MS Schwabenland / DOFW
ex Schwarzenfels / DOFW (ex QMBJ)
Fotos: Frau deBuhr (2), A. Czilwik (1), F.Trenkle (3), NDR-TV (2), Debeg (2), R. Krohne (2), E. Herrmann (1)
*

Im Funkraum der "Schwabenland" / DOFW  steht  rechts ein  800-W-LW-Sender S 289 S von Telefunken, bekannter unter dem Namen  "Orinoco"-Sender. Das 2-stufige Gerät, bestückt mit einer RS 214 in der Steuerstufe und 2 RS 214 (parallel) in der Endstufe wurde durch Drehkos abgestimmt und machte im Bereich 100 bis 600 kHz die Sendearten A1 und A2. Hinten links steht ein Empfänger Telefunken E 363 S (Bereich: 220 - 2500 kHz), ausgerüstet mit umschaltbaren Spulen und bestückt mit 6 Röhren RE 144. Auf dem Gerät steht ein Filtervorsatz, der mechanisch mit dem Empfänger verbunden ist. Vorn links steht ein Allwellenempfänger E 381 H (genannt "Brotdose") von Telefunken. Aus dieser Sicht ist der in das Gerät eingebaute Notempfänger für  Detektorbetrieb gut zu erkennen. Der Kristalldetektor ist von aussen aufgesteckt, darunter die Kopfhörerbuchse für den Notbetrieb. Links vom Fenster befindet sich die Schalttafel der Station. Am 1.Januar 1934 wurden gemäss internationaler Verträge weltweit die Rufzeichen aller Funkstationen neu vergeben. Deutschland hatte als Landeskenner den Buchstaben D erhalten, der "Schwarzenfels" war statt des bisherigen QMBJ jetzt das Rufzeichen DOFW zugeteilt worden.
Der spätere schwimmende Flugstützpunkt "Schwabenland" wurde 1925 als Baunr. 180 bei der Deutsche Werke A.G., Werft Kiel  in Kiel gebaut und im Juli des Jahres als "Schwarzenfels" / QMBJ (Rufzeichen ab 1934: DOFW) an die DDG Hansa in Bremen übergeben. Das Schiff war mit 7894 BRT / 4852 NRT / 11714 tdw vermessen, 148,8 m lang und 18,4 m breit. Zwei 4-Takt-Dieselmotoren mit je 6 Zylindern lieferten 3600 PSe auf zwei Propeller, das Schiff lief damit 12 Knoten. Die als erstes Frachtschiff mit einem Kreiselkompass ausgerüstete "Schwarzenfels" wurde in den Liniendiensten der DDG Hansa eingesetzt. 
1934 wurde das Schiff an die Lufthansa verkauft, in "Schwabenland" umbenannt und in Bremen zum Katapultschiff umgebaut. Auf dem Achterschiff wurden ein abklappbarer 12 to-Kran von Kampnagel und eine Katapultanlage von Heinkel aufgebaut. Die Vermessung nach dem Umbau: 8188 BRT und 5066 NRT.
Für die Kommunikation mit den und als Navigationshilfe für die Flugboote, sowie für Funkverkehr mit anderen Katapultschiffen und zur eigenen Standortbestimmung wurde die "Schwabenland" zusätzlich zur Funkstation mit einer hochwertigen Empfangs- und Peilanlage ausgerüstet. Das Foto oben zeigt von links nach rechts: Einen Allwellen-Empfänger E381H, in der Ecke den Funkpeiler E 374N, den Lang- und Mittelwellenempfänger E 436S, mit dem abgeschrägten Oberteil den Kurzwellenempfänger E 390Gr. Vor dem vorderen Tisch
steht ein Empfänger E 363S (6 Röhren/3 Kreise 220-2500 kHz), rechts daneben ein Selektionsvorsatz für den E 363 und ganz rechts ein Empfänger E 362S für den Frequenzbereich von 2 bis 30 MHz (Baujahr 1928). Die komplette Ausstattung stammt von Telefunken.
Am Heck entstand eine Rampe, über die vom Oberdeck aus achtern ein durch Streben versteiftes Segeltuch als "Schleppsegel" ausgebracht und wieder eingeholt werden konnte. 
Als erste Luftverkehrsgesellschaft hatte die Lufthansa 1934 einen planmäßigen Luftpostdienst nach Südamerika begonnen. Die Post wurde mit normalen Flugzeugen von Deutschland aus über Barcelona und Sevilla in Spanien die afrikanische Atlantikküste entlang bis nach Bathurst (heute Banjul) in Gambia gebracht. Die umgebauten Frachtschiffe "Westfalen" (früher zum Norddeutschen Lloyd gehörend) und "Schwabenland" ermöglichten als schwimmende Flugstützpunkte den zwischen Bathurst und Fernando Noronha an der brasilianischen Küste eingesetzten 10-to-Flugbooten "Do-Wal" eine Unterbrechung der für sie eigentlich zu langen Flugstrecke. 
Die Aufnahme eines Flugbootes auf hoher See durch ein Schleppsegel am Heck der Schiffe, das an Bord nehmen mit einem Kran und der Start mit einer dampfbetriebenen Katapultanlage waren damals neuartige Verfahren.
Foto links:  Ein Flugboot schwimmt auf das achtern ausgebrachte Schleppsegel zu, der Kran ist mit seinem Haken bereit zum Anpicken der Maschine.
Foto unten: Das Flugboot "Boreas" / D-AGAT hängt jetzt am Haken und wird auf den Schlitten des Katapultes gesetzt.
Oben links: Die "Boreas" steht mit dem Schlitten am vorderlichen Ende des Dampfkatapultes der "Schwabenland". Der Ausleger des Kranes ist abgesenkt, um den bevorstehenden Start des Flugbootes über das Achterschiff nicht zu behindern.
Oben rechts: Der Start ist geglückt! Im Bruchteil einer Sekunde wurde die "Boreas" auf die Abhebegeschwindigkeit von gut 150 km/h katapultiert, der Schlitten läuft in eine Auffangvorrichtung, das Flugboot verlässt die "Schwabenland" über das Heck. Das Foto zeigt auch, wieviel Freiheit der abgelegte Kranausleger den Tragflächen lässt. Zwischen Kran und Startanlage liegt das Schleppsegel bereit.
Oben links: Hier sitzt der Navigator einer Do-Wal an seinem "Arbeitsplatz". Links neben ihm steht der Peilempfänger Spez.173N EP1 von Telefunken. Darüber ist das Handrad für den Peilrahmen zu erkennen. Der Peilrahmen selbst steht an Deck des Flugbootes.
Oben rechts: Der Peilempfänger Spez.173 EP1 im Großformat. 
Der Empfangsbereich des 2-Kreisers (9 Röhren) liegt zwischen 175 und 750 kHz. Unterhalb des Empfängers befindet sich der Zielflugvorsatz C97 von der DVG (Drahtlos-Luftelektrische Versuchsanstalt Gräfelding bei München = DVG). Dieser Zielflugvorsatz lieferte über den Ausschlag eines Drehspulinstrumentes nach rechts oder links ein genaues Maß für die Abweichung vom vorgegebenen Kurs. 

