Das Doppler Sonar in der Seeschiffahrt (3)
Fotos und Bericht © 2008: Joachim Paul, DJ7WL

"Esso Languedoc" / FNLX      Probefahrt
Der Supertanker "Esso Languedoc" / FNLX wurde 1973 auf der AG Weser Werft gebaut. Neben vielen weiteren Systemen an Bord hat die Debeg auch das Docking Doppler Sonar System für dieses Schiff geliefert, installiert und in Betrieb genommen. Da ich der Projektleiter war, habe ich auch an der Probefahrt des Schiffes teilgenommen und neben vielen anderen Arbeiten auch das Doppler Sonar System während der Probefahrt kalibriert. 
Diese Supertanker können die geforderten Meilenfahrten nur auf hoher See durchführen, deshalb wurde das System unter der Nutzung des Debeg Decca Meilenmeßsystem kalibriert. Beim später durchgeführten Manöver von Voll Voraus auf Voll Zurück konnte das Doppler System gut für die Ermittlung des völligen Stillstand des Schiffes über Grund nach dem Bremsmanöver  eingesetzt werden.
Für diesen „Bremsweg“ benötigt ein Supertanker ca. 15 Minuten und eine Strecke von ca. 2 Meilen. Danach ist die See um das Schiff völlig aufgewühlt und durch "in das Wasser sehen" lässt sich der Stillstand kaum feststellen.
Oben:    An der Pier bei "AG Weser"
Unten:   Ankermanöver während der Werftprobefahrt
Oben: Der Funkraum während der Werftprobefahrt
Unten:   Die Funkstation komplett
Unten:   Die Kommandobrücke der "Esso Languedoc" Unten:   Blick auf das Funkgestell 
Die "Esso Languedoc" ist später sehr bekannt geworden, weil es auf diesem Schiff zum ersten Mal gelang, eine sogenannte "Monster"- oder "Killerwelle" zu fotografieren. Man findet Informationen dazu in vielen Sprachen im Internet.

"Esso Languedoc" / FNLX:  Fahrt von Kapstadt zum Persischen Golf

Die Doppler Sonar Anlage hat längere Zeit gut und zur Zufriedenheit der Besatzung gearbeitet. Dann gab es aber die Fehlermeldung, dass der hintere Schwinger ausgefallen ist.
Die Schiffsbesatzung und die Reederei haben die sofortige Reparatur als sehr dringend hingestellt, weil das System für die Manöver im Persischen Golf sehr wichtig ist. Das Schiff befand sich zu diesem Zeitpunkt vor der Küste Westafrikas auf der Reise via Kapstadt zum Persischen Golf und hier nach Saudi Arabien zum Ölhafen Ras Tanura. 
Wir haben einen neuen Dual Axis Schwinger gut verpackt auf den Weg nach Kapstadt gebracht und ich bin von Hamburg aus via Frankfurt und Johannesburg nach Kapstadt geflogen. Zusammen mit dem Agenten in Kapstadt haben wir einen Hubschrauber gechartert, der mich 40 Meilen auf  See hinausbrachte und inclusive Schwinger sanft direkt an Deck der "Esso Languedoc" abgesetzte.


 
 
 
 
 
 
 
 

Links oben:   Blick zurück auf Kapstadt
Links mitte:   Anflug auf die "Esso Languedoc"
Oben:   Blick hoch zur Brücke
Links unten:   An Deck gelandet
Auswechseln des defekten Schwingers
In der Reihenfolge wie schon weiter oben beschrieben haben wir den defekten Schwinger ausgebaut und anschließend den neuen Schwinger eingebaut. An der Nirosta-Marke wurde der neue Schwinger dann sorgfältig ausgerichtet. Der Kapitän und die Offiziere waren an der guten Funktion des Doppler Sonars sehr interessiert. Deshalb hat der 1. Offizier sogar bei der Auswechslung des Schwingers persönlich mitgearbeitet.
Fotos oben:   Auswechseln des defekten Schwingers und Arbeiten am Schwinger (Rechtes Fotos rechts: der Verfasser)
Mit dem Zweistrahl-Oszillografen wurde anschließend die Funktion des Doppler Sonar Gerätes gemessen.

