Besuch bei "Blaavand Radio" / OXB
Bericht von Telegrafeningenieur F.C. Wamberg vom Frühjahr 1939
Erschienen im dänischen Schiffahrts-Magazin "VIKINGEN", Heft 1/1939
Quelle: Eike F. Pieritz  -  Vielen Dank + 73 an Niels Madsen für die Übersetzung ins Deutsche

Blaavand Radio im Jahr 1939 mit dem Stationsgebäude an der linken Seite und den drei 50 Meter
hohen Sendemasten mit den Antennen der Sender. Rechts: Einige Dienstwohnungen der Station
Für viele Leser des „Vikingen“ hat der Name „Blaavand Radio“ eine besondere Bedeutung: Durch diese Küstenfunkstelle können Menschen in Verbindung bleiben und die Einsamkeit besiegen. Über diese Küstenfunkstelle kommen stets neue Nachrichten von ausserhalb in die kleine Welt an Bord. Nachrichten, die für Abwechslung in den Gesprächsthemen sorgen, Nachrichten von den an Land Gebliebenen. Durch den Seefunk wurde es auch möglich Weihnachten gemeinsam mit den Menschen an Land zu feiern – trotz der grossen Entfernungen.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass von den Behörden, die die Verantwortung für „Blaavand Radio“ haben, alles getan wird, um die Küstenfunkstelle so effektiv wie möglich zu machen.
„Blaavand Radio“ hat noch weitere Aufgaben, als die bisher beschriebenen. Die Küstenfunkstelle ist immer wenn Hilfe für die Menschen an Bord oder für das Schiff benötigt wird zuständig. Die Funkstelle gewährleistet einen Sicherheitsdienst, der so effektiv wie möglich sein muss. Ausrüstung, Geräte und Personal der Station sind immer bereit, auch den schwächsten Hilferuf eines Schiffes aufzunehmen. Die Schiffahrt erhält täglich Informationen über Wetter, Wind und Stürme, aber auch über Gefahren für die Navigation und die Sicherheit des Schiffes.

Ich gehe davon aus, dass die Leser des „Vikingen“ daran interessiert sind, über die Einrichtungen dieser Küstenfunkstelle informiert zu werden.

Die Leser werden bereits bemerkt haben, dass sich „Blaavand Radio“ in den letzten Jahren in Qualität und Sendeleistung deutlich verbessert hat. Die Küstenfunkstelle hat die ganze Skala vom primitiven Knallfunkensender im Jahre 1901 bis zu einer der modernsten Küstenfunkstellen mit Röhrensendern  heute im Jahr 1939 mitgemacht. 
Im Mai 1937 hatte man mit dem Aufbau des neuen „Blaavand Radio“ begonnen. Es liegt auf einem Gelände, das sich zwei Kilometer im Landesinneren befindet. Hier hatte man ein Areal gefunden, das für die Anlage geeignet ist und ausserdem nicht zu weit von der Küste entfernt liegt. So können Wellenlängen von unter 200 Metern durch den Weg über Land nicht gedämpft werden. Versuche, die in Varde (eine Stadt in der Nähe) durchgeführt wurden, hatten gezeigt, dass diese Wellen – sie werden mehr und mehr für Funktelefonie benutzt – wesentlich schwächer werden, wenn man sich auch nur wenige Kilometer von der Küste ins Landesinnere entfernt. Das Gelände ist gross genug, um Sende- und Empfangsanlagen weit genug voneinander entfernt aufzubauen. Somit können Funktelefonie und Funktelegrafie gleichzeitig betrieben werden, ohne sich gegenseitig zu stören. Diese Anforderungen haben letztlich die Lage der Station bestimmt. Versuche beim alten „Blaavand Radio“ hatten ergeben, dass diese Anforderungen erfüllt sind, wenn die Antennen für Sender und Empfänger einen  Abstand von mindestens 300 Metern haben. Auf dem neuen Gelände stehen drei 50 Meter hohe Sendemasten aus Holz, der Abstand zwischen den Antennenanlagen beträgt etwa 700 Meter. Die Sendeanlagen liegen natürlich im gleichen Abstand zum Stationsgebäude. Die Empfangsantennen sind durch besondere Kabel verbunden. Sie sind so konstruiert, dass sie die Hochfrequenz ohne grosse Verluste zu den Empfängern ableiten können. 
Im Stationsgebäude gibt es einen Raum für die Funktelefonie und einen zweiten Raum für die Funktelegrafie. In einem dritten Raum sind die Sender installiert die von den beiden Arbeitsräumen aus gesteuert werden. Die Räume sind, wie das ganze Gebäude, durch ein Kupferdrahtnetz in den Wänden elektronisch abgeschirmt. Das Dach ist mit einer Kupferplatte belegt und an den Mauern sind Kupferdrähte als Abschirmung gespannt. Das ganze Netz ist mit der Erdung der Station verbunden.
Im Stationsgebäude befinden sich ausserdem die notwendigen Räume für die Maschinen der Funkanlage, Werkstätten und Lagerräume. Es gibt eine Dienstwohnung für den Stationsvorsteher, für das restliche Personal gibt es sieben weitere Dienstwohnungen. Drei davon sind allerdings erst in einigen Monaten bezugsfertig. 
Die Stromversorgung der Station wird durch die Elektrizitätsfürsorge Südwestjütlands gewährleistet. Über ein Kabel wird Hochspannung zu den Transformator von 25 KVA  geleitet und dort auf 380 Volt umgespannt. Es hat sich herausgestellt, dass sich in längeren Trockenperioden Salz aus dem Seewasser auf den Isolatoren absetzt. Das führt zu starken Empfangsstörungen. Daher führt man die Hochspannung auf den letzten 3 Kilometern in isolierten Kabeln zur Station. 
Als Reserve für die Stromversorgung steht ein 15 PS starker Motor mit gekoppeltem Wechselstromgenerator in der Station. Um im Falle eines Ausfalls der gesamten  Stromversorgung sicher zu sein, hat man zusätzlich einen  Akkumulator installiert, der einen Umformer für 220 Volt Wechselspannung startet. Dieser liefert im Notfall sofort Strom für die Geräte. Diese Einrichtung liefert die nötige Sicherheit, um  ohne Unterbrechung immer senden und empfangen zu können. Die Wechselstrommaschine liefert auch den Strom für die Notbeleuchtung in den wichtigsten Bereichen der Station. 
Da die Station rund um die Uhr auf 500 kHz (600 m) und 1650 kHz (182 m) erreichbar sein muss, sind 2 Empfänger vorhanden, die nur diese beiden Wellen in einer Bandbreite von 10 kHz empfangen und jeweils auf einen Lautsprecher in den Arbeitsräumen geschaltet sind. Mit einer Taste können die Empfänger zusätzlich auf die Lautsprecher im Kontrollpanel des Vorsteherbüros geschaltet werden. Diese Lautsprecher gehen automatisch an, wenn auf einer der beiden Frequenzen gesendet wird und Signallampen zeigen an, wenn sie defekt sind. Hieran erkennt man, dass in der Station alles getan wird, um im Seenotfall schnell und effektiv arbeiten zu können.
Für Funktelegrafie und Funktelefonie gibt es je zwei Arbeitsplätze. Einer wird für normalen Funkverkehr benutzt, der zweite dient als Reserve und wird für den Seenotverkehr benutzt.
Eine nähere Beschreibung der Funktelegrafie und der Funktelefonie wäre für die Leser des „Vikingen“ sicher zu trocken und langweilig. Ich gebe daher lieber noch einige Informationen zur Anordnung der Küstenfunkstelle. 

