Erstaunlicherweise
wurde die erste Initiative zur Anwendung der Funkwellen in Deutschland
für den Seefunkdienst nicht von der Post, sondern vom "Norddeutschen
Lloyd" ergriffen. Er kaufte zwei Marconistationen und installierte sie
auf dem Feuerschiff "Borkum Riff" und in dem Leuchtturm auf der Insel Borkum.
Schiffe, die das Feuerschiff passierten, hatten somit die Möglichkeit,
ihr Passieren der Reederei zu melden und auch andere Nachrichten als "Semaphortelegramme"
über das Feuerschiff zu leiten. Diese Telegramme waren 1875 auf der
Telegraphenkonferenz in St. Petersburg eingeführt worden. Es war ein
optischer Nachrichtenaustausch mit Signalstellen, die an das Telegraphennetz
angeschlossen waren. Die Gebühren wurden beim Empfänger eingezogen.
In Richtung Land-See vermittelte man ebenfalls Telegramme, diese lagerten
so lange bei der Semaphorstelle, bis sich das Schiff meldete.
Die
ersten Schiffe, die über Telegraphie (Morse) ihre Telegramme an das
Feuerschiff sendeten, waren die Fahrgastschiffe "Kaiser Wilhelm der Grosse"
und "Kronprinz Wilhelm". Da es diesen Schiffen aber nicht gelang, von der
Wesermündung aus das Feuerschiff zu erreichen, eröffnete der
"Norddeutsche Lloyd" eine weitere Küstenfunkstelle in der Wartehalle
in Bremerhaven. Eingerichtet wurde diese Funkstelle von Adolf Slaby und
Graf Arco. Diese private Küstenfunkstelle wurde über die Jahre
immer auf dem neuesten technischen Stand gehalten und hat bis zum Beginn
des Zweiten Weltkriegs bestanden. "LL" war das Rufzeichen dieser Funkstelle.
Die "HAPAG" hatte bereits 1901 eine Küstenfunkstelle in Duhnen bei
Cuxhaven errichtet und auf ihrem Schnelldampfer "Deutschland" eine Funkstation
eingebaut die ebenfalls von der Slaby-Arco-Gruppe stammte. Die Funkgeräte
waren den Marconi-Geräten weit überlegen, schon im Oktober 1901
konnte eine Distanz von 120 km überbrückt werden.
Obwohl
die Slaby-Geräte eine grössere Leistungsfähigkeit besassen,
baute die "HAPAG" auf ihren Schiffen Marconi-Funkstationen ein, denn auf
den Fahrten über den Atlantik konnte man, wenn überhaupt, nur
mit anderen Marconistationen verkehren. Das lag am sogenannten "Marconi-Monopol".
"Lloyds London" hatte weltweit seine optischen Signalstellen in Küstenfunkstellen
umgewandelt und sich vertraglich festgelegt, nur Marconi-Geräte einzusetzen.
Marconi
hatte bereits 1896 über eine kommerzielle Nutzung der Telegraphie
nachgedacht, fast gleichzeitig begannen die Professoren Slaby in Berlin
und Braun in Strassburg ebenfalls auf diesem Gebiet zu arbeiten. Prof.
Braun hat dann 1898 im Auftrage des Schokoladenherstellers Stollwerck aus
Köln und des Reedereikaufmanns Georg Wilhelm Bargmann der "Hamburg-Manila-Linie"
an der Entwicklung eines Funksenders und seiner Erprobung über grössere
Entfernungen gearbeitet. Sein Assistent war der spätere Prof. Jonathan
Zenneck. Man begann im April 1899 mit einem Sender am Leuchtturm an der
"Alten Liebe" in Cuxhaven, der Empfänger stand auf der Kugelbake und
wurde, hatte er ein Zeichen registriert, immer ein Stück weiter verlegt.
Im Juni hatte man bereits die Entfernung bis zur Insel Neuwerk überbrückt.
Beteiligt an diesen Versuchen war auch das Bäderschiff "Silvana",
auf dem eine Sendeanlage eingebaut war. Der Empfänger stand auf der
Kugelbake. Am 25. September 1900 gab es die erste Funkverbindung zwischen
Helgoland und Cuxhaven. Am 29. Oktober strandete bei einem heftigen Sturm
der Viermaster "H. Bischoff" auf dem "Grossen Vogelsand", das Feuerschiff
"Elbe 2", das ebenfalls schon mit einer Telegraphie-Funkanlage ausgerüstet
worden war, rief drahtlos Hilfe herbei.