Foto ganz links:   Messungen mit dem Zweistrahl-Oszillographen an der Elektronikeinheit

Foto links:   Die Anzeige nach erfolgreicher Reparatur

Alle Mitwirkenden am Austausch des Schwingers freuten sich: Das Docking Doppler Sonar Gerät funktioniert wieder einwandfrei. Zum Mittag hat der Kapitän eine Runde ausgegeben.

Links:   Am Tisch des Kapitäns
Zu diesem Bild ist aber eine Erklärung nötig. Vor einiger Zeit hat ein Esso Tankschiff in der Nacht eine Insel getroffen. In der Seeamtsver- handlung wurde festgestellt, dass die Schiffsbesatzung „negative Gittervorspannung“ in reichlichem Maße angelegt hatte, was dann die Ursache für das Auflaufen gewesen ist. Das führte dazu, dass Alkohol auf allen Esso Schiffen streng verboten wurde. Bei einer Mitfahrt auf deutschen Esso Schiffen wurde ich jedes Mal bei der Anmeldung an Bord gefragt, ob ich Alkohol dabei habe. Wenn ja, wurde dieser abgegeben und erst bei der Abreise wieder zurückgegeben.
Aber wir waren hier ja auf einem französischem Esso Schiff und da wurde mir gesagt bei besonderen Gelegenheiten wird eine Ausnahme gemacht. Nun, die erfolgreiche Reparatur war eine solche Ausnahme. 
Am nächsten Tag gab es vor dem Mittag schon wieder einen Drink. Ja, heute hat der dritte Offizier Geburtstag, also war das doch eine Ausnahme! Nun man vermutet schon wie es weitergeht, an allen 14 Tagen die ich an Bord war, wurde eine Ausnahme gefunden. 
Der Rest der Zeit bis zum persischen Golf war nun weniger anstrengend, allerdings wurde die einwandfreie Funktion des Doppler Sonars vom Kapitän und den Offizieren sorgfältig und kritisch verfolgt und im Logbuch die Funktion aufgezeichnet. Hier im Indischen Ozean waren wir natürlich dauernd im Water Track Mode. Das Umschalten auf den Bottom Track wird erst wieder am Eingang zum Persischen Golf in der Straße von Hormuz erfolgen.
Ich habe mich jetzt öfter beim Funkoffizier sehen lassen. Ein Vorteil der Funkstation an Bord war, dass sich der Hauptsender auch ausser- halb der Seefunkbänder betreiben liess. Das wusste ich ja schon von der Probefahrt her. Deshalb hatte ich mit benachbarten Funkamateuren, die eine gute Richtantenne und eine KW Endstufe benutzen, Kontakt zu bestimmten Zeiten vereinbart. Das hat dann auch sehr gut funktioniert, meistens war die Verbindung in SSB Telefonie im 15 Meter Amateurfunkband ok manchmal bin ich aber auch auf 20 Meter tätig gewesen. Ob der Betrieb als DJ7WL/mm in der Form legal war, ist mir nicht klar. Es gab schon eine CEPT Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland, die das regelt. Aber für den Betrieb von Bord eines französischen Schiff  aus ??
Die Kontaktrunde der deutschen Schiffe ließ sich mit der Anlage gut verfolgen. So konnte ich von der "Esso Languedoc"  aus auch einige bekannte Funkoffiziere auf deutschen Schiffen begrüßen.
Links:  Das Funkgestell der "Esso Languedoc" / FNLX
Für die Bewegung an Bord gab es die Möglichkeit sich im Trimmraum zu betätigen, oder Rundgänge über das Schiff zu unternehmen.
Oben links:   Blick von der Brücke zum Vorschiff
Oben rechts:   Blick vom Vorschiff zur Brücke
Links:   Teil der Kommandobrücke mit der Anzeigeeinheit des Doppler-Sonar-Systems zwischen den beiden linken Fenstern.