Systematisch wurde der Südatlantik-Luftverkehr ausgebaut, schon 1935 wurde auf der "Schwabenland" der 100. Start verzeichnet, bis Herbst 1939 fanden annähernd 500 Antlantiküberquerungen statt. Ab 1936 setzte die Lufthansa auch Flugzeuge vom Typ Blohm & Voß Ha139 mit vier Dieselmotoren auf dem Süd-Atlantik ein. Mit der größer werdenden Reichweite der Flugboote wurden die Katapultschiffe zu "Küstenflughäfen" mit Werkstatt, Funkstation und Wetterwarte umfunktioniert. Der Schleuderstart wurde beibehalten, weil er Brennstoff sparte und zudem für die beladenen Flugboote weniger belastend war als der Start in bewegter See.

1936 wurde die "Schwabenland" zunächst zu den Azoren, später in die Nähe von New York verlegt, um im probeweisen Nordatlantik-Postdienst der Lufthansa viermotorige Ha-139 und Do-26 zu katapultieren. Weil die USA der Lufthansa keine Postbeförderungslizenz erteilten, blieb es bei 50 erfolgreichen Probeflügen zwischen 1936 und 1938.

Bis 1936 wurde die "Schwabenland" weiter von der DDG Hansa bereedert und mit Besatzungen versehen. Danach übernahm der Norddeutsche Lloyd (NDL) aus Bremen dieses Geschäft.

1938 wurde das Schiff an die "Deutsche Antarktische Expedition" verchartert. Zu diesem Zweck wurden umfangreiche Umbauten vorgenommen. Der Rumpf wurde eisverstärkt und ein zusätzlicher Hilfsdiesel kam an Bord. Eigens für diesen Diesel wurde vor dem Schornstein deutlich sichtbar ein Rohr als weiterer Schornstein angebaut. Ziel der Expedition war, für Deutschland eine Basis für die eigenen Walfangflotten zu finden. Neben der „Schwabenland“ waren z.B. während der Walfangsaison 1938/39 vom 8. Dezember bis zum 7. März auch sieben deutsche Walfangflotten im Südpolarmeer!  Diese brauchten eine Versorgungsbasis ähnlich der, wie sie andere Länder z.B. in Süd Georgien unterhielten.

