Viermast-Bark Pamir / DKEF
Foto (1): Sammlung Karlheinz Müller, DF2BA († 2006)  - 

Das Foto links stammt aus Mitte der 50er Jahre und zeigt die Enge, in der der Funkoffizier (hier: Karl Eggers) arbeitete. Links unten nur von der Seite zu sehen steht der Hauptempfänger Siemens E66a. Vor dem Operator auf dem Tisch steht ein 40 Watt Kurzwellen-Telegrafiesender Lorenz Lo40K39 (Baujahr ab 1937). Darüber auf dem Regal steht der 40 Watt GW-Telefonie-Sender Telefunken 109 (ab 1950). Rechts über dem Kopf des Funkers der 200 Watt Mittelwellen-Sender Telefunken S356 S, der bereits ab 1936 gebaut wurde.

Bis zum Unfall der "Pamir"/DKEF am 21. September 1957 (siehe weiter unten) wurde die Funkstation komplett umgerüstet. Im Protokoll der Seeamtsverhandlung  erscheint folgende Geräteliste:
MW-Hauptsender Telefunken S 519
Notsender Telefunken S 203
KW-Sender Lorenz Lo 540
Haupt-Empfänger Siemens E 566
Not-Empfänger Debeg E 500
AutoAlarm-Empfänger Lorenz Lo572
Alarmzeichen-Tastgeraet Debeg AT512.

Die "Pamir" lief am 9. September 1905 bei Blohm und Voss in Hamburg vom Stapel, sie war mit 3020 BRT / 2777 NRT (nach 1951: 3102,87 BRT / 2509,27 NRT) vermessen. 
Genau 52 Jahre später befindet sich das Schiff auf der Reise von Buenos Aires nach Hamburg. Es hat eine Besatzungstärke von 86 Mann, darunter sind 51Offiziersanwärter.

Am 21. September 1957 13.36 GMT sendet die Pamir: "XXX[¹] drifting in heavy hurricane without sails in posn 35.57 n 40.20 w please ships in vicinity give posn ans 480"[¹]. Um 14.00 folgt die Seenotmeldung: "SOS german fourmastbark pamir at posn (wie oben) all sails lost lopside 35 degrees still gaining. Ships in vicinity please communicate, master". Die Meldung wird um 14.04 GMT wiederholt.  "Penn Trader" / 5LLA und "Tank Duke" / LALY bestätigen und laufen auf die Unfallposition zu. Um 14.54 GMT: "SOS de DKEF rush rush to us german fourmastbark pamir danger of sinking master" und um 14.57 GMT: "now speed ship is making water danger of sinking". Um 15.03 GMT hört die als Leiter des Seenotfunkverkehrs arbeitende "Penn Trader" den letzten verstümmelten Seenotruf. 
Der als Ursache vermutete tropische Hurrican "Carrie"  war seit Tagen in den NSS (Washington) - Wetter- berichten, wenn auch die Zugrichtung nicht immer ganz genau vorhergesagt wird. Portishead/GKU meldet dagegen am 20. 9. 09.30 GMT: "no storm warnings" Grund: Portishead hält sich genau an seine Vorhersagegebiete, und "Carrie" liegt zu diesem Zeitpunkt noch bei 47 W und damit außerhalb der "West Southern Section"[²]. Am Untergangstag der "Pamir" wird Carrie bei Portishead erwähnt. Das Seeamt stellt später fest, daß zur Unglückszeit die Wetterberichte von Washington/NSS 06:00 GMT, St. Lys/FFL 08:50 GMT, Portishead/GKU Analyse 11:30 GMT, Horta 12:30 GMT und der Norddeich-Ozeanfunk- Wetterbericht 17:50 GMT Gefahrenhinweise enthielten[³]. Jedoch war die beste Verfolgung des Wirbelsturm nach NSS möglich, während die europäischen Wetterberichte (mit Ausnahme St. Lys) ihn erst spät in ihre Prognosen eingeführt haben. 
Nach dem Seenotfall strahlt Norddeich Radio eine Aufforderung in deutsch und englisch aus, den vermuteten Unglücksort anzusteuern und dort zu suchen. Am 23. September 08:38 GMT findet die "Saxon" das Rettungsboot Nr. 5 mit 5 Überlebenden und am 24. September 16:41 GMT findet die "Absecon" das Boot Nr. 2 mit einem Überlebenden. Insgesamt haben 11 Flugzeuge in 500 Flugstunden und 60 Schiffe aus 13 Nationen 7 Tage gesucht, 6 Personen werden gerettet. Die Suche wird am Samstag, den 28. September eingestellt.
[
¹]XXX = Dringlichkeitszeichen für Seefunk-Telegrafie. Es wurde auf der Seenot- und Anruffrequenz 500 kHz extrem dringlichen Meldungen vorangestellt.

     Mit "ans 480" bittet der Funkoffizier der "Pamir" seine Kollegen auf 480 kHz (Mittelwellen-Arbeitsfrequenz für Schiffe) zu antworten.
[²]"West Southern Section" ist das Seegebiet zwischen 35º und 45º Grad Nord sowie zwischen 28º und 40º West.
[³]Alle hier erwähnten Wetterberichte wurden in Funktelegrafie (Morse-Code) gesendet. Für den zentralen Nord-Atlantik gab es keine Wettersendungen
     in Funktelefonie (wie es der "Pamir"-Film von 2006 suggerieren will).  Erst die Einführung des SITOR-Funkfernschreibens im Seefunk brachte in den 70er 
     Jahren eine Änderung durch zusätzliche Aussendungen per Fernschreiben  zumindest bei Portishead Radio/GKA, St.Lys Radio/FFL und Chatham Radio/WCC. 
Siehe auch: Der Fall MS "Brandenburg" / DIMF: Unterlassene Hilfeleistung auf See? (H. Busch) 

und: Seefunk - sozial (Robert R. Kühn)

Bildnachweis:
Foto (1) Quelle: Sammlung Karlheinz Müller, DF2BA († 2006) Mit freundl. Genehmigung 2000)
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Version: 26-Apr-01 / Rev.: 28-Nov-06 / 27-Sep-09 / 22-May-11 / HBu