Das Tankschiff "Esso Languedoc" zog nun weiter seine Bahn vorbei an Madagascar sowie den Komoren auf dem direktem Weg zur Straße von Hormuz. Die Bordroutine wurde durchgeführt: Beobachten der Anlage, Messprotokoll führen usw. Aber ca. auf halbem Weg zur Straße von Hormuz und am Morgen um 04:00 Uhr wurde ich per Telefon aus dem Bett geholt. Die Anlage zeigte keine Geschwindigkeit mehr an. An der Hauptelektronik-Einheit wurde ein Zweistrahl Oszi an den relevanten Messpunkten für empfangene Echos angeklemmt: Keinerlei Echo zu sehen, nur Grundrauschen. 
Die AGC (Automatic Gain Control) Spannung wurde gemessen. Per AGC war die maximale Verstärkung eingestellt.

Die Sende-Steuer-Pulse waren auch in Ordnung. Dann ging es über das ganze Schiff zur vorderen Anschlussbox. Hier wurde die Sendeleistung gemessen: Auch ok.
Das gleiche an der hinteren Anschlussbox im Maschinenraum. Und nun? Es war kein Fehler feststellbar und trotzdem funktioniert die Anlage nicht! Zurück an der Mainelektronik-Einheit wurde der Oszillograph wieder an den Empfangsmesspunkten angeschlossen. Kapitän und wachhabender Offizier schauten mich an, aber ich hatte auch keine Erklärung für den Ausfall der Anlage. 
Aber was war das? Auf dem Oszi war ein winziges Echo zu sehen, das nach und nach immer stärker wurde. Die AGC sprang an und regelte die Verstärkung in Proportion zum Empfangssignal herunter. Kurze Zeit danach war das Signal wieder normal und die Geschwindig- keitsanzeige auch in Ordnung. Niemand hatte eine Erklärung für das Verhalten der Anlage. Später, und zurück in Hamburg, fand ich eine Erklärung in einer Dokumentation, die Messungen im indischen Ozean beschrieb. Danach sinken, örtlich sehr begrenzt, in den frühen Morgenstunden die Schwebeteilchen im Wasser auf eine tiefere Ebene ab. Auf allen meinen späteren Fahrten und Erprobungen ist dieser Fall nicht wieder aufgetreten und auch der Hersteller der Anlage hat diese Auswirkung nie beobachtet.
In der Straße von Hormus wurde der Schiffsverkehr sehr rege. Hier bekamen wir auch wieder Bodenkontakt mit der Anlage und damit war die Koppelnavigation sehr präzise. Unser Weg führte uns nun direkt zur Ölverladestation Ras Tanura vor Saudi Arabien. Beim Anlegemanöver an einer künstliche Insel zeigte uns das Doppler Sonar sehr genau die Bewegung des Schiffes in allen Achsen an. Meine Aufgabe war damit beendet. Es wurde noch ein Abschlussprotokoll erstellt und unterschrieben. Per Boot ging es an Land und weiter mit einem PKW zum Flughafen, um den Heimflug anzutreten.
Oben:  Blick zurück beim Abschied                                               Oben:  Die Fahrt zum Flughafen

Schlussbetrachtung
Im Gegensatz zu vielen Kommunikations- und Navigationsverfahren in der Seeschiffahrt, die nicht mehr eingesetzt werden, findet man auch im Jahr 2008 viele Doppler Sonar Anlagen auf Schiffen installiert. Die technischen Daten dieser Anlagen sind der hier beschrieben Doppler Sonar Anlage sehr ähnlich. Allerdings hat der 200 ppNM Ausgang dieser Anlagen nur noch eine Reservefunktion für den Fall, dass die GPS Systeme an Bord ausfallen.
J. Paul, im Februar 2008
Zum 1. Teil des Berichtes

Zum 2. Teil des Berichtes
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Version: 29-Feb-08 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu