtlosen Telegraphie, Stuttgart 1916.
Bildvorlagen (Archiv Postmuseum Hamburg) und Zeichnungen vom Verfasser.

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