Im
April 1904 wurde in Cuxhaven eine Marinefunkstation in Betrieb genommen,
untergebracht war sie im hamburgischen Staatsschuppen an der "Alten Liebe".
Sie lag ganz in der Nähe des Telegraphen- und Postamtes 2, und obwohl
sie als Marinestation in Betrieb genommen wurde, vermittelte sie auch Telegramme
für die Öffentlichkeit. Wichtigster Verkehrspartner war das Feuerschiff
"Elbe 1", Der Hamburger Senat hatte dieses Schiff mit einer Funkanlage
ausgerüstet.
Die
Funkensender waren noch schlecht abstimmbar und sehr breitbandig, das heisst,
sie waren mit Empfängern, die in der Nähe standen, über
das gesamte Band zu hören. Es durfte daher immer nur eine Funkstelle
arbeiten. Ab 1910 arbeiteten auf der Marinestation auch Postbeamte und
im April 1912 wurde sie von der Deutschen Reichspost übernommen. Dieses
Datum ist das Traditionsdatum der Küstenfunkstelle "Elbe-Weser Radio".
Da es noch keine öffentliche Stromversorgung gab, wurden die Sender
aus Batterien gespeist, die mit einem Generator, aus Benzinmotoren angetrieben,
aufgeladen wurden. Drei Holzmasten aus Pitchpine-Holstangen dienten als
Antennenträger, der höchste von ihnen, 42 m, wurde von
der Marine gleichzeitig als Signalmast benutzt.
Am
30. März 1905 wurde die erste "Vorschrift über den Gebrauch der
Funkentelegraphie im öffentlichen Verkehr" vom Reichspostamt herausgebracht.
Hierin wurden die Begriffe "Schiffsstation", Küstenstation", und Funkentelegramme
definiert. Eine Telegraphenordnung des Deuschen Reiches band die Betriebsabwicklung
an den "Internationalen Telegraphenvertrag" und es erschien die erste Rufeichenliste
der Küstenstationen und Handelsschiffe.
Rufzeichen
aus dieser Zeit
Für
Öffentliche Funkstellen:
Cuxhaven: |
KCX |
Helgoland: |
KHG |
Borkum
Leuchtturm: |
KBM |
Feuerschiff
"Borkumriff": |
FBR |
Für
beschränkt öffentliche Funkstellen:
Bremerhavener
Lloydhalle: |
KBH |
Feuerschiff
"Elbe 1": |
FEF |
Feuerschiff
"Weser": |
FWF |
Für
Schiffsfunkstationen:
"Deutschland" |
DDL |
"Moltke" |
DDM |
"Blücher" |
DDB |
"König
Albert" |
DKA |
"Meteor" |
DMR |
"Cap
Ortegal" |
DCO |
"Cap
Blanco" |
DCB |
"Kaiser
Wilhelm der Grosse" |
DKW |
"Kronprinz
Wilhelm" |
DKP |
"Kaiser
Wilhelm II" |
DKM |
1925
wurde verstärkt auch in der Hochseefischerei Seefunk betrieben, 1908
hatte man bereits drei Cuxhavener Fischdampfer mit Funkstationen ausgerüstet,
der Nutzen war aber nicht sehr gross, denn es konnten nur ganz kleine Antennen
aufgespannt werden, die daher keinen grossen Wirkungsgrad hatten. 1925
gab es die ersten Röhrenempfänger und es wurden Reichweiten von
100 sm am Tage erzielt, die sich in der Nacht um ein Vielfaches erhöhten.
Die
Funkstellen in dieser Zeit benutzen für das Senden und Empfangen nur
eine Antenne. Hatte man gesendet und wollte empfangen musste ein grosser
Schalter umgelegt werden. Diese Unbequemlichkeit konnte nur durch eine
Trennung der Sende- und Empfangsanlagen abgeschafft werden.
Nach
dem Ersten Weltkrieg forderten die Bremer Reeder aber auch andere Wirtschaftskreise
eine öffentliche Küstenfunkstelle an der Wesermündung. Am
30. Oktober 1925 errichtete die Postverwaltung daher die Küstenfunkstelle
"Bremerhaven Radio". Die Empfangsfunkstelle befand sich im Telegraphenamt
in der Schifferstrasse, die Sendestelle in der Nähe des Bahnhofs Wulsdorf.
Antennenträger waren drei 35 m hohe Eisengittertürme. Als Rufzeichen
wurde das von der "Lloyd-Funkstelle" bis dahin benutzte "KBH" übernommen,
die Lloydfunkstelle bekam das neue Rufzeichen "KBX".
Mit
Einführung des öffentlichen Rundfunks in Cuxhaven im Jahre 1924
musste die Küstenfunkstelle "Cuxhaven Radio" umgestaltet werden. Es
wurde eine neue Sendestelle in Sahlenburg errichtet. Die Empfangsfunkstelle
musste 1930 aufgrund der sich verschlechternden Empfangsergebnisse in einem
Gartenpavillon nach Duhnen verlegt werden. Dieser Notbehelf wurde 1931
durch eine neue Empfangsfunkstelle in Berensch überwunden.
Mit
dem Umzug nach Berensch änderte sich auch der Name der Küstenfunkstelle.
Aus der Funkstelle "Cuxhaven Radio" war "Elbe-Weser Radio" geworden.
Die
Küstenfunkstelle "Bremerhaven Radio" wurde geschlossen, da man Dank
der Röhrentechnik jetzt ohne Schwierigkeiten die Flussmündungen
der Elbe und Weser von Cuxhaven aus versorgen konnte.
Es
war eine Zeit, in der man in Berensch Menschen traf, die noch nie eine
Eisenbahn benutzt hatten. Die neue Küstenfunkstelle mit ihren 30 m
hohen Masten wurde im Dorf nur "Die Funk" genannt und wenn die Heuernte
verregnete oder es während der Rübenpflanzung zu trocken war,
gab man "Die Funk" die Schuld.
"Elbe-Weser
Radio" war Tag und Nacht mit zwei Beamten besetzt. Für die Mittelwelle
lag ihr Verkehrsbereich zwischen dem Feuerschiff "Norderney" im Westen
und der Ostseeküste im Osten. Von hier ab begann der Verkehrsbereich
von "Rügen Radio", dessen Bau übrigens genau so geplant war wie
der von "Elbe Weser Radio" Im Grenzwellenbereich gab es keine Grenzen,
hier wurde der Verkehr so abgewickelt, wie es technisch möglich war.
Als der Sprechfunk eingeführt wurde hatte man eigentlich an einen
Flussmündungsverkehr gedacht, d.h. man hatte Verkehr mit Bäderschiffen,
Fahrzeugen der Seezeichenverwaltung und Schiffen die zwischen Wangerooge
und Norderney verkehrten. Als einer der ersten Heringslogger wurde der
"Adler" aus Bremerhaven mit einem Funksprechgerät ausgerüstet,
ihm gelang es, von den Shetlandinseln ein Gespräch über "Elbe-Weser
Radio" zu führen. Es war für alle eine grosse Überraschung,
denn so etwas hatte man zu der Zeit von den Sprechfunksendern nicht erwartet.
Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die Funkausrüstung auf den Loggern
dürftig, sie verfügten aber alle über einen Funkempfänger,
mit dem sie den Hochseefunk abhören konnten, der von "Norddeich Radio"
im Einseitigen Dienst ausgestrahlt wurde. Zuerst auf Langwelle, später
dann auf der Grenzwelle.
Der
Grenzwellenverkehr hat das Nachrichtenwesen der Hochseefischerei völlig
neu gestaltet. Nachdem man die Vorteile dieser Frequenz erkannte, wurden
auf den Fischdampfern die Mittelwellen- nach und nach durch Grenzwellenanlagen
ersetzt. Für Mittelwelle waren die Antennen auf den Fischdampfern
zu klein und zu kurz, hatten zu wenig Kapazität für die tieferen
Frequenzen. Auf Grenzwelle war auf den kleinen Fischdampfern die Abstrahlung
besser zu lösen, das führte vor allem während der Dunkelheit
zu wesentlich grösseren Reichweiten.
Mit
"Elbe-Weser Radio" entstand ein Nachrichtennetz, dessen Gebiet von der
deutschen Nordseeküste bis ins Weisse Meer, der Barentssee über
Spitzbergen und Jan Mayen bis Island und Gröndland reichte. Grossen
Nutzen hieraus zog auch die Deutsche Seewarte, die Fischdampfer übermittelten
ihre Wetterbeobachtungen durch "Seeobse", sie ergänzten damit das
dürftige Netz der Beobachtungsstationen im Nordmeer und um Island,
der Wetterküche Westeuropas.
Internationale
Anruffrequenz war übrigens 1650 kHz. In Deutschland wurde auf der
Grenzwelle Sprechfunk und auch Telegraphie betrieben, nur "Wick Radio"
verkehrte von Nordschottland aus ebenfalls in Telegraphie mit den Fischdampfern.
Mit Einführung der Grenzwelle wurde bei "Elbe-Weser Radio" auch ein
"Funkärztlicher Beratungsdienst eingeführt.
Seefunkdienst
im Zweiten Weltkrieg
Mit
Beginn des Krieges wurde der öffentliche Funkverkehr eingestellt.
"Elbe-Weser Radio" blieb aber weiter in Betrieb. Grossen Auftrieb erlebte
der Seenotverkehr, dessen Träger die "Deutsche Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger" in Bremen war. Im Rahmen dieses Seenotdienstes blieb
ein gegenseitiger Austausch der Seenotmeldungen mit den englischen Funkstellen
bis zum Ende des Krieges üblich. Seenotmeldungen, die mit der Einleitung
"CQ" (an alle) von "Elbe-Weser Radio" ausgestrahlt wurden, bestätigte
"Cullercoats Radio" mit der Einleitung "following received from". In gleicher
Weise verfuhr "Elbe-Weser Radio".
Nach
dem Kriege, am 18. Juni 1946, wurde die Küstenfunkstelle "Kiel Radio"
eröffnet. Sie übernahm die Aufgaben im Ostseeraum. Im Mai 1948
durfte "Norddeich Radio" den Betrieb auf Kurzwellen wieder aufnehmen. Der
Verkehr war sehr gering, erste Teilnehmer waren die US-Nachschubschiffe
die auf der Fahrt nach Bremerhaven waren, mit denen vorher hauptsächlich
nachts "Elbe-Weser Radio" über grosse Entfernungen auf Mittelwelle
verkehrt hatte. Im Grenzwellenbereich entstand zwischen "Norddeich Radio"
und "Elbe-Weser Radio" eine echte Konkurrenz. "Norddeich Radio" hatte den
Vorteil, stärkere Sender einsetzen zu können, diese wurden von
den Seefunkstellen bevorzugt, da sie zu der Zeit noch keine trennscharfen
Empfänger hatten. "Elbe-Weser Radio" dagegen hatte langjährige
traditionelle Beziehungen zu den Fischdampferfunkern und zu ihren Reedern.
Wetterfunkdienst
Am
15. August 1947 richtete das Deutsche Hydrographische Institut einen eigenen
Seewarndienst über "Elbe-Weser Radio" ein. Bis 1948 hatte die Küstenfunkstelle
den Auftrag alle von den Nachbarküstenfunkstellen "Scheveningen Radio"
und "Blaavand Radio" ausgestrahlten Meldungen aufzunehmen und an den Seewarndienst
weiterzuleiten. Žhnlich verfuhr "Kiel Radio" an der Ostseeküste,
sie nahm die Meldungen von "Lyngby Radio" auf. Schon im Juni 1945 - wenige
Wochen nach der Kapitulation - hatte "Elbe-Weser Radio" den Auftrag erhalten,
regelmässig einen Wetterbericht in englischer Sprache zu senden. Als
1946 das Meteorologische Amt in Hamburg eröffnet wurde, erhielten
"Kiel Radio" und "Elbe-Weser Radio" den Auftrag zweimal täglich einen
Wetterbericht im Interesse der Sicherheit in englischer Sprache zu senden.
Zeitzeichendienst
Da
die Kenntnis des Chronometerstandes für die astronomische Navigation
unentbehrlich ist, und nach dem Kriege nicht alle Seefunkstellen ein Zeitzeichen
ausländischer Funkstellen auf "Längstwellen" aufnehmen konnten,
strahlte "Elbe-Weser Radio" ab dem 8. Dezember 1945 das Zeitzeichen der
britischen Funkstelle "Rugby Radio" aus. 1950 wurde diese Aussendung eingestellt,
dafür sendeten "Kiel Radio" und "Norddeich Radio" auf Grenzwelle ein
Zeitzeichen des Deutschen Hydrographischen Instituts aus, das zusätzlich
bei "Norddeich Radio" über zwei Kurzwellenfrequenzen für die
weltweite Benutzung verbreitet wurde.
Nebelwarndienst
Ab
1. September 1954 verbreitete "Elbe-Weser Radio" auch Nebelnachrichten,
wenn die Sichtweite beim Feuerschiff "Elbe 1", in Cuxhaven, Stadersand,
Brunsbüttelkoog und Hamburg geringer als 1 500 m wurde. 1955 wurde
dieser Dienst auf die Wesermündung erweitert. 1958 wurde dieser Dienst
von "Norddeich Radio" übernommen.
Peilfunkdienst
Ende
1945 ordnete die britische Kontrollmission den Aufbau eines Peilnetzes
an, das mit der Funkstelle "Elbe-Weser Radio" verknüpft werden sollte.
Als Orte für Peilfunkstellen wurde die Insel Norderney, St. Peter
Ording und die Insel Neuwerk bestimmt. Sechs ehemalige Marine-Peilfunker
wurden eingestellt, man wollte die Peilfunkstellen ununterbrochen mit zwei
Kräften besetzen. Untereinander waren diese Peilfunkstellen mit "Elbe-Weser
Radio" durch unmittelbare Fernsprechleitungen verbunden. Der Peilbereich
wurde im Norden durch die Breite 54ø 20' N und durch die Länge
04ø 30' E begrenzt. Schnell erreichte dieses Netz eine hohe Betriebsgüte.
Zu Beginn wurden Mercator-Projektions-Karten verwendet, da auf diesen Karten
die Funkwellen aber nicht gradlinig übertragen werden können,
verwendete man für grössere Entfernungen eine Loxodrombeschickung,
diese war sehr zeitraubend. Später wurden gnonomische Karten verwendet,
auf diesen erscheinen die Ausbreitungswege der Funkwellen geradlinig.
Der
Betrieb der Peilfunkstelle auf der Insel Neuwerk wurde zu einer grossen
Belastung. Besonders im Winter, wenn es Eis auf der Nordsee gab, konnte
man nur unter erschwerten Bedingungen Nachschub zur Insel bringen. Es hat
bei diesen Fahrten auch Tote gegeben. Nur ganz langsam konnte der englischen
"Radio Section" abgerungen werden, die Peilfunkstelle auf der Insel zu
schliessen und durch eine neue Station auf dem Festland zu ersetzen. Neuer
Standort wurde die "Holter Höhe" bei Altenwalde. Das neue Peilnetz
wurde recht häufig benutzt, ab 1950 jedoch wurden aber immer weniger
Peilungen angefordert, da auf den Seeschiffen modernere Navigationsmittel
installiert wurden. Für die Schiffssicherheit erlangte es aber eine
grosse Bedeutung. Einen Nachteil hatte das Peilnetz allerdings, es konnte
nur auf der Mittelwelle betrieben werden. Von all den Schiffen, die nach
dem Schiffsicherheitsvertrag von 1948 nur mit einer Grenzwellenanlage ausgerüstet
waren, konnte es nicht genutzt werden. Man baute daher 1952 im Pferdemoor
nördlich von Altenwalde eine neue Peilstation auf dem Fundament eines
ehemaligen Marinepeilers auf. Es war ein Adcocksystem, benannt nach dem
englischen Erfinder. Peilfrequenz war 410 kHz. Das Peilnetz blieb betriebswirtschaftlich
gesehen ein grosser Unkonstenfaktor, es konnte nur durch viel Personalaufwand
betrieben werden. Man stellte daraufhin die Anlage zu einer Sichtfunkpeilanlage
um, die eine Peilanzeige durch einen Strich oder eine flache Elipse auf
einem Bildschirm lieferte. Anfang 1950 war diese Umstellung vollzogen.
Das Personal konnte drastisch verringert werden. Entbehrlich wurde dadurch
auch der Beruf des Peilfunkers, denn jetzt wurde das Ergebnis nur noch
abgelesen. Von "Elbe-Weser Radio" aus wurden nur noch Kontrollpeilungen,
angeforderte Peilungen und Peilungen im Seenotfall durchgeführt. Im
Juni 1963 brannte die Peilhütte des Adcockpeilers bei Altenwalde ab,
die Ursache konnte nie ermittelt werden.
Schon
1956 waren Überlegungen laut geworden, die Küstenfunkstelle "Elbe-Weser
Radio" zu schliessen und den Betrieb von "Norddeich Radio" aus durchzuführen.
Wissenschaftliche Mitarbeiter des Funkamtes Hamburg führten im November
und Dezember Ausbreitungs- und Feldstärkemessungen durch. Da "Norddeich
Radio" aber zu der Zeit selbst in einem Behelfsstadium arbeitete, es wurden
gerade neue Arbeitsplätze aufgebaut, wurde dieses Vorhaben verschoben.
1957 im September wurde ein mehrtägiger Versuchsbetrieb von "Norddeich
Radio" aus durchgeführt, der Schwierigkeiten im Funkverkehrs auf den
Grenzwellen erkennen liess. Zwischenzeitlich hatte "Norddeich Radio" auch
eine Senderfernbedienung nach Sahlenburg erhalten. Im Juni 1958 waren aber
alle Voraussetzungen geschaffen worden, und der Betrieb wurde nach Utlandshörn
verlagert. In Schiffahrtskreisen wurde diese Massnahme nur negativ beurteilt.
Das
Betriebspersonal wurde bei "Elbe-Weser Radio" von 16 auf acht Kräfte
reduziert.
UKW-Seefunkdienst
In
der "Vollzugsordnung für den Funkdienst Atlantic City 1947" gab es
nur dürftige Hinweise für die Verwendung des Frequenzbereiches
von 152 bis 172 MHz für den Seefunkdienst. Für die Region 1,
Europa/Afrika, war Frequenzmodulation vorgesehen. Im Dezember 1949 wurde
bei "Elbe-Weser Radio" eine UKW-Versuchsanlage aufgebaut, die ausgezeichnete
Ergebnisse im Verkehr mit den Seezeichenfahrzeugen und dem Feuerschiff
"Elbe 1" ergab. Die Anlagen brachten eine Qualität, die man bisher
nur aus dem Ortsverkehr kannte. 1951 begann in Hamburg und Cuxhaven der
Hafenfunkdienst auf Ultrakurzwelle, gleichzeitig begann der Küstenfunkdienst
an der Unterelbe und bei "Elbe-Weserradio". Aus diesem Dienst hat sich
später dann der auch der Landfunkdienst entwickelt. Im Jahre 1957
wurde mit dem "Regionalen Abkommen über den internationalen Sprech-Seefunkdienst
auf Ultrakurzwellen" von Den Haag die Grundlage für den überregionalen
UKW-Seefunk geschaffen. Im CCIR (Internationaler beratender Funkausschuss
der Internationalen Fernmeldeunion) war eine intensive Vorarbeit geleistet
worden. Dieses Abkommen wurde dann später Bestandteil der "Vollzugsordnung
für den Funkdienst Genf 1959".
1958
wurden bei "Norddeich Radio", "Elbe-Weser Radio" und "Kiel Radio" die ersten
Anlagen für den UKW-Seefunkdienst in Betrieb genommen. Der Aufbau
dieses Dienstes an der Elbe und Weser wurde zur neuen Betriebsaufgabe von
"Elbe-Weser Radio". Wegen der beschränkten Reichweite der UKW-Geräte
mussten mehr Küstenfunkstellen betrieben werden, in Hamburg entstand
eine dieser neuen Küstenfunkstellen, ab 1961 wurde sie aber an "Elbe-Weser
Radio" angeschlossen. Mit "Bremen Radio" - fernbedient von "Elbe-Weser
Radio" wurde die Versorgung an der Wesermündung 1962 abgeschlossen.
1963 folgte "Nordfriesland Radio", das zunächst in Bordelum bei Bredstedt
untergebracht war, später dann aber auf die Insel Sylt verlegt wurde.
Es folgte "Eiderstedt Radio" in Garding für die Versorgung der Eidermündung.
Alle diese Stationen wurden von "Elbe-Weser Radio" aus fernbedient.
An
der Ostseeküste verhielt es sich ähnlich, hier wurden von "Kiel
Radio" aus "Flensburg Radio" und "Lübeck Radio" fernbedient. Als eine
neue Richtunkstrecke aus dem Bremer Raum nach Schleswig-Holstein geplant
wurde, lag es nahe, "Elbe-Weser Radio" mit einzubeziehen. Bis zu diesem
Zeitpunkt war die Küstenfunkstelle immer noch in Baracken bei Altenwalde
untergebracht. |