Die beiden Do-Wale "Boreas" und "Passat" waren ebenfalls an Bord und lieferten tausende von Luftaufnahmen von der Antarktis, deren Auswertung bis in die 1950er Jahre dauerte. Ein grosses Gebiet wurde nach dem Schiff benannt: Neu Schwabenland. Die "Schwabenland" kehrte im April 1939 nach Hamburg zurück. Von dieser Reise brachte man auch die ersten Kaiserpinguine mit nach Deutschland - sie waren anschliessend im Berliner Zoo zu sehen. 
Bei Kriegsausbruch wurde das Schiff von der Luftwaffe beschlagnahmt und zunächst in Kiel, dann an der französischen Atlantikküste bei Le Havre eingesetzt. Im August 1942 wurde die "Schwabenland" in einem gut gesicherten Geleitzug durch den Ärmelkanal nach Norwegen verholt und von dort aus als Katapultschiff für Fernaufklärer BV 138 eingesetzt. Am 24. März 1944 wurde sie vor Bergen vom britischen U-Boot „Terrapin“ torpediert. Die Besatzung konnte die "Schwabenland" aber noch bei Abelnes / Flekkefjord auf den Strand setzen und so ein Sinken des Schiffes verhindern. 
Foto oben: Die torpedierte "Schwabenland" liegt bei der Ortschaft Abelnes / Flekkefjord* mit dem Vorschiff auf dem Strand. Sie hat Schlagseite nach Steuerbord und liegt im Gatt. Im Katapult steht noch eine BV 138, eine zweite Maschine dieses Typs, die neben die Bordwand gekippt war, und eine Heinkel HE 115 sind bereits abgeborgen. Neben der "Schwabenland" liegt das Versorgungsschiff  "Karl Meyer". Die "Karl Meyer" gehörte zur Luftwaffe, war 1940 mit 3 Schwesterschiffen von der Norderwerft Koser & Meyer, Hamburg gebaut worden, mit 1157 BRT vermessen, 78 m lang und 10,8 m breit. Vier Dieselmotoren mit zusammen 8800 PS arbeiteten auf 2 Schrauben und gaben dem Versorgungsschiff eine Geschwindigkeit von max. 18,5 Knoten. Im September 1944 sank der Tender "Karl Meyer" nach einem britischen Bombenangriff.
Oben Links: Die Funkstation auf dem Tender "Karl Meyer". Hinter dem Funker steht ein Allwellenampfänger Telefunken E 381H, links daneben ein Lang- und Mittelwellenempfänger Telefunken E  436S. Der Funker bedient eine Morsetaste von Junker
Oben rechts: Dieses Foto zeigt die "Schwabenland" von vorn in der oben bereits beschriebenen misslichen Lage. Die "Karl Meyer" birgt mit dem Kran Ausrüstungsgegenstände.
Es gelang, das Schiff notdürftig "flott" zu machen, es wurde als Wohnschiff eingesetzt. Nach der Kapitulation der Deutschen im Mai 1945 übernahmen die Engländer das Wrack. Ende 1946 holten sie Alfred Kottas († 1969), den langjährigen Kapitän der "Schwabenland", aus der Gefangenschaft und befahlen ihm, das mit Gasmunition vollgepackte Schiff am Silvestertag 1946 im Skagerak zu versenken.
* Auskunft von Frau Aud Johnsen aus Abelnes / Vielen Dank für den Hinweis


Benutzte Quellen:
"Nauticus 1940" und "Nauticus 1938", Verlag Mittler und Sohn
Paul Kuntze, 1939: "Volk und Seefahrt"
Fritz Trenkle, 1989: "Die deutschen Funknachrichtenanlagen bis 1945", Band I "Die ersten 40 Jahre", Hüthig Verlag ISBN 3-7785-1952-2
Fritz Trenkle, 1982: "Die deutschen Funkpeil- und Horch-Verfahren bis 1945", AEG-Telefunken Aktiengesellschaft, ISBN 3-87087-129-6
H.G. Prager,  1976: "DDG Hansa - Vom Liniendienst zur Spezialschiffahrt", Köhlers Verlagsgesellschaft mbH Herford, ISBN 3-7822-0105-1

Bildnachweis:
Bild 1  Quelle: Sammlung A. Czilwik, Köln  (Mit freundl. Genehmigung 2000)
Bild 2 und Bild 12  Quelle: Telefunken / Fritz Trenkle in "Die deutschen Funknachrichtenanlagen", Band 1 (Mit freundl. Genehmigung durch Frau Trenkle, 2000)
Bild 3 und Bild 8  Quelle: NDR-Fernsehen in "Die Dinosaurier der Luftfahrt" (2000)
Bild 4 und Bild 5  Quelle: Debeg in "25 Jahre Debeg" (1936) Seiten 35 und 36  (Urheber dort nicht genannt)
Bild 6 und Bild 7: Quelle: Deutsche Lufthansa / Rudolf Krohne  in "Ein Volk sucht die See" (1939, Urheber dort nicht genannt)
Bild 9  Quelle: Telefunken / DVG / Fritz Trenkle in "Vom Funkensender zum Bordradar", Seite 84 (Mit freundl. Genehmigung durch Frau Trenkle, 2000)
Bild 10 Quelle: Jürgen Brandt / Ernst Herrmann in "Deutsche Forscher im Südpolarmeer", Seite 64 ff (1941)
Bild 11 und Bild 13 Quelle: Frau de Buhr, Bremen (Witwe eines Ingenieurs der "Schwabenland" / Mit freundl. Genehmigung 2000)

Zur Seefunk-Homepage
Version: 09-Sep-00 Rev.: 13-Oct-07 / 03-Oct-09 / 22-May-11 / 16-Jul-11 / HBu