Funkarbeitsplatz für Telegrafie
Jeder Platz hat ein Kontrollfeld für die Bedienung der Sender, zwei Empfänger, 
eine Morsetaste, einen Lautsprecher und einen Verteiler für die Empfangsantennen.
Für Funktelegrafie sind zwei Sender vorhanden. Davon arbeitet ein Röhrensender mit 600 Watt in der Sendeart A1 und 900 Watt in der Sendeart A2. Der zweite ist zur Zeit ein selbstschwingender Tonsender der noch solange benutzt wird, bis an einem weiteren Sender eine umfassende Modernisierung durchgeführt worden ist. Das wird innerhalb der nächsten Monate geschehen. Die Sender werden mit Hilfe eines besonders kräftigen Relais getastet.Es sind drei Empfänger vorhanden, zwei Superhets und ein Empfänger mit Hochfrequenzverstärkung und sechs abgestimmten Kreisen. An jedem Arbeitsplatz ist ausserdem ein Unterbrecher installiert, der die Kopfhörer vom Empfänger abkoppelt, wenn die Morsetaste bedient wird. Dadurch wird verhindert, dass das starke Signal des Senders in die eigenen Kopfhörer gelangt, wenn auf der gleichen Frequenz gesendet und empfangen wird. Ausserdem ist der Funker sofort empfangsbereits, wenn die Aussendung beendet ist und muss nicht erst von senden auf empfangen umschalten.
Die Funktelefonieanlage besteht ebenfalls aus zwei Sendern. Davon ist einer quarzgesteuert und leistet im Frequenzbereich zwischen 200 und 85 m 500 Watt. Der Reservesender leistet 65 Watt im gleichen Wellenbereich. Beide Arbeitsplätze für Telefonie haben die gleichen Kontrollfelder für die beiden Sender und die gleichen Hilfsapparate wie bei der Telegrafie. Bei einem der Arbeitsplätze steht ein Superhet-Empfänger und ein Handmikrofon mit dem jeder der Sender moduliert werden kann. Der zweite Platz ist mit einem Funkterminal ausgerüstet von dem aus Teilnehmer aus dem öffentlichen Telefonnetz an die Sender und Empfänger angekoppelt werden können. Die gesendeten und empfangenen Funktelegramme werden per Fernschreiber an die Zentrale in Kolbing geschickt. Ausserdem hat die Küstenfunk- stelle zwei Telefonleitungen zu den staatlichen Telefonzentralen in Varde und Esbjerg. Im Vorsteherbüro steht ein Kontrollfeld, in dem alle diese Leitungen zusammengestellt  und ausserdem auf Tastendruck alle Sender und Empfänger kontrolliert und abgehört werden können. Man kann dort auch sehen, welche der vier Sender auf welchen Frequenzen benutzt werden.
Funkarbeitsplatz für Telefonie
Vor dem Funker befindet sich das Telefon-Terminal, rechts das Kontrollfeld für 
die Telefoniesender. Am zweiten Arbeitsplatz steht der Empfänger und das Mikrofon
Die weitaus meisten Sende- und Empfangsgeräte wurden von der dänischen Firma M.P. Pedersen geliefert, die mit viel Eifer an diese Aufgabe herangegangen ist und sie völlig zufriedenstellend gelöst hat. Alle Geräte habe sich als robust und betriebssicher erwiesen.

Aus dieser kurzen Beschreibung sollen die Leser den Eindruck gewinnen, dass das neue „Blaavand Radio“ eine moderne und äusserst effektive Küstenfunkstelle ist und sicher stimmt dieser Eindruck auch mit Ihren eigenen Erfahrungen des letzten Jahres überein.


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Version: 14-Jul-04 / Rev.: 11-Jun-11 